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Duma-Wahl in Russland
Rekordergebnis für die Kreml-Partei

Umfragen zufolge hatte die Kreml-Partei Einiges Russland in den vergangenen Wochen an Popularität eingebüßt. Doch bei den Duma-Wahlen hat sie ein Rekordergebnis erzielt. Am Sonntag wurden erste Wahlverstöße gemeldet.

Von Gesine Dornblüth | 19.09.2016
    Das Blaulicht eines Regierungsfahrzeug spiegelt sich auf dem Boden vor dem Duma-Gebäude in der russischen Hauptstadt Moskau.
    Das Gebäude der russischen Staatsduma in Moskau (picture alliance / dpa / Maxim Shipenkov)
    Die Kreml-Partei Einiges Russland hat ein Rekordergebnis erzielt. Nach Auszählung fast aller Stimmen kommt sie auf 343 von 450 Sitzen. Das ist die verfassungsgebende Mehrheit. Die Partei erhielt 54 Prozent der Stimmen, ihre Kandidaten gewannen aber 90 Prozent der Direktmandate. Die Kommunisten und die sogenannten Liberaldemokraten des Rechtspopulisten Wladimir Schirinowskij liegen mit rund 13 Prozent der Stimmen etwa gleich auf, sie ziehen mit 42 beziehungsweisse 39 Abgeordneten in die Duma ein. Gerechtes Russland erhält voraussichtlich 23 Mandate.
    Diese vier Parteien waren auch bisher im Parlament vertreten. Die Wahlleiterin Ella Pamfilowa räumte ein:
    "Zu meinem tiefsten Bedauern konnte keine weitere Partei die Fünf-Prozent-Hürde überwinden."
    Drei Direktmandate gewannen Politiker, die früher einmal den in der Duma vertretenen Systemparteien angehörten. Eine echte Opposition ist nicht mehr vertreten.
    Ein unerwartet hohes Ergebnis für die Putin-Partei
    In Umfragen hatte Einiges Russland in den vergangenen Wochen Popularität eingebüßt. Auf die Frage, wie sie sich die hohe Zustimmung zur Regierungspartei erkläre, sagte Wahlleiterin Pamfilowa:
    "Ich kann das nicht erklären. Ich hoffe, dass die Ergebnisse die Wirklichkeit angemessen abbilden. Wir haben in der Wahlkommission darüber diskutiert, auch für die meisten von uns war das unerwartet."
    Präsident Putin hatte den Erfolg von Einiges Russland bereits gestern Abend mit dem Wunsch der Menschen nach Stabilität begründet. Bei einem Besuch im Wahlkampfstab sagte er:
    "Die Menschen leben in einer schwierigen Zeit, aber trotzdem haben sie für Einiges Russland gestimmt. Das zeigt, dass sie sehen, dass die Vertreter dieser größten politischen Kraft sich wirklich für die Menschen einsetzen. Vielleicht gelingt nicht immer alles, aber sie arbeiten ehrlich und so effektiv wie möglich."
    Die Wahlbeteiligung lag offiziell bei rund 48 Prozent. An der Parlamentswahl 2011 hatten sich gut 60 Prozent der Stimmberechtigten beteiligt.
    Erste Wahlverstöße gemeldet
    Gestern wurde von Wahlverstößen berichtet. In Rostow am Don zum Beispiel fixierte eine Videokamera, wie eine Frau einen dicken Stapel Wahlzettel in die Urne warf. Anders als bei früheren Wahlen ging die Zentrale Wahlkommission solchen Fällen umgehend nach. Es wurden sogar Strafverfahren gegen die Verantwortlichen eingeleitet.
    Ella Pamfilowa forderte Parteien- und Medienvertreter heute auf, Unregelmäßigkeiten zu melden:
    "Es gibt gewissenlose Menschen in den Wahlkommissionen. Es gibt sie. Aber kommen Sie mir nicht mit "massenhaften Verstößen". Wie viele? Wo? Konkret. Meine Kollegen und ich werden nur Fakten nachgehen."
    Alles andere als faire Bedingungen
    Am frühen Nachmittag wird die OSZE in Moskau ihren vorläufigen Bericht zur Wahl vorstellen. Sie war mit knapp 500 Beobachtern im Land. Es ist davon auszugehen, dass die OSZE auch die Periode vor dem Wahltag in den Blick nimmt. Da nämlich konnte von fairen Bedingungen keine Rede sein.
    Gleichzeitig mit der Duma wurden gestern auch viele Regionalparlamente und Gouverneure gewählt. Die Ergebnisse fielen ähnlich aus. Ramzan Kadyrow zum Beispiel, autoritärer Chef der Nordkaukasusrepublik Tschetschenien, der seine Gegner einsperren und foltern lässt, wurde mit 97 Prozent der Stimmen wiedergewählt.