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"Du musst Reibungen ertragen!"
Die Pianistin Julia Kadel

Fast sechs Jahrzehnte ist es her, dass eine deutsche Musikerin ihre Platten bei der legendären Firma Blue Note aufnehmen durfte: die gebürtige Leipziger Pianistin Jutta Hipp. Erst jetzt eifert ihr eine junge Kollegin nach - wieder spielt sie Klavier: die Berlinerin Julia Kadel.

Von Michael Kuhlmann | 23.02.2017
    Die Berliner Pianistin Julia Kadel.
    Die Berliner Pianistin Julia Kadel. (Felix Broede)
    Nachdem sie mit ihrem Trio vor einigen Jahren beim Leipziger Jazznachwuchsfestival aufhorchen ließ, legte sie bald nach und nahm ihre erste CD 'Im Vertrauen' auf. 2016 nun folgte mit 'Über und unter' die zweite Produktion. Julia Kadel und ihre beiden Mitstreiter Karl-Erik Enkelmann am Bass und Steffen Roth am Schlagzeug liefern ein unvorhersehbares, eigenständiges Klanggewebe ab, das vor Spielfreude und rhythmischen Spannungen strotzt. Nachdem zu Beginn die Eigenkompositionen der Pianistin das Repertoire des Trios prägten, spielen nun gemeinsame freie Improvisationen eine immer größere Rolle.
    Julia Kadel und ihr Trio gehen heute meist ohne große Absprachen auf die Bühne - in der Absicht, Risiken einzugehen, gefasst darauf, Reibungen zu erzeugen, untereinander oder auch mit dem Publikum. Die Pianistin respektiert das Erbe des Jazz, möchte aber nicht dabei verharren, sondern konzentriert sich auf die Welt von heute: "Was passiert jetzt? Und wie übersetze ich die Dinge in meine Sprache?"
    Heraus kommt eine energiegeladene Klaviertriomusik, die auch ohne Anleihen bei profilierten Formationen wie The Bad Plus oder dem einstigen, immer noch einflussreichen Esbjörn Svensson Trio voll in der Gegenwart steht.