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DSL per Funk

"Long Term Evolution" (LTE) heißt ein Mobilfunkstandard, der UMTS ablösen könnte. Die hohen Datenraten erlauben sogar die Breitbandversorgung auf dem flachen Land, in Frequenzbändern, die eigentlich dem Fernsehen vorbehalten war. Der WDR und das Land NRW testen derzeit, wie sich die beiden Dienste vertragen

Von Sönke Gäthke | 09.12.2009
    Eigentlich ist die Long Term Evolution eine Revolution: Künftig soll alles zwischen Mobilfunk-Sendemast und Telefon in kleinen Daten-Paketen gesendet werden. Bis jetzt waren es bei UMTS und den Nachfolgern nur Internet-Daten.

    Möglich macht das eine Funktechnik, bei der die Daten auf vielen schmalen Wellen übertragen werden - die obendrein auch noch phasenverschoben sind. COFDM, Coded Orthogonal Frequency Division Multiplex, so der komplizierte Name für die komplexe Technik, ist für Rundfunktechniker ein alter Bekannter, sagt Andreas Wehr, der für den Westdeutschen Rundfunk WDR am LTE-Projekt des Landes Nordrhein-Westfalen teilnimmt:

    "Es ist im Rundfunk erfunden worden. COFDM ist im Rundfunk erfunden worden und man kann eigentlich schon sagen, dieses COFDM Prinzip, was wirklich mit DAB eingeführt wurde, hat sich durchgesetzt. Und sogar bei den Mobilfunkbetreibern hat es sich durchgesetzt."

    Die setzen allerdings zusätzlich noch auf die Möglichkeit, die Datenpakete nicht nur phasenverschoben, sondern auch noch räumlich verschoben zu senden - mit Hilfe mehrerer Antennen. Das steigert die mögliche Datenrate, weil auf diesen phasen- und raumverschobenen Wellen mehr Informationen gesendet werden können.

    "Wenn man diesen Effekt auch noch mit einrechnet, dann soll man bei einer Bandbreite von 20 Megahertz bis zu einer theoretischen Übertragungsdatenrate von 300 Megabit pro Sekunde kommen. In der Downlinkrichtung, als der Richtung von der Basis zum Empfangsgerät."

    In Gegenrichtung - also vom Handy zu Sender - sind immerhin 75 Megabit möglich, mit einem ähnlichen, aber Strom sparendem System. Welche Datenraten Mobilfunkanbieter anbieten wollen oder können, ist jedoch noch offen.

    "Man muss allerdings wirklich dazu sagen, dass sind theoretische Grenzwerte, die gelten dann, wenn man perfekte Empfangssituationen hat, wenn man alleine in der Zelle ist, ansonsten geht das relativ schnell runter mit der Datenrate."

    Um dem entgegenzuwirken, sollen Sender die Datenpakete gerichtet senden können - die Ingenieure sprechen vom Beam-Forming. Dabei kann der Funkmast nach Norden und nach Süden zum Beispiel unabhängig senden - stehen die Nutzer weit voneinander entfernt, können sie dann hohe Datenraten nutzen. Doch viele Nutzer gleichzeitig bremsen das allerdings aus.

    "Also runterladen also beispielsweise von Tagesschau, das würde sich gleich in der doppelten Download-Zeit bemerkbar machen."

    Den Rundfunksender interessiert daher neben möglichen Störungen auch, wie viele Empfänger ein und dieselbe Quelle abrufen können, ohne sich zu behindern.

    "Da bietet LTE auch noch Möglichkeiten, das nennt sich Multicast, oder MBMS, und da würde LTE auch so funktionieren, dass wenn es merkt, dass Sie beide beispielsweise WDR 2 hören, würde WDR 2 als Datenpaket nur einmal übertragen, und das würde dann nicht die Funkzelle zusätzlich belasten."

    COFDM, mehrere Antennen, Beam-Forming und Multicast sollen eine hohe Datenrate per Funk möglich machen. Das könnte die Mobiltelefonie umkrempeln, könnte aber auch die Provinz an die Online-Welt ankoppeln, hofft die Politik. Sie setzt darauf, freiwerdende Fernsehbänder künftig dem Breitband-Mobilfunk zu öffnen. Rüdiger Malfeld, beim WDR für die Sendeanlagen zuständig, ist jedoch skeptisch.

    "Wir glauben, dass das nicht so ganz der Wahrheit entspricht. Weil in großen, viele Quadratkilometer umfassenden Funkzellen ist das möglich mit LTE, was zwei schnelle DSL Anschlüsse - also zwei Haushalte - in der Großstadt zur Verfügung haben."

    Zunächst aber muss überhaupt sicher sein, dass sich Mobilfunk und digitales Fernsehen nicht gegenseitig stören. Das soll das Pilotprojekt in den nächsten Monaten herausfinden.