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Ein Jahr Terrormiliz IS
Republikaner werfen Obama Zaudern vor

Vor einem Jahr fiel die Terrormiliz Islamischer Staat in den Irak ein. Seitdem sind Gräueltaten an der Tagesordnung. Bis heute gewinnt der IS weitere Gebiete hinzu. Vor allem die USA zögern. Präsident Obama fehlt weiter eine Strategie.

Von Marcus Pindur, Washington | 10.06.2015
    US-Präsident Barack Obama kommentiert die Einigung auf ein Rahmenabkommen im Atomstreit mit dem Iran im Rosengarten des Weißen Hauses in Washington.
    US-Präsident Obama feilt weiter an einer Strategie gegen die Terrormiliz IS. (picture alliance / dpa / Olivier Douliery / Pool)
    Erfolgsmeldungen bei der Bekämpfung des IS in Syrien und dem Irak sind selten. Eine amerikanische Delta-Force Eliteeinheit hatte vor einem Monat im Osten Syriens einen hohen IS-Anführer getötet und dabei Unterlagen erbeutet, die Aufschluss über die Kommandostruktur der Terrormiliz geben. Mehrere Terabyte an Daten auf mehreren Laptops und Mobiltelefonen würden derzeit ausgewertet, hieß es aus dem US-Außenministerium.
    Die Analyse des Materials gebe wichtige Einblicke in Finanzstruktur und Sicherheitsmaßnahmen der Miliz. Auch die Frau des IS-Funktionärs kooperiere mit den amerikanischen Sicherheitskräften.
    Obama räumt Lücken in Strategie ein
    Ob dies den Kampf gegen den sogenannten "Islamischen Staat" nachhaltig beeinflussen wird, ist unklar. Präsident Obama gestand jedenfalls ein, dass wichtige Bausteine seiner Strategie gegen den IS weiterhin fehlen.
    "Wir haben bis jetzt noch keine komplette Strategie, weil es dabei auch Anstrengungen der irakischen Regierung bedarf, was die Rekrutierung und das Training betrifft. Die Details haben wir noch nicht ausgearbeitet."
    Ein erstaunliches Statement, auch wenn man in Rechnung stellt, dass die Verantwortung zum Teil auch nach Ansicht von Militärexperten bei der irakischen Regierung liegt. Die irakische Armee wurde von der ehemaligen schiitischen Regierung zu einem ineffizienten Klientelinstrument herabgewirtschaftet. Der jetzige Ministerpräsident Haider Al Abadi hat große Schwierigkeiten, dies rückgängig zu machen und vor allem das Vertrauen der sunnitischen Stämme wieder zu gewinnen. Al Abadi reiste eigens auf den G7-Gipfel, um mehr Unterstützung einzuwerben.
    Kritik von den Republikanern
    Doch dass die Obama-Administration ein Jahr nach der Entsendung von 3.500 Militärberatern immer noch an ihrer Strategie feilt, dass klingt nicht gut, nicht nur in den Ohren John McCains, der seit Jahren für ein stärkeres militärisches Engagement der USA im Nahen Osten wirbt.
    "Man muss sich schon fragen, ob dieser Präsident einfach nur die letzten anderthalb Jahre seiner Präsidentschaft die Hände in den Schoß legen will und nichts gegen diesen Völkermord und die furchtbaren Dinge tun will, die im Nahen Osten derzeit vor sich gehen."
    Nicht nur politische Gegner bezweifeln, dass Obama tatsächlich noch das Ziel verfolgt, die Terrormiliz zu zerstören, wie es offiziell aus dem Weißen Haus heißt. Der ehemalige Nato-Oberkommandierende in Europa, Wesley Clark, auch ein Demokrat, vermutet, Obama wolle den IS lediglich eindämmen und in Schach halten. Das Ziel, die Terrormiliz zu zerstören, sei nur eine sehr langfristige Perspektive. Der Militärexperte Mark Kimmitt, ein ehemaliger Brigade-General der US-Armee, meint, es habe wenig Zweck, wenn die USA und die irakische Regierung sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuspielten.
    "Die Strategie, die Irakis selbst kämpfen zu lassen und ihnen dabei Unterstützung zu geben, sei es durch Training, sei es durch Waffen, oder durch Luftunterstützung, ist im Großen und Ganzen richtig."
    Die Unterstützung der USA für die irakische Armee, so jedoch auch der Militärexperte, komme viel zu langsam in Gang.