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Ein Ministerpräsident steigt aus

Erst das katastrophale Ergebnis der Union bei der NRW-Wahl und nun das: Hessens Ministerpräsident Roland Koch schmeißt hin. Stürzt sein Ausstieg aus der Politik die CDU nun vollends in die Krise?

Von Anke Petermann, Mischa Brüssel de Laskay und Frank Capellan | 25.05.2010
    Es kommt nicht häufig vor, dass Politiker einen solchen Scoop landen. Als um kurz vor zehn Uhr heute Vormittag die ersten Eilmeldungen über die Ticker liefen, waren die Journalisten - auch wir - ziemlich überrascht: Roland Koch legt seine Ämter nieder. Sofort wurde über den Flurfunk spekuliert, was wohl die Gründe sein könnten: die Gesundheit? Ein lukratives Angebot aus der Wirtschaft? Ganz einfach Macht-Verdruss? Nicht alle Fragen sind bis zur Stunde beantwortet - auf den Stand der Dinge aber wollen wir Sie in dieser Sendung bringen. Am Mikrofon Christiane Wirtz.

    In seine Pläne hatte Roland Koch nur wenige eingeweiht, und diese Wenigen konnten oder wollten schweigen.

    "Ich habe mir diesen Zeitpunkt heute sehr genau ausgesucht. Sowohl meine Familie aber auch die Bundesvorsitzende der CDU kennen ihn seit mehr als einem Jahr im Prinzip nicht den Tag, aber die Entscheidung."

    Am Tag der Entscheidung war Angela Merkel gerade in der arabischen Wüste. Von dort schickte die Bundeskanzlerin ihr Bedauern - über den Abschied eines Mannes, der ihr kein einfacher Parteifreund war. Er provozierte, polarisierte und blieb sich doch selbst treu. Anke Petermann über einen Politiker, der sich selbst als "Rau-Bauz" bezeichnet.


    Früh hat er sich entschieden für die Politik. Zielstrebig seinen Aufstieg organisiert. Als der Politikersohn Roland Koch die Ortsgruppe der Jungen Union in seinem Heimatort Eschborn bei Frankfurt am Main gründet, ist er gerade 14 Jahre alt. Bald schon ist er CDU-Kreischef, stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender. Eine Blitzkarriere. Getragen von Machtbewusstsein. Schon mit 32 Jahren tritt der studierte Jurist 1990 erstmals als jungdynamischer CDU-Fraktionschef im hessischen Landtag an, sein Vater, das christdemokratische Vorbild, ist zu dieser Zeit hessischer Justizminister im Kabinett von Ministerpräsident Wallmann. So richtig entfalten kann Koch Junior sein politisches Talent, nachdem sich Manfred Kanther endgültig aus der hessischen Landespolitik zurückgezogen hat. 1998 wird der damals 40-jährige Koch neuer Chef der Hessen-CDU und Spitzenkandidat für die Landtagswahl 1999. Sein Wahlkampfschlager: die Unions-Kampagne gegen das geplante Gesetz zur doppelten Staatsbürgerschaft. Damit eckt er an - und er ist stolz darauf, dass die hessischen Christdemokraten schon in den ersten Tagen, noch vor dem bundesweiten Start der CDU-Aktion, weit über Zehntausend Unterschriften gegen das Vorhaben der rot-grünen Bundesregierung sammeln.

    "Wir haben einen unzweideutigen Text formuliert - und ich bin deshalb sehr sicher, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande diese Aktion genauso auffassen wird, wie sie von uns gemeint ist: Einen Widerstand gegen eine unvernünftige Gesetzesinitiative, von der wir überzeugt sind, dass sie der Integration nicht dient, sondern eher schadet."

    Wiegelt der junge CDU-Spitzenkandidat Roland Koch die Empörung im linken Lager kühl ab. Bis dahin ist der Christdemokrat den Wählern kaum bekannt. Das ändert sich schnell. Denn er spitzt die politische Kontroverse mit latent aggressivem Unterton zu, er polarisiert. 1999 zum ersten, aber nicht zum letzten Mal. Manche sagen, er spalte Hessen, appelliere an niedere Instinkte, um an die Macht zu kommen oder Macht zu erhalten. Doch trotz dieser kritischen Stimmen: Roland Koch gewinnt die Landtagswahl im Februar 1999: Seine CDU wird mit 43 Prozent stärkste Fraktion. Gemeinsam mit der FDP lösen die Konservativen Rot-Grün in Hessen ab. Doch die Freude am Wahlsieg währt nicht lange, Anfang 2000 wird die Schwarzgeldaffäre der hessischen CDU bekannt. Mit dem Geld unbekannter Herkunft, das auf illegalen Auslandkonten geparkt worden war, hatten die Christdemokraten unter anderem ihren umstrittenen Landtagswahlkampf finanziert. Deutschlands jüngster Ministerpräsident fordert "brutalst mögliche Aufklärung" und gibt an, selbst von den Transaktionen nichts gewusst zu haben.

    "Ich kenne bis zum heutigen Tag keinen einzigen Vorgang außerhalb der offiziellen Buchhaltung der christlich-demokratischen Union und ich kenne keinen einzigen Vorgang, von dem nicht die Absicht bestand, ihn ordnungsgemäß auch Rechnung zu legen."

    Später muss Koch eingestehen, dass er über die Schwarzgeldkonten doch informiert war - seine Glaubwürdigkeit ist angekratzt. Doch das vergisst der Wähler bis zur Wahl 2003. Die CDU mit dem Macher Koch an der Spitze erringt sogar eine hauchdünne absolute Mehrheit.

    "Das ist ein großer Tag für die hessische CDU, ich gebe zu, es ist auch ein großer Tag für mich. Wir sind in 60 Jahren noch nie zu einem solchen Ergebnis gekommen."

    Es folgt ein umstrittenes Sparprogramm, das Roland Koch und seine Christdemokraten "Operation sichere Zukunft" nennen. "Düstere Zukunft" korrigiert die Opposition aus SPD und Grünen, die Koch wie heute als "brutalst möglichen Sparer" auf Kosten sozial Benachteiligter brandmarken. Im Landtagswahlkampf 2007/2008 setzt Koch erneut auf Provokation. Sein Erfolgsrezept aus dem Wahlkampf 1999:

    "Bei jungen Menschen ist es eine besondere Herausforderung. Wenn einer 20 Jahre kriminelle Karriere hinter sich hat, dann ist oft nur noch wenig zu machen. Unser Zeil muss es sein, dass er nicht in diese kriminelle Karriere hineingerät. Nun wissen wir, es gibt einige Milieus, aber das ist eine Minderheit, in der sozusagen, das in frühster Kindheit beginnt."

    "Wir haben zu viele kriminelle junge Ausländer", so der Tenor von Kochs Wahlkampfreden. Der Ministerpräsident bediene mal wieder ausländerfeindliche Ressentiments, schäumt die Opposition. Und die katholischen Stammwähler, so teilen später die Wahlforscher mit, gehen auf Abstand zu ihrer CDU. Dennoch überrundet in der Wahlnacht die CDU die SPD ganz knapp und am Ende bleibt Roland Koch an der Macht, allerdings nur als geschäftsführender Ministerpräsident. Fortan muss Roland Koch die Regierungsgeschäfte gegen die parlamentarische Mehrheit von SPD, Grünen und Linken führen. Am Ende kommt es zu Neuwahlen. Koch bleibt im Amt, jetzt wieder als Chef einer schwarz-gelben Koalition. Koch agiert zunehmend lustlos, beobachtet die Opposition. Dafür haut die erstarkte FDP auf den Putz. Immer wieder werden dem stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden Ambitionen nachgesagt, nach Berlin wechseln zu wollen. Immer wieder versichert der Regierungschef, sein Platz bleibe in Hessen. Tatsächlich beruft Angela Merkel ihn nie zu Höherem. Schon wenige Monate nach der Landtagswahl im vergangenen Jahr will der Bundesvize seiner Parteichefin mitgeteilt haben, dass er sich aus der hessischen Landespolitik zurückziehen wolle. Das vorläufige Ende seiner politischen Karriere hat der erfahrene Politiker Koch so terminiert, dass seine Hessen-CDU Mitte Juni auf dem Landesparteitag einen geordneten Übergang organisieren kann. Die CDU sei gut aufgestellt, versicherte Koch - ganz bestrebt, sich als Kapitän darzustellen, der erst von Bord geht, wenn sein Schiff in ruhigem Wasser segelt. SPD-Oppositionschef Torsten Schäfer-Gümbel sieht das ganz anders:

    "Dieser Rücktritt ist ein politischer Offenbarungseid. Es ist zu einem guten Stück Flucht aus der Verantwortung. Bisher war es immer so, dass der Kapitän das sinkende Schiff zuletzt verlässt. In der Hessenunion war das schon immer ein bisschen anders: Hier geht der Chef zuerst."

    Man könnte also auch sagen, Roland Koch verlässt das sinkende Schiff. Denn auf Erfolgskurs ist die CDU - auch die hessische CDU - nun wahrlich nicht. Schon 2008 verlor sie bei der hessischen Landtagswahl 12 Prozent der Stimmen, kam gerade mal auf 36,8 Prozent. Beim nächsten Anlauf, bei den Neuwahlen 2009, hätte es eigentlich so viel besser laufen können: Hatte doch Andrea Ypsilanti den Wählern nur wenig Vertrauen in eine SPD-geführte Landesregierung gegeben. Den Rückenwind aber konnte die hessische CDU nicht für sich nutzen - wieder kam sie nur auf 37,2 Prozent. Bis zur nächsten Landtagswahl in Hessen sind es jetzt noch vier Jahre. Vier schwere Jahre für Volker Bouffier, der als Nachfolger für Roland Koch im Gespräch ist. Mischa Brüssel de Laskay:

    Als harter Hund und grundsolider Verfechter der sogenannten Politik von Law and Order. So wurde Volker Bouffier von Freund und Gegner beschrieben, als er das Amt des hessischen Innenministers antrat. Das war im April 1999. Und noch heute bekleidet der mittlerweile 58 Jahre alte Bouffier dieses Amt. Derzeit ist er der am längsten amtierende Innenminister in Deutschland. Allerdings sorgte Volker Bouffier auch immer wieder für Kritik. Schon bei Amtsantritt als Innenminister wurde gegen Bouffier in seinem Beruf als Rechtsanwalt ein Verfahren wegen Parteiverrats geführt. Er hatte in einem Scheidungsverfahren erst den Gatten und später auch die Ehefrau juristisch vertreten. Nicht weniger kritisch wurde seine Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 beäugt. Bouffier änderte Gesetze so, dass sie der Polizei sogenannte Rasterfahndungen ermöglichten. Erst die erfolgreiche Klage eines sudanesischen Studenten aus Gießen beendete dieses Vorgehen. Doch seiner Haltung, die Polizei mit mehr Rechten und mehr Personal zur Bekämpfung von Terrorismus auszustatten, blieb Bouffier treu.

    "Wir haben die Erkenntnis, dass die allgemeine Kriminalität, insbesondere die organisierte Kriminalität, und extremistisch-terroristische Bedrohungen zusammenwachsen. Wenn man das nur isoliert betrachtet, dann erschließt sich nicht, was dahinter steht."

    Die Oppositionsparteien zweifelten an den Worten des Innenministers und hielten Bouffier vor, der Polizei lediglich das Personal zuzugestehen, welches er ihr vorher gekürzt hatte. Unstrittig ist dagegen, dass es unter Volker Bouffier zu einem Abbau der Bürokratie bei der hessischen Polizei gekommen ist. Doch gerade die Polizei sorgt heute für die wohl größte Herausforderung in der Amtszeit des Innenministers Volker Bouffier. Er soll einen engen Freund und Parteikameraden als Präsidenten der hessischen Bereitschaftspolizei eingesetzt haben. Und zwar am offiziellen Auswahlverfahren vorbei und entgegen einem Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofes. Die Affäre landete letztlich in einem Untersuchungsausschuss im Landtag, und ein definitiver Abschluss ist noch nicht in Sicht.

    Keine Woche ist es her, da sorgte Roland Koch noch einmal für Krawall. Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, als die Union ohnehin schon am Boden lag, trat er noch einmal nach. Sparen müsse man, forderte er lautstark. Von der Schuldenbremse sprach er, von Steuererhöhungen gar - und zielte mit seiner Kritik direkt aufs Kanzleramt. Man dachte an Kochs Rivalität zu Merkel, an seine Ambitionen, an die Ämter, die er noch nicht hatte: CDU-Vorsitz, Superminister, Bundeskanzler. Nur an eines dachte man nicht: an einen Rückzug. Heute klingen seine Worte, als habe der, der sie sprach, nichts mehr zu verlieren gehabt. Frank Cappelan über einen Landesfürsten, der in Berlin für Stimmung sorgte.

    Als möglicher Minister Merkels wird Koch immer wieder ins Gespräch gebracht - der ehrgeizige Hesse drängt zu Höherem und macht keinen Hehl daraus. Koch empfiehlt sich als Wirtschafts- und Finanzexperte, sucht dafür sogar den Schulterschluss mit Sozialdemokraten: 2003 ist das "Koch/Steinbrück"-Papier in aller Munde. Gemeinsam mit dem damaligen NRW-Ministerpräsidenten macht er Vorschläge zum Subventionsabbau, Koch der Pragmatiker, der auch parteiübergreifend etwas bewegen will:

    "Der Bürger muss schneller sehen können, dass ein Problem, von dem man weiß, dass der Politiker es erkannt hat, auch in absehbarer Zeit zu einer Lösung kommt, die möglichst mit dem Problem noch etwas zu tun hat, diese Abstände sind unüberschaubar lang geworden, und deshalb sind Politiker in die Kritik geraten."

    Nach der letzten Bundestagswahl wird mit dem Wechsel Kochs vom Rhein an die Spree gerechnet, Merkel wird versuchen einen ihrer unbequemen Kritiker in die Kabinettsdisziplin einzubinden, lautet das Kalkül, doch für Koch wird die Rechnung abermals nicht aufgehen. Dann im Spätherbst der Rücktritt seines hessischen Parteifreundes Franz-Josef Jung vom Amt des Arbeitsministers - wieder ist Roland Koch als Erster für die Nachfolge im Gespräch - doch Angela Merkel lässt ihn erneut abblitzen. So paradox es klingen mag - der Hesse hat ihr viel genutzt durch sein populistisches und polarisierendes Auftreten, zu nah an sich herankommen lassen will sie ihn indessen nicht. Er beteuert heute, sein Rückzug habe seit einem Jahr festgestanden - hätte er sich anders entschieden, wenn die Kanzlerin ihn doch noch geholt hätte? Zwiespältig ist das Verhältnis zwischen Angela Merkel und Roland Koch von Anfang an. Als CDU-Generalsekretärin verfolgt sie skeptisch, wie der als konservativ geltende Hesse 1999 am rechten Rand wildert und Unterschriften gegen die doppelte Staatsbürgerschaft sammelt:

    "Es geht hier um ein sehr komplexes Rechtsgebiet, und da ist die Sorge einfach: Wie weit kann ich durch eine einzelne Unterschriftenaktion - und deshalb haben wir auch gesagt, wir brauchen ein Bündel von Aktionen - ein solch kompliziertes Thema wirklich erfassen."

    Wenig später müht sich Angela Merkel als frisch gewählte Parteivorsitzende, sich von Helmut Kohl zu emanzipieren und die CDU aus dem Spendensumpf zu führen. Koch dagegen hatte noch kurz zuvor versucht, die Affaire auszusitzen. Einerseits prägt er das Wort von der brutalstmöglichen Aufklärung, andererseits muss er einräumen, von den als vermeintliche jüdische Vermächtnisse getarnten Geldflüssen an die hessische CDU gewusst, dieses aber geleugnet zu haben:

    "Diese Darstellung war Ihnen gegenüber und der Öffentlichkeit gegenüber eine Dummheit, die man in einem solchen Zusammenhang auch einräumen muss und für die ich mich ausdrücklich entschuldige!"

    Fortan muss sich Koch als Lügner beschimpfen lassen, Karikaturisten zeichnen ihn gern mit langer Pinocchio-Nase. Für Merkel wird der Hesse unbequem, weil er wichtige Personalentscheidungen der CDU-Chefin torpediert. Koch gilt als einflussreiches Mitglied des sogenannten Andenpaktes, zu dem sich einst ausschließlich männliche Mitglieder der Jungen Union zusammengeschlossen hatten - nicht zuletzt diesem Netzwerk unter Mitwirkung Kochs wird zugeschrieben, dass 2002 nicht die Parteivorsitzende, sondern Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber ins Rennen um die Kanzlerschaft geschickt wurde. Koch hört es selbst nicht gern, aber der Katholik und Familienvater spricht den konservativen Flügel der Union an, der sich von der kinderlosen Protestantin Merkel nicht vertreten sieht. Lange Zeit gilt er als Rivale Merkels, doch als deren Führungsanspruch nicht mehr zu nehmen ist, sucht er dieses Image abzustreifen. Dass Koch loyal sein kann, beweist er nach der Bundestagswahl 2005 - als Merkel zunächst als gescheitert dasteht:

    "Für unser Wahlziel Schwarz-Gelb hat es wahrscheinlich nicht gereicht, dennoch werden wir und werde ich diesen Auftrag mit aller Kraft annehmen!"

    Ausgerechnet von Roland Koch wird sie dabei nach Kräften unterstützt. Noch am Wahlabend stellt er sich als einer der Ersten hinter sie, der CDU-Vorsitzenden bleibt eine von vielen prophezeite Diskussion über ihre Person erspart - Merkel kann sich als Kanzlerin in eine Große Koalition retten, auch weil ihr der ewige Kronprinz aus Hessen Rückendeckung gibt. Leicht macht er ihr das Regieren dennoch nicht, Koch verhindert Steuererhöhungen zur Finanzierung einer Gesundheitsreform, an ihm kommt Merkel nicht vorbei, 2006 macht ihn die CDU-Vorsitzende zu einem ihrer Stellvertreter. Merkel versucht die politische Mitte anzusprechen, Koch das ursprünglich bürgerliche Lager. Als der Parteivize 2008 - wiederum im Landtagswahlkampf - ein härteres Vorgehen gegen jugendliche, ausländische Straftäter fordert, lässt sie ihn gewähren. Wen Roland Koch anspricht, ist allen klar, die Kanzlerin dagegen gibt sich demonstrativ als Gegenpart- offen nach allen Seiten:

    "Mal bin ich liberal, mal bin ich konservativ, mal bin ich christlich-sozial. Und das macht die CDU aus!"

    Bundesvize Koch dagegen vertritt bis zuletzt die konservative Linie. In der Debatte über Sparvorschläge bringt er als Erster den Bildungsbereich ins Spiel. Den Anspruch auf einen Kita-Platz für alle stellt er infrage, Merkel pfeift ihn schnell zurück, Koch aber steht zu seiner Idee:

    "Ich glaube nicht, dass das Thema besser wird, wenn wir es in einem halben Jahr diskutieren und vor einem halben Jahr haben wir es nicht diskutiert und deshalb haben wir es halt jetzt."

    Dass Diskussionen dieser Art auch ohne ihn weitergehen werden, dafür dürfte nicht zuletzt Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus sorgen. Dass er gewillt ist, in die Rolle des Hessen zu schlüpfen und den konservativen Unionsflügel zu bedienen, hat er mit seiner provokanten Rücktrittsdrohung gegen Merkels Umweltminister gerade erst bewiesen. Das Regieren dürfte also für die Kanzlerin nicht leichter werden. Nicht zuletzt verliert sie mit Roland Koch einen profilierten Wirtschaftsfachmann - in diesen Zeiten zweifelsohne ein nicht zu unterschätzender Verlust für die Christdemokraten.

    Das Wochenende vor seinem spektakulären Scoop verbrachte Roland Koch übrigens mit seinem Kollegen Christian Wulff in Barcelona. Gut möglich, dass der Rückzug da schon Thema war. Schließlich kennen sich Wulff und Koch seit langer Zeit, sind sich vertraut, wurden beide schon als Kronprinzen in der CDU gehandelt. Nun ist Jürgen Rüttgers durch die NRW-Wahl geschwächt, Roland Koch dankt ab, bleibt nur noch einer. Und um Christian Wulff ist es in den vergangenen Wochen ruhig gewesen. Auffallend ruhig.

    Am Mikrofon verabschiedet sich Christiane Wirtz.