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EEG-Novelle
Mittelstand fürchtet um seine Existenz

Die EEG-Umlage soll energieintensive Unternehmen entlasten. Doch viele Betriebe fallen trotz ihres hohen Verbrauchs nicht unter das Gesetz. So etwa ein hessischer Wasserrohr-Produzent. Hier drohen nicht nur der Verlust von Arbeitsplätzen, sondern auch die Verlagerung der Produktion ins Ausland.

Von Anke Petermann | 11.07.2014
    Windräder stehen auf einem Feld bei Wormlage in der brandenburgischen Lausitz vor dem vom Sonnenuntergang rot gefärbten Abendhimmel.
    Seit Jahren gibt es Streit um die Befreiung der Industrie von bestimmten Kosten der Energiewende. (dpa picture alliance / Andreas Franke)
    1.500 Grad heißes Eisen kommt aus der Schmelze und wird im Pufferofen warmgehalten - mit Strom. Das flüssige Eisen läuft über eine Rinne in die Gießmaschine, erklärt Duktus-Geschäftsführer Stefan Weber. Er deutet auf die Maschinen, die unterhalb der Besucherplattform tonnenschwere Zylinder bewegen und dabei ebenfalls viel Strom verbrauchen, auch wenn energieeffizientere Motoren eingebaut wurden.
    "So entsteht dann ein Rohr."
    Zwei Prozent Stromkosten haben deutsche Industriebetriebe im Durchschnitt, bei dem Wasserrohr-Produzenten in Wetzlar betrug der Anteil an der Bruttowertschöpfung in den vergangenen Jahren um die 15 Prozent. Um den EEG-Rabatt zu bekommen, reichte das für 2013 nach dem alten Gesetz. Doch im laufenden Jahr gab es keine Vergünstigung: Der Stromkostenanteil fiel im relevanten Berechnungsjahr 2012 ein paar Prozentpunkte zu niedrig aus. Ein Exportauftrag hatte die Bruttowertschöpfung nach oben getrieben - erfreulich eigentlich. Aber:
    "Das ist das, wofür wir jetzt bestraft werden, weil das Gesetz nur für diejenigen Unternehmen eine Ausnahmeregelung vorsieht, die im Jahr 2014 befreit sind, nicht die, die im Jahr 2013 oder früher befreit waren. Das heißt: Nur weil wir 2012 eine hohe Wertschöpfung hatten, durch einen großen Exportauftrag, werden wir in Zukunft voraussichtlich nie wieder die EEG-Befreiung erhalten."
    1,5 Millionen Euro Mehrkosten bringt das allein fürs laufende Jahr. Die Geschäftsführung zieht Konsequenzen.
    "Wir werden die Investitionen reduzieren müssen, weil die Liquidität ja weg ist, 1,5 Millionen Euro fehlen einfach. Wir haben ein Investitionsvolumen von etwa 2,5 Millionen Euro pro Jahr, das kann man dann nicht aufrecht erhalten, sodass wir zunächst mal den Standort nicht weiter ausbauen werden. Im zweiten Schritt werden wir versuchen, auf weitere Reform des EEG zu drängen, um in Zukunft wieder Entlastung zu enthalten. Wenn das nicht möglich ist, müssen wir uns überlegen, ob es noch Sinn macht, in Deutschland zu produzieren."
    "Trend zum Arbeitsplatzverlust wird verstärkt"
    "Es ist auch kein aus der Luft geholtes plattes Lobbyisten-Gerede der Industrie, sondern bittere Realität, dass schon heute die Investitionen in energieintensiven Branchen deutlich zurückgehen und dass wir schon heute Arbeitsplätze verlieren, diesen Trend dürfen wir nicht einfach achselzuckend hinnehmen."
    So hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel von der SPD die Industrierabatte im Bundestag gegen die Attacken von Grünen und Linken verteidigt. Doch mit der starren, auf ein Jahr fokussierten Berechnungsgrundlage für Härtefälle verstärke die Große Koalition den Trend zum Arbeitsplatzverlust, meint Duktus-Geschäftsführer Weber:
    "Wenn man überlegt, dass bei einem Abbau von 60 Stellen bei uns hier im Werk in Wetzlar ich dann 1,5 Millionen EEG-Umlage spare zusätzlich, habe ich natürlich einen enormen Anreiz, das zu tun."
    Existenzgefährdend?
    Betriebsratschef Hartmut Weber hat Verständnis für die Spar-Überlegungen der Unternehmensführung. Er kritisiert aber, dass die Politik keine Übergangsregelung für Härtefälle eingeführt hat.
    "Das ist existenzgefährdend. Wir haben hier am Standort noch 300 Mitarbeiter, die haben dann schon Ängste um ihren Arbeitsplatz."
    "Duktus droht, den Stecker zu ziehen", titelt die Lokalzeitung. Stefan Weber steht an der Spitze des Verbandes der Metall- und Elektrounternehmen im Bezirk und weiß:
    "Es ist natürlich nur ein kleiner Teil der Unternehmen, die genau in die Lücken des Gesetzes hineinfallen. Ein Teil verbraucht nicht ausreichend Strom um [in die vergünstigte EEG-Umlage, Anm. der Red.] reinzukommen, das heißt, die zahlen in voller Höhe und werden auch nicht von der Ausgleichsregelung erfasst. Viele Unternehmen werden aber nicht schlagartig abziehen, sondern es ist im Prinzip ein schleichender Wandel, dass zunehmend Neu-Investitionen im Ausland stattfinden und damit schleichend die Arbeitsplätze wegfallen."