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DOSB
Kritik von allen Seiten

Der DOSB ist der Dachverband von 62 Spitzenverbänden, 16 Landessportbünden und 20 Verbänden mit besonderen Aufgaben. Vor zehn Jahren fusionierte er aus dem DSB und dem NOK. Das Ziel war es Strukturen zu verschlanken sowie finanzielle als auch personelle Kräfte zu bündeln. Eine Struktur- und Effizienzanalyse zeichnet nun ein anderes Bild.

Von Robert Kempe | 23.07.2016
    DOSB-Präsident Alfons Hörmann
    DOSB-Präsident Alfons Hörmann (picture alliance / dpa / Arne Dedert)
    Man wolle die Strukturen einmal ganz grundsätzlich auf den Prüfstand stellen und sich fit für die Zukunft machen, so verkündete DOSB-Präsident Alfons Hörmann im Februar den Beginn des Projekts "Anstoß 2016". Eine Aufgaben- und Effizienzanalyse - durchgeführt von dem Beratungsunternehmen Ernst & Young.
    Stein des Anstoßes war neben der von Bürgern verhinderten Hamburger Olympiabewerbung vor allem die angespannte Finanzsituation des Dachverbands. Es droht ein strukturelles Haushaltsdefizit von über einer Million Euro jährlich ab dem Jahr 2017. Befragt wurden nun in den letzten Wochen Mitarbeiter, Mitgliedsorganisationen und Partner des DOSB zu Strukturen und Arbeitsweise des Dachverbands. Es geht um die Grundausrichtung der Organisation - um die Aufgaben und die Strategie.
    Orientierungslosigkeit und kein Plan B
    Auf öffentliche Kritik hatte der Sportbund stets empfindlich reagiert. Nun kommt sie aus der nationalen Sportfamilie selbst. Ein Zwischenbericht der Unternehmensberatung Ernst & Young liegt dem Deutschlandfunk vor. Aussagen aus Befragungen belegen, wie weit sich der Dachverband von seinen Mitgliedern entfernt hat.
    So heißt unter anderem: "Im Sport herrscht derzeit Orientierungslosigkeit - u.a. weil der DOSB einseitig auf Olympiabewerbung gesetzt hat. Einen Plan B hatte der DOSB nicht."
    Oder: "Strukturell - strategisch - personell, das sind die Baustellen des DOSB."
    Und: "Es fehlt beim DOSB daran, was Strategie sein könnte."
    Mitgliedsorganisationen sind unzufrieden
    Es brodelt im Deutschen Sport, kurz vor den Olympischen Spielen und mitten in einer Leistungssportreform. Beim DOSB, der zuletzt nicht müde wurde immer wieder seinen Führungsanspruch zu betonen, herrscht Alarmstimmung.
    Denn die Mitgliedsorganisationen sind unzufrieden, wie der DOSB seine Aufgaben als Interessenvertreter des Sports erfüllt. Zwar will man laut Bericht, dass der DOSB diese weiter wahrnimmt, doch 82 Prozent legen Wert darauf, dass keine weiteren Aufgaben dazu kommen.
    Ergebnisse sorgen für Unmut
    Dennoch befürchten viele Verbände, dass der DOSB die falschen Schlüsse aus der Analyse zieht. Schon die Befragung und die ersten Ergebnisse der Analyse durch das beauftragte Unternehmen sorgten für Unmut. Festgehalten im Protokoll des letzten Treffens der Spitzenverbände Anfang Juni. Die vorgestellten Ergebnisse seien genau die, die man haben wolle, heißt es darin. Die Gewichtungen der Antworten konnten nicht erläutert werden, so die Kritik von Verbandsvertretern.
    Seit kurzem liegen dem DOSB die Abschlussergebnisse der Analyse nun vor. 200 Seiten. Erste Entscheidungen seien als Konsequenz daraus schon gefällt, so DOSB-Präsident Alfons Hörmann. "Dass wir im Bereich der Sach- und Personalkosten nennenswerte Reduzierungen an der einen oder anderen Stelle umsetzen wollen und werden. Dass wir über zahlreiche Formen von Zuschüssen noch einmal diskutieren werden. Also es sind recht unterschiedliche Formen der Beschlusslage, weil es ja ein vielschichtiger Bericht ist."
    Finanzlage ist angespannt
    Die Situation ist angespannt. Harte Zeiten drohen dem Sportbund, der für das Jahr 2016 mit gut 11 Millionen Euro an Personalkosten plant. Über weitere Maßnahmen will man nach den Olympischen Spielen beraten.
    Vom Tisch ist erst einmal eine Beitragserhöhung für die Mitgliedsorganisationen. Wohl auch, weil diese intern derzeit nur schwer vermittelbar ist. Zu angespannt ist das Verhältnis zwischen Dachverband und den Mitgliedern.
    Gehälter werden nicht veröffentlicht
    DOSB-Präsident Alfons Hörmann verspricht die Abschlussergebnisse öffentlich zu machen. "Ich sage mal im Herbst. Da gibt es überhaupt keinen Grund das nicht - im Gegenteil. Also auch die Mitgliedsorganisationen haben ja nicht nur einen Anspruch drauf, sondern aus meinem Verständnis muss es ja unser Ziel sein, zu sagen: Was sind denn die wesentlichen Erkenntnisse. Und dann gibt es überhaupt keinen Punkt, das nicht zu tun. Wir haben nichts zu verbergen. Da ist auch nichts drin für das man sich schämen müsste. Um es mal einfach zu formulieren."
    Nichts zu verbergen? Immer wieder gaukelt der Dachverband Transparenz vor. Doch Zahlen etwa zu den Gehältern der Direktoren vor der Strukturreform des Verbandes 2015 sind weiter ein streng gehütetes Geheimnis. Auch die Gehaltskosten des aktuellen Vorstands um den Vorsitzenden Michael Vesper will der DOSB derzeit nicht rausgeben. Auskunft über die Kosten der Effizienzanalyse kann man derzeit auch nicht geben. Eine Abschlussrechnung liege noch nicht vor und der Finanzvorstand sei im Urlaub. Auch noch in der nächsten Woche, teilt der Verband mit.