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Ein Jahr nach dem Flächenbrand

Ende September 2005 druckte die dänische Tageszeitung "Jyllands-Posten" zwölf Karikaturen des Propheten Mohammed - für die einen harmlos, für die anderen eine blasphemische Provokation. Vier Monate später entwickelte sich daraus ein Flächenbrand: Im Nahen Osten wurden dänische Fahnen verbrannt, Botschaften angegriffen, dänische Bürger bedroht. Mehr als 100 Menschen starben.

Von Marc-Christoph Wagner | 03.02.2007
    Man würde es nicht noch einmal tun, heißt es aus dem Hause "Jyllands-Posten" heute, ja sogar, die Gegner der Meinungsfreiheit hätten gewonnen, die Selbstzensur habe seit den Ausschreitungen im vergangenen Jahr in Dänemark eher zugenommen. Dabei fühlt man sich in der eigenen Sache bestärkt. Gerade die Absetzung der "Idomeneo"-Aufführung an der Deutschen Oper Berlin habe jüngst gezeigt, dass das Thema Selbstzensur gegenüber dem Islam in allen europäischen Gesellschaften debattiert werde und debattiert werden müsse. Und just aus diesem Grund, so "Jyllands-Postens" Feuilleton-Chef Flemming Rose dieser Tage, habe er die Karikaturen seinerzeit veröffentlicht:

    "In einer modernen, säkularen, demokratischen Gesellschaft muss jedermann Hohn und Spott akzeptieren. Eben darin liegt eine Anerkennung der Moslems als gleichwertige Bürger, eine Anerkennung der Tatsache, dass sie Teil dieser Gesellschaft sind und nicht marginalisiert irgendwo am Rande. Moslems sollen nicht mehr oder weniger, sondern genau das akzeptieren, was alle anderen auch aushalten müssen. Und das ist für mich ein fundamentales demokratisches Prinzip."

    Andere hingegen suchen den Dialog mit der arabischen Welt. Jüngstes Beispiel: Der Film "Letters from Denmark", Briefe aus Dänemark, der morgen Abend zeitgleich im Ersten Programm des Dänischen Fernsehens wie auf Al Arabia ausgestrahlt wird:

    Zehn Kurzfilme von neun Regisseuren, in denen der Alltag von Moslems in Dänemark thematisiert wird, in denen Vorurteile, Integrationsprobleme, das Tragen von Kopftüchern, aber auch die Probleme junger Moslems mit ihren Eltern angesprochen werden. Eine beeindruckende Collage, die dem Zuschauer den Spiegel vorhält, und in dem sich nicht nur mancher Däne wiedererkennen dürfte.