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Durchsuchungen bei Ex-Fifa-Generalsekretär
Was wusste Urs Linsi?

Wofür hat das Organisationkomitee für die Fußball-WM 2006 6,7 Millionen Euro bezahlt? In Deutschland wird bereits gegen Spitzenfunktionäre ermittelt. Jetzt rückt der ehemalige Fifa-Generalsekretär in den Fokus der Ermittler.

Von Philipp May | 30.11.2016
    Der ehemalige FIFA-Generalsekretär Urs Linsi am 16.07.2010.
    Der ehemalige FIFA-Generalsekretär Urs Linsi (imago sportfotodienst)
    Beim Schweizer Urs Linsi fanden bereits in der vergangenen Woche – am 23.11. – Durchsuchungen statt. Er war von 1999 bis 2007 beim Fußball-Weltverband Fifa aktiv - zunächst als Finanzvorstand, dann als Generalsekretär. Offenbar ist Linsi direkt nach den Durchsuchungen von seinem Posten als Verwaltungsratschef einer Schweizer Bank zurückgetreten. Denn laut Behörden sind die Ermittlungen auch auf ihn ausgeweitet worden. Bisher wurde nur gegen die Schlüsselfiguren im Deutschen WM-Organisationskomitee ermittelt: Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach, Horst R. Schmidt und Franz Beckenbauer. Die Vorwürfe: Betrug, ungetreue Geschäftsbesorgung, Geldwäsche und Veruntreuung. Und in einem weiteren Verfahren ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen Beckenbauer’s Vertrauten, den Strippenzieher Fedor Radmann. Er gilt als Mastermind hinter der WM-Bewerbung.
    Ging die Zahlung über Linsi's Schreibtisch?
    Die Durchsuchung ist ein Zeichen dafür, dass die Schweizer Mühlen beharrlich marlen und, dass es vorwärts geht. In dem konkreten Fall zeigt es noch mal ganz klar, dass es eben kein rein Deutscher Skandal ist, sondern ein Fifa-Skandal, bei dem die Deutschen aber munter und heftig mitgespielt haben. Der Stein des Anstoßes sind die 6,7 Millionen Euro. Die Rückzahlung des DFB an den mittlerweile verstorbenen adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus. Von dieser Zahlung wissen wir immer noch nicht, ob es wirklich alles war. Diese Zahlung wurde von einem Fifa-Konto abgewickelt. Das heißt: die Fifa war involviert und dementsprechend liegt natürlich der Verdacht nahe, dass der Generalsekretär Linsi - also der operative Chef - an der Abwicklung beteiligt war. So hohe Zahlung wird nicht mal eben vom Sekretariat durchgewunken. Ob die Ermittlungen gegen Linsi aber konkret mit diesem Vorgang zusammenhängen oder, ob es noch andere Sachverhalte ihn betreffend gibt, darüber wollten die Schweizer Behörden keine Auskunft geben. Klar ist: das Ausmaß dieses Skandals ist allumfassend und wohl sinnbildlich dafür, wie bei der Fifa über Jahre gespielt wurde.
    Kann Beckenbauer sein Mantra noch halten?

    Langsam kommen wir der Kernfrage näher: wofür wurden diese 6,7 Millionen Euro bezahlt? Sie sind ja zumindest teilweise über Franz Beckenbauer’s Konto gelaufen und am Ende in Katar bei einer Firma des katarischen Ex-Fifa-Vizes Mohammed bin Hammam gelandet. Man kann davon ausgehen, dass jemand wie Urs Linsi, der so tief drinsteckte, der den Zahlungsfluss weiterleitete, eine konkrete Ahnung hatte, wofür dieses Geld verwendet wurde. Und, wenn die Schweizer Behörden ihn jetzt am Wickel haben, dann kann das nichts Gutes – gerade für Franz Beckenbauer - bedeuten. Denn Gesetz dem Fall, dass Beckenbauers Mantra, er habe immer nur alles unterschrieben und wüsste nicht, was genau, wenn das nur vorgeschoben ist, dann wusste Beckenbauer mit Sicherheit, was mit dem Geld passiert ist. Und, dass er das so beharrlich verschweigt, dass kann dann für Franz Beckenbauer nichts Gutes bedeuten.