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EEG-Reform
Eigenstrom-Produzenten fürchten Nachteile

Die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz sieht vor, dass private Ökostrom-Produzenten für den Eigenverbrauch künftig stärker belastet werden sollen. Die energieintensive Wirtschaft hingegen wird von der Umlage fast gänzlich befreit. Diese ungleiche Belastung kritisieren verschiedene Verbände massiv.

Von Dieter Nürnberger | 19.05.2014
    Ein grünes Stromkabel mit einem grünen Stromstecker liegen am 25.08.2013 in Berlin auf dem Boden.
    Die EEG-Reform kommt so manchen Verbraucher teuer zu stehen (picture alliance / dpa / Jens Kalaene)
    Georg Ehring: 6,24 Cent pro Kilowattstunde müssen Stromverbraucher für die Förderung erneuerbarer Energien zahlen. Doch nicht alle: Gerade Wirtschaftsbranchen mit hohem Stromverbrauch sind weitgehend befreit von der Umlage, damit sie im internationalen Wettbewerb bestehen können. Das bleibt auch so, wenn das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) demnächst reformiert wird. Doch wer begünstigt ist und wer nicht, darüber streiten die Lobbyverbände.
    Ausgerechnet kleine Erzeuger von Sonnenstrom werden benachteiligt, befürchten Mieter-, Verbraucher- und Bauernvertreter und sie haben heute vor der Presse in Berlin ihre Position erläutert. Dieter Nürnberger in Berlin – worin besteht denn der Nachteil?
    Der Nachteil besteht aus Sicht der Verbände darin, dass der gegenwärtige Gesetzentwurf des Kabinetts für eine Reform des EEG vorsieht, künftig auch den Strom, der nur für den Eigenbedarf produziert wird, mit der EEG-Umlage zu belasten.
    Und würde dies bei der Reform, die ja Anfang in Kraft treten soll, durchgehen, dann hätte dies Nachteile für Mieter, Landwirte und Verbrauchern generell.
    Das zumindest ist der Tenor eines vielleicht auch recht ungewöhnlichen Bündnisses, welches da heute Vormittag hier in Berlin vor die Presse trat. Denn so oft sieht man beispielsweise den Deutschen Bauernverband oder auch den Vzbv, den Verbraucherzentrale Bundesverband, nicht zusammen an die Öffentlichkeit gehen.
    Vzbv sprechen von Bestrafung von Hausbesitzern
    Künftig sollen also beispielsweise Hausbesitzer mit Solarmodulen auf dem Dach 50 Prozent der EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms bezahlen. Bislang waren sie als Eigenstromproduzenten davon befreit.
    Holger Krawinkel, der Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik beim Vzbv, spricht von einer Bestrafung dieser Hausbesitzer. Hier soll eine Abgabe auf klimafreundlich erzeugten Strom erhoben werden, sagt er. Eine Abgabe, die sich auch wirtschaftlich gar nicht rechne, denn die geplante Kostensenkung für die Allgemeinheit sei dadurch zu gering, eigentlich nicht erwähnenswert.
    "Gerade im Bereich der Fotovoltaik kann man davon ausgehen, dass in den nächsten Jahren die Eigenerzeugung um etwa zwei bis vier Terrawattstunden ansteigt. Wenn man das dann multipliziert mit den 3,12 Cent die gezahlt werden sollen, dann kommt man auf einen Gesamtbetrag von maximal 60 Millionen Euro. Die Entlastung für einen privaten Haushalt betrügen somit lediglich 50 Cent. Vergleicht man dies mit den von mir genannten 17 Euro Steigerung durch die Industriebefreiung, dann sieht man, dass dies relativ unverhältnismäßig ist."
    Der Vzbv hat also ausgerechnet, dass sich diese geplante Umlage auf eigenverbrauchten Strom nur ganz gering auswirken würde. Um lediglich 50 Cent pro Haushalt und Jahr würde die Allgemeinheit entlastet. Die von Krawinkel genannten 17 Euro Mehrkosten für die Allgemeinheit würden allerdings durch die Befreiung großer Industrieunternehmen von der EEG-Umlage entstehen. Und dass, obwohl hier auch weiterhin klimaschädlicher Kohlestrom verbraucht werden dürfte.
    Also: Der Verbraucherzentrale Bundesverband sieht bei der Reform des EEG, im Entwurf des Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD), doch erheblichen Korrekturbedarf.
    Gesetzentwurf widersinnig?
    Ähnlich argumentiert auch Lukas Siebenkotten, er ist Bundesdirektor beim Deutschen Mieterbund. Der ja gewöhnlich schon mit Argusaugen darüber wacht, dass die Mieter nicht überproportional die Zeche bei Maßnahmen der Energiewende zahlen müssen. Er sieht grundsätzlich die Richtung des Gesetzentwurfs als widersinnig an.
    "Je mehr Strom direkt verbraucht wird, desto weniger Einspeisevergütung muss gezahlt werden. Wenn also viel direkt erzeugter Strom unmittelbar vor Ort gebraucht wird, dann muss auch die Allgemeinheit nicht so viel an Einspeisevergütung zahlen, wie sie dies ansonsten tun müsste."
    Und nicht zuletzt sehen alle Beteiligten auch eine Art Grundfehler im Reformentwurf des Kabinetts: Denn eigentlich sollte das EEG ja auch zu einer dezentraleren Struktur bei der Energieversorgung beitragen. Dies aber werde durch die geplante Reform nicht erreicht, ganz im Gegenteil. Der Deutsche Bauernverband kritisiert vor allem diesen Aspekt. Udo Hemmerling, der stellvertretende Generalsekretär des DBV:
    "Viele Dörfer und Gemeinden nenne sich ja inzwischen längst Energiedorf. Sie wollen vorangehen. In vielen ländlichen Gebieten, vor allem im Süden, ist die Energiewende heute schon eine Art Volksbewegung. Dort macht man sich viele Gedanken, dort investiert man auch sehr stark. Und schaut nicht auf das EEG, sondern vor allem auf Konzepte, die Erzeugung und Verbrauch lokal zusammenbringen. Von daher stellen Eigen- und Direktversorgung einen wichtigen Schritt in den Markt dar. Und dies alles jetzt mit zusätzlichen Abgaben zu überlagern, das ist sicher ein Widerspruch."
    Die Verbände hoffen nun noch auf einzelne Bundestags-Abgeordnete, die sich Einzelaspekten der EEG-Reform wiedersetzen. Trotz eigentlich klarer Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag, Stichwort: Große Koalition.