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Dschihadismus
Salafist "Abu Walaa" lässt alle Vorwürfe zurückweisen

Der Anwalt des am Dienstag festgenommenen mutmaßlichen Kopfs eines IS-Netzwerks weist alle Vorwürfe der Bundesanwaltschaft gegen seinen Mandanten zurück. Nach Medieninformationen stützt sich der Haftbefehl neben der Aussage eines IS-Rückkehrers auf zwei namentlich nicht genannte Vertrauensleute.

Von Kersten Mügge | 10.11.2016
    Ahmed Abdelasis A. alias Abu Walaa von hinten bei einer Video-Botschaft.
    Der Screenshot zeigt Ahmed Abdelasis A. (32), alias Abu Walaa, einer der einflussreichsten Prediger der radikalen deutschen Salafisten-Szene, bekannt dafür, sein Gesicht nicht öffentlich zu zeigen. (dpa / Screenshot)
    Seit gestern sitzen die fünf IS-Verdächtigen in Untersuchungshaft. Darunter auch der unter dem Namen "Abu Walaa" bekannte Hauptverdächtige. Der 32-jährige gebürtige Iraker wird als zentrale Figur des Islamismus in Deutschland angesehen. Der Verdacht gegen ihn und die Mitglieder seines Netzwerks lautet auf Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung.
    Der Anwalt Abu Walaas, Mutlu Günal, weist im Interview mit NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung alle Vorwürfe zurück: "Die sind aus der Luft gegriffen. Da wird ein Rückkehrer herangezogen, dessen Angaben nun genutzt werden, meinen Mandanten zu inhaftieren. Ich gehe davon aus, dass sich das in den nächsten Wochen in Luft auflösen wird und dass man meinen Mandanten dann wieder in die Freiheit gelangen wird."
    Chancen auf milde Strafe
    Anwalt Günal bestreitet auch, dass Abu Walaa die Nummer 1 des IS in Deutschland sei. Diese Aussage stammt vom Belastungszeugen Anil O., auf den sich die Bundesanwaltschaft unter anderem stützt. Er sitzt derzeit selbst in Untersuchungshaft - durch seine Aussage verbessert er möglicherweise die Chance auf eine milde Strafe.
    Anil O. war im August 2015 nach Syrien gereist, dies soll nach seiner Darstellung von Abu Walaas Netzwerk organisiert und finanziell unterstützt worden sein. Anfang 2016 kehrte Anil O. dem IS den Rücken.
    "Reisen nach Syrien organisiert für Jugendliche"
    Einige Zeit vor seiner Festnahme in Deutschland sprach er mit Reportern von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung über Abu Walaa: "Für die Öffentlichkeit ist vielleicht Abu Walaa kein Name, aber für die Menschen, die sich in der Szene befinden, ist er ein Name. Weil in der Szene weiß jeder, dass Abu Walaa einer von wenigen Predigern in Deutschland ist, der den IS auch unterstützt - und der auch mitunter die Reise nach Syrien organisiert für Jugendliche, die tatsächlich die Absicht haben, zum IS zu gehen und sich dem anzuschließen."
    Als weiterer Haftgrund wird der Unterricht genannt, den die Mitglieder des Netzwerks etwa in Hildesheim erteilt haben sollen. Dazu erklärte Generalbundesanwalt Peter Frank kurz nach der Festnahme am Dienstag: "Die Personen, die wir heute festgenommen haben, sind für uns verantwortlich dafür, dass sich hier in Deutschland eine Radikalisierungsszene gebildet hat, auf deren Boden sich Leute bereit finden konnten in den Bürgerkrieg zu ziehen."
    "Die Vorwürfe derart absurd"
    Neben der Aussage von Anil O. stützt sich die Bundesanwaltschaft Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung zufolge auf die Angaben zweier nicht namentlich genannter Vertrauenspersonen. Einer habe ausgesagt, Abu Walaa habe bei einem Islamseminar in Kassel im Mai vor etwa hundert Zuhörern zum Kampf in den Reihen des sogenannten Islamischen Staats gegen die Ungläubigen aufgerufen und dies später in einem kleinen Kreis wiederholt.
    Abu Walaas Anwalt Mutlu Günal wertet die Aussagen der Vertrauenspersonen als rechtlich wertlos: "Ich gehe davon sogar aus, dass es möglicherweise gar nicht zu einer Hauptverhandlung zu einem richtigen Verfahren kommen wird und dass mein Mandant in den nächsten Wochen oder Monaten aus der Haft wieder entlassen wird, weil die Vorwürfe derart absurd sind, dass die sich nicht halten lassen werden." Sein Mandant, so Anwalt Günal, habe sich jedenfalls gegenüber der Bundesanwaltschaft zu den Vorwürfen bislang nicht ausgesagt.