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Ein Jahr Lausitzer Hochschulfusion
Neuer Name, alte Strukturen

Der Protest von Studierenden und Professoren war groß: Am 1. Juli 2013 wurden die Cottbuser Uni und die Fachhochschule aufgelöst und als gemeinsame Universität neu gegründet. In einer Woche soll der Gründungspräsident sein Amt antreten. Auch ein Jahr nach der Fusion ist allerdings noch nicht viel passiert.

Von Sascha Erler | 08.07.2014
    Jörg Steinbach, künftiger Präsident der BTU Cottbus-Senftenberg.
    Jörg Steinbach, künftiger Präsident der BTU Cottbus-Senftenberg. (picture alliance / dpa - Daniel Naupold)
    Nach Außen hin ist es ruhig geworden im Streit um die Lausitzer Hochschullandschaft. Die Schilder mit dem neuen Namen hängen. Nur vereinzelt finden sich in den Fenstern des Hauptgebäudes die "we love BTU"-Plakate, mit denen vor anderthalb Jahren noch Hunderte Studenten und Professoren durch die Straßen und bis zum Landtag nach Potsdam gezogen waren, um ihren Befürchtungen Ausdruck zu verleihen.
    "Weil wir sehr traurig sind, dass die Universität im zarten Alter von 22 Jahren sterben muss. Ich bin dafür, dass man nicht von Potsdam aus entscheiden sollte, ob es zwei Unis in der Region geben soll, nur um die Landeshauptstadt zu stärken. Ich sehe keine Vorteile für die Studierenden, ich sehe eher gefahren. Auch für die Mitarbeiter."
    Diese Befürchtungen sind bisher allerdings nicht eingetreten, noch ist ein Jahr nach der Fusion nicht viel passiert: Ein neuer Name, aber die gleichen Strukturen, die gleichen Studiengänge. Große Impulse konnte der vom Wissenschaftsministerium eingesetzte Gründungsbeauftragte Birger Hendriks nicht setzen. Durfte er auch nicht. Nach einer Klage von Mitarbeitern haben die Richter ihm verboten, Entscheidungen zu fällen, die Auswirkungen auf Wissenschaft und Lehre haben. Birger Hendriks hat im letzten Jahr vor allem versucht, die Wogen nach dem Streit zu glätten.
    "In diesem Stakkato-Rythmus von wenigen Monaten kann man natürlich nicht sinnvoll planen. Auf der anderen Seite ist eine ganze Menge von Vorarbeiten jetzt geleistet. Wenn Sie heute die Hochschule sehen, so finden ein entspannter und konstruktiver Dialog auf allen Ebenen statt. Und dieses vorherige absolute gegeneinander von Universität und Fachhochschule das ist gewichen einer Betrachtung, was können wir gemeinsam machen?"
    Gehalt von Uni- und FH-Dozenten noch nicht auf Augenhöhe
    Der Weg zueinander scheint trotzdem schwer: Hinter vorgehaltener Hand hat man immer noch Vorbehalte, Professoren der Universität und "Lehrer" der Fachhochschule sind im Status und Gehalt noch nicht auf Augenhöhe. Und keiner der Beteiligten weiß wirklich, wie es weiter gehen wird. Eine Verunsicherung, die sich auch an den Einschreibungen bemerkbar macht. Erstmals seit drei Jahren ist die Zahl der Studierenden unter 10.000 gefallen. Stura-Sprecher Matthias Heinze:
    "Man weiß nicht, wie es weitergeht: Bleibt mein Studiengang, was kommt überhaupt? Da liegt es natürlich in der Macht der Hochschulleitung, diese Sorgen zu zerstreuen."
    Nachdem der ursprünglich designierte Gründungspräsident Jochen Zimmermann kurzfristig absagt hat, gibt es jetzt den zweiten Anlauf: Jörg Steinbach übernimmt am 15. Juli das Ruder an der BTU-Cottbus-Senftenberg. Der Chemiker hat jahrelang an der Spitze der TU Berlin gestanden und findet klare Worte, was er vom jetzigen Zustand in der Lausitz hält: Nicht viel.
    "Ich bin kein großer Freund dieses Holdingmodells, wo unter einer neuen Überschrift die alten Strukturen weiterleben. Dann gewinnen wir aus dieser Fusion keine Synergien. Und ich bin mir sicher, dass es Synergien gibt. Sondern das muss noch mal mehr werden und das funktioniert nur, wenn wir die etablierten Strukturen verlassen."
    In den ersten Wochen seiner Amtszeit will Steinbach deshalb auch alles auf den Prüfstand stellen und sich nicht an irgendwelchen Studien orientieren. Das klingt so, als würde es nach einem Jahr Stillstand jetzt wirklich an die Substanz gehen. Doch die Vergangenheit zeigt: Das geht in Cottbus nicht ohne Geschrei.
    "Ich habe hier in den verschiedenen Anhörungen da nie einen Zweifel dran gelassen. Insofern haben die Kolleginnen und Kollegen gewusst, worauf sie sich eingelassen haben und das haben sie jetzt davon."
    Und Jörg Steinbach hat auch etwas davon, nämlich eine Vision: In fünf Jahren soll die BTU Cottbus-Senftenberg die Universität sein, die in den neuen Bundesländern am besten dasteht.