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Ein Deutscher entdeckt Australien

Der gebürtige Brandenburger Ludwig Leichhardt erfüllte sich einen Kindheitstraum: Als Forscher durchquerte er weite Teile Australiens und entdeckte dabei fruchtbares Land und Bodenschätze. In Deutschland praktisch unbekannt, wurde er in Australien zur Legende.

Von Florian Ehrich | 23.10.2013
    "Ja meine Lieben, ich wollte, ich könnte leben wie ihr, aber ich kann es nicht. Es ist etwas in meiner Natur, das mich immer und immer vorwärts treibt."

    So der Student Ludwig Leichhardt in einem Brief an seine Eltern. Schon als junger Mensch ist der am 23. Oktober 1813 in Trebatsch in der Lausitz geborene Leichhardt von seiner Mission beseelt, etwas Neues auf der Erde zu entdecken. Bernd Marx, der sich eingehend mit dem Naturforscher befasst und ein umfangreiches Ludwig-Leichhardt-Archiv besitzt, erklärt:

    "Sein Vorbild war Humboldt. Und Humboldt ist bekannt durch seine Entdeckungsreisen in Südamerika, und da träumte er natürlich auch davon, irgendwo die weißen Flecken auf der Erde zu tilgen."

    Leichhardt ist jedoch kein Abenteurer, sondern ein Naturwissenschaftler mit einer innigen Verbindung zur Wildnis. Er studiert gewissenhaft Philosophie, Naturgeschichte, Botanik und Physik in Berlin, Göttingen, London und Paris, bleibt aber ohne Abschluss. Sein Blick richtet sich auf Neuholland, das damals noch eine britische Sträflingskolonie war und heute Australien heißt. Ein englischer Freund ermöglicht es dem mittellosen Sohn eines Torfinspektors 1841, die Reise in den fünften Kontinent anzutreten. Begeistert berichtet Leichhardt von seinen Plänen:

    "Während sich die Küsten von Neuholland allmählich beleben, ruht das Innere noch in völligem Dunkel. Man hat Expeditionen hinein gesandt, aber sie haben immer nur eine verhältnismäßig geringe Strecke eindringen können, indem ihre Vorräte sich aufzehrten, oder die Eingeborenen sie durch Feindseligkeiten zurückschreckten. Dieses Innere, dieser Kern der dunkeln Masse, ist mein Ziel, und ich werde nicht eher nachlassen, als bis ich es erreiche."

    In Australien angekommen, erkundet der Brandenburger zu Pferd oder zu Fuß zunächst allein die australische Wildnis zwischen Sydney und Brisbane und erlernt so das Handwerk eines Buschmanns. Mit Hilfe von Spenden rüstet er 1844 seine erste Expedition aus, die ihn durch gänzlich unerforschtes Gebiet über 4800 Kilometer von Jimbour in Queensland durch das Northern Territory bis nach Port Essington führt. Die strapaziöse Reise ist ein voller Erfolg und öffnet dem Land Perspektiven für die Urbarmachung, wie Bernd Marx erklärt:

    "Er hat sehr große Landflächen entdeckt für die Besiedlung, für die Weidewirtschaft, aber auch für Ackerbau, und was besonders wichtig ist: Er hat eine der größten Kohlelagerstätten Australiens entdeckt, das Bowen-Basin beim Mackenzie River."

    Zurück in Sydney werden Leichhardt und seine Männer enthusiastisch empfangen. Der rastlose Forscher nimmt sich jedoch kaum Zeit, um auszuruhen, sondern plant sofort seine nächste Erkundungsfahrt. Zusammen mit neun Gefährten, darunter einem Ureinwohner als Fährtenleser und Jäger, soll ganz Australien westwärts durchquert werden. Als Reit- und Lasttiere sowie für die Fleischversorgung führt Leichhardt 14 Pferde, 16 Maulesel, 40 Ochsen, 270 Ziegen und 90 Schafe mit sich. Dazu kommen 1000 Pfund Mehl an Proviant, außerdem Salz, Tee, Zucker, Schießpulver und Gewehrblei. Die Expedition scheitert an Zwistigkeiten innerhalb der Mannschaft und Krankheiten, die alle Männer schwächen. Leichhardt klagt in einem Brief:

    "Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie enttäuscht, wie unglücklich ich mich fühlte, als ich die Notwendigkeit der Umkehr sah. Krankheit, Sorge, Plackerei haben meiner Konstitution geschadet, und ich fürchte, dass mich das 10 Jahre meines Lebens gekostet hat."

    Die nächste Unternehmung kostet ihn das Leben. Während seiner dritten großen Expedition, zu der er 1848 aufbricht, verschwindet er spurlos im Busch. Bernd Marx:

    "Bei der dritten Expedition ist Ludwig Leichhardt mit der gesamten Gruppe verschollen, vermutlich im Herbst 1850 am Wantata-Wasserloch von den Aborigine getötet."

    In Australien und anderswo ist Ludwig Leichhardt bis heute ein berühmter Mann, nach dem viele Flüsse, Kanäle, Pflanzen und Tiere benannt sind. In Deutschland ist er fast unbekannt. Schon 1851 bedauerte das Alexander von Humboldt:

    "Es ist mir immer unbegreiflich gewesen, wie in Deutschland der Name eines durch Kenntnisse, Charakterstärke und seine geografischen Entdeckungen in England so hoch geachteten Mannes wenig Anklang gefunden habe!"