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Proteste im Gazastreifen
Angst vor weiterer Eskalation

Bei den Auseinandersetzungen an der Grenze des Gazastreifens und Israel wurden 16 Palästinenser getötet und 1.400 verletzt. Israelis und Palästinenser geben sich gegenseitig die Schuld. Die Vereinten Nationen planen deswegen eine unabhängige Untersuchung. In der Region wächst die Sorge vor weiterer Gewalt.

Von Benjamin Hammer | 31.03.2018
    Israelische Soldaten und palästinensische Demonstranten stehen sich im Gazastreifen gegenüber.
    Schwere Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften im Gazastreifen (AP Photo/Tsafrir Abayov)
    Was gestern passierte, war nach palästinensischen Angaben die heftigste Eskalation seit Ende des letzten Gazakrieges im Jahr 2014. Stundenlang hatten sich Palästinenser und israelische Soldaten am Grenzzaun gegenübergestanden, friedlich blieb es nicht.
    Die bisherige Bilanz: Mindestens 16 Tote und über 1400 Verletzte auf palästinensischer Seite. Die Krankenhäuser im Gazastreifen sind voller Verwundeter. Die israelische Armee hatte Tränengas aber auch scharfe Munition eingesetzt. Eine Sprecherin der Armee verteidigte das Vorgehen der Soldaten.
    "Die Armee hat das getan, was sie immer macht: Die Grenzen Israels vor Terroristen zu beschützen. Die Hamas ist eine Terrororganisation, die den Gazastreifen mit eiserner Hand kontrolliert. Sie hat 30.000 Palästinenser an die Grenze geschickt um zu randalieren. Oder um den Schutzzaun von Israel zu zerstören."
    Proteste als Deckmantel?
    Die Hamas hatte im Vorfeld der Demonstrationen beteuert, das diese friedlich bleiben werden. Ein Versprechen, das die israelische Armee bezweifelte. Die Proteste seien nur ein Deckmantel, um Israel zu schaden.
    "Leider hat die Hamas auch diesmal unschuldige Zivilisten als Werkzeuge für ihren Terror missbraucht. Auch Frauen und Kinder. Sogar ein siebenjähriges Mädchen, das gezwungen wurde, die Grenze zu Israel zu passieren. Glücklicherweise erkannten israelische Soldaten das Mädchen und brachten sie unbeschadet zurück zu seinen Eltern im Gazastreifen."
    Kritik am Vorgehen Israels
    Nach Auffassung der israelischen Armee waren alle Teilnehmer der Proteste Unruhestifter. Allerdings hielten sich vor allem palästinensische Familien im Hintergrund und demonstrierten friedlich. Die Organisation Human Rights Watch kritisierte das Verhalten der israelischen Armee und beklagte einen übermäßigen Einsatz von scharfer Munition. Dieser sei nach internationalem Recht nur dann erlaubt, wenn Lebensgefahr bestehe.
    Der palästinensische Präsident Machmud Abbas rief für heute einen Tag der Trauer aus.
    "Vor dem Hintergrund dieses traurigen Ereignisses mache ich die israelischen Behörden verantwortlich. Verantwortlich für den Verlust der Märtyrer, erschossen von israelischen Soldaten gegen einen friedlichen Aufstand. Ich habe die Vereinten Nationen aufgerufen, sofort zu handeln und internationalen Schutz zu gewährleisten gegen die zunehmende Aggression."
    Unabhängige Untersuchung
    In der Nacht kam der UN-Sicherheitsrat in New York zusammen, hielt sich jedoch mit einer Bewertung zunächst zurück. Das lag auch daran, dass es unter den Mitgliedern des Gremiums unterschiedliche Auffassungen gibt, wer für die Eskalation verantwortlich ist. Der Sicherheitsrat forderte beide Seiten zur Zurückhaltung auf. UN-Generalsekretär António Guterres forderte eine unabhängige Untersuchung.
    Aktuell hat sich die Lage weitgehend beruhigt. Die Organisatoren der Proteste haben jedoch weitere Demonstrationen in den kommenden Wochen angekündigt. In der Region gibt es nun die Sorge, dass es auch im palästinensischen Westjordanland und in Ostjerusalem zu neuer Gewalt kommt.