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DOSB-Mitgliederversammlung
Die Sportfamilie im Vakuum vereint

Nach der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes steht für Andrea Schültke fest: Es wird noch Jahre brauchen, bis gute Verbandsführung wirklich gelebt wird. Die Werte des Sports blieben weiter eine schöne Phrase für Broschüren.

Von Andrea Schültke | 03.12.2016
    Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, am 03.12.2016 in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) während der 13. Mitgliederversammlung des DOSB.
    Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, während der 13. Mitgliederversammlung des DOSB. (dpa/ picture alliance / Peter Gercke)
    Otto von Guericke war im 17. Jahrhundert Bürgermeister von Magdeburg. Und er war auch der Erfinder der Luftpumpe. Im Jahr 1661 hat er mit einer Weiterentwicklung ein berühmtes Experiment gestartet: Zwei Halbkugeln aus Eisen wurden luftleer gepumpt und 16 Pferde versuchten, diese Kugeln auseinander zu ziehen – vergeblich.
    Dieses Bild verwendete DOSB-Präsident Alfons Hörmann in seiner Rede beim gestrigen Abendempfang. Für ihn war es Sinnbild der Verbundenheit der deutschen Sportfamilie. Diese sei durch nichts auseinander zu bringen.
    Das Halbkugelmodell von Otto von Guericke.
    Das Halbkugelmodell von Otto von Guericke. (Deutschlandradio / Andrea Schültke)
    Andere erinnert das Bild eher an das Vakuum, in dem sich die Sportfamilie befindet. Ein leerer Raum, in dem kritische Gedanken nur gedacht und andere Meinungen als die der Verbandsoberen nicht gesagt werden. Es war niemand da, der das Vakuum hätte ausfüllen können oder besser gesagt – wollen.
    Alle wollten nur das eine: Die Leistungssportreform über die Bühne bringen. Das haben sie hingekriegt. Wie erwartet. Eine einzige Gegenstimme von der Deutschen Olympischen Gesellschaft und fünf Enthaltungen. Alle anderen im Vakuum vereint.
    Schöne Phrase für Broschüren
    Die Werte des Sports - die Kultur - bleiben weiter eine schöne Phrase für Broschüren. Umsetzung – Fehlanzeige. Beispiel: Good Governance, die gute Verbandsführung. Mit Werten wie Transparenz, Moral, Ethik, Verantwortung und so weiter.
    Der vorgelegte Good Governance Bericht beeindruckte aber nur durch das, was nicht drinstand. "Mögliche Verstöße" und "Interessenskonflikte von Führungspersönlichkeiten" wurden zwar erwähnt aber nicht genauer benannt. Die Mitglieder interessierte das anscheinend nicht. Wahrscheinlich hatten überhaupt nur wenige das Papier gelesen.
    Der Staatssekretär aus dem Bundesinnenministerium aber offenbar schon. Er gab der Versammlung unter anderem mit auf den Weg: Sie sind gerade dabei - aber arbeiten Sie weiter an der guten Verbandsführung.
    Das tut der DOSB – aber gut möglich, dass das Ganze sich dem Führungsstil des Präsidenten unterordnen muss. Der sagte nämlich: egal woher der Wind weht, Ziat "der Dachverband setzt die Segel des Bootes und entscheidet damit über die Richtung". Aber: Hat ein Schiff im Vakuum eigentlich einen Kurs? Auf jeden Fall will es die an Bord holen, die gerade auf dem Weg in die Rettungsbote sind - die Athleten. Sie wollen professionellere Strukturen und mehr Eigenständigkeit.
    Kultur der Verbandsführung bleibt ein luftleerer Raum
    Kommentar des Präsidenten in ihre Richtung: "Bleibt streitbare Geister aber macht Eure Meinung nicht über die Medien öffentlich. Rüttelt bei uns an den Zäunen". Alles schön in der Kugel lassen - kein Rettungsboot raus aus dem Vakuum.
    Na ja, jetzt sind sie alle wieder zu Hause und beginnen mit der Arbeit an dem, was in Magdeburg als Meilenstein gefeiert wurde. Manche, die hier eher von außen auf die Vakuumkugel geblickt haben, reisen konsterniert ab. Ihre Erkenntnis: Es wird noch Jahre brauchen, bis die gute Verbandsführung wirklich gelebt und das Vakuum mit Inhalt gefüllt wird. Nicht ausgeschlossen, dass die Kultur der Verbandsführung in der Sportpolitik weiter ein luftleerer Raum bleibt.