Freitag, 29. März 2024

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Ein Niemand, der allernichtigste Niemand in ganz Entenhausen

Denis Scheck | 01.01.1980
    O-Ton: Denis Scheck zu Besuch bei Dr. Erika Fuchs

    Ein kleines Haus im Münchner Stadtteil Gern. Auf dem Schild über der Klingel ein Name in weißer Prägeschrift: Dr. Erika Fuchs. Tausendmal muß ich diesen Namen im Impressum zerfledderter Comichefte gelesen haben, "Chefredaktion: Dr. Erika Fuchs". Eine zierliche alte Dame öffnet die Tür, blickt freundlich durch flaschenglasdicke Brillengläser, bittet mich herein. Die Inneneinrichtung des Hauses ist karg, folgt weniger modischen Ideen vom leeren Raum als dem Diktat der Zweckmäßigkeit, wonach jemand, der schlecht sieht, kein unnützer Plunder im Weg stehen soll. Ja, das Lesen bereite ihr zunehmend Schwierigkeiten, erklärt sie, deshalb höre sie viel Radio, Wortsendungen vor allem, man müsse schließlich auf dem laufenden bleiben, auch noch mit 87.

    Sie führt mich ins Wohnzimmer, bleibt an einer Terassentür stehen und zeigt mir einen Ahorn, der das Haus gut ums Doppelte überragt. Sie freue sich jeden Tag, daß der Baum nicht wie ein zum Drill angetretener Rekrut in der Mitte des Rasens stehe, sondern leicht unsymmetrisch etwas links. Im Leben sei das ja meistens so, daß Zufälliges mehr Vergnügen bereite als alles am Reißbrett Geplante.

    Eher zufällig sei sie auch an den Posten der Chefredakteurin bei "Micky Maus" geraten. Dem Verlag sei es Anfang der 50er Jahre vor allem darum gegangen, die Bedenken kirchlicher und staatlicher Jugendschützer gegen die "Schmutz-und Schundliteratur" Comics zu zerstreuen. Am liebsten hätte man ja einen Professor ins Impressum gerückt. Da ein solcher aber nicht aufzutreiben war, habe man mit ihr, der promovierten Kunsthistorikerin, vorlieb genommen. Sie habe jedoch nie ein Büro im Stuttgarter Verlag bezogen, sondern die Geschichten lieber am heimischen Schreibtisch ausgewählt und getextet.

    Über ihre erste Reaktion auf das im Deutschland der Nachkriegszeit neue Medium Comic erzählt mir Erika Fuchs: "Also ich habe '51 das erste Mal gesehen, daß es überhaupt Comics gibt. Das gab's ja bei uns nicht. Die ganzen 30er Jahre und auch die 40er, nein, das gab es einfach nicht. Und ich war zuerst wirklich außerordentlich verblüfft. Die vielen Bilder auf einer Seite, dann die Sprechblasen. Also ich sagte spontan, das geht in Deutschland nicht. In Deutschland gab es als Jugendzeitschrift "Das Kränzchen", den "Guten Kamerad", die hatten, glaube ich, 30.000 Auflage. Also ich hielt das für ausgeschlossen. Aber die Herren lachten nur und sagten: "Nein, nein, das geht in Deutschland auch. Nehmen Sie das mal mit, in einem halben Jahr kommen die Leute von Disney, machen Sie eine Probeübersetzung und dann sehen wir weiter."

    Die "Herren" sollten recht behalten, die neue Jugendzeitschrift schlug ein. Der Verlag war mit der Probeübersetzung zufrieden, und Erika Fuchs, die bis dahin Artikel für "Reader's Digest" übersetzte, wurde zur deutschen Stimme von Micky und Minnie, Donald und Daisy und was der Einwohner Entenhausens mehr sind. Eine gewisse Eingewöhnungszeit sei schon nötig gewesen, um sich mit der ungewohnten sprachlichen Gestalt der Sprechblasen vertraut zu machen, erzählt mir Frau Fuchs, daher sehe sie ihre frühen Übersetzungen auch eher kritisch: "Einen Entwicklungsprozeß gab es sicher. Natürlich bin ich nicht vor Ehrfurcht also umgesunken bei diesen kleinen bunten Heftchen, nicht? Sondern das habe ich sofort gemerkt, daß man das frei übersetzen muß. Aber ich finde zum Beispiel die Übersetzung des ersten Heftes, das ja angeblich mit 2000 Mark gehandelt wird, finde ich also ziemlich mittelmäßig und ich bin dann auch erst allmählich da reingekommen. Ich wußte ja gar nichts von diesen Figuren und erst allmählich habe ich gemerkt, daß das also bestimmte Charaktere sind mit bestimmten Schwächen und Stärken und habe mich dann da reinversetzt und konnte das dann auch sicher sehr viel besser als am Anfang."

    Immerhin schon sechzig Jahre alt ist Donald in diesem Sommer geworden. So lange liegt sein erster Auftritt in einem Disney-Zeichentrickfilm mit dem Titel "The Wise Little Hen" zurück. Doch nicht der "DD-Day", der Tag der Premiere des ersten Trickfilms mit Donald Duck am 9. Juni 1934, ist die eigentliche Geburtsstunde des Donalds, den wir kennen. Richtig geschlüpft ist die Ente erst 1942, als ein Zeichner namens Carl Barks im Auftrag Disneys die ersten längeren Comic-Geschichten mit Donald skizzierte. Barks brachte den Choleriker im Matrosenanzug zur charakterlichen Reife, versah Donald mit einer vielschichtigeren Psyche als in den Zeichentrickfilmen, bereicherte sein Umfeld mit Figuren wie den drei Neffen Tick, Trick und Track, der angehimmelten Freundin Daisy, dem Geizhals Onkel Dagobert und dem unausstehlichen Glückspilz Gustav Gans. Die jugendliche Leserschaft in Amerika merkte schnell, daß zwischen den liebevoll detailierten und nicht selten bitter ironischen Geschichten von Carl Barks und den oft recht einfallslosen Comics der anderen Zeichner Welten lagen. Weil Disney seinen Angestellten jedoch nicht erlaubte, ihre Geschichten zu signieren, nannten die amerikanischen Kinder Barks einfach den guten Zeichner, "the good artist".

    Anders als der pomadigen Micky Maus war Donald nie ein Freund aller Kinder. Während dem faden, weil immer schön braven Micky alles gelingt, ist Donald der archetypische Loser, ein Pechvogel eben, ausgestattet mit einer charakterlichen Tiefe, die den Schriftsteller Klaus Modick zu einer "Kurzen Hymne" auf den Enterich inspirierte:

    "Herrlich ist, Schöpfer Carl Barks, Deiner Erfindung Pracht: Bürzelbewehrt breitlappig fußender Enterich, matrosenanzugs-gewandetes

    Genie der cholerischen Wut! Den trefflichen Neffen, den Tick, Trick und Track bist Du Onkel, Tyrann und Hausfrau in einem. O Du kleinstwagenfahrender

    Neffe des knausrigsten Krösos! Des listenreichen Dagoberts Faktotum bist Du auf ewigen Jagden nach Talern, nach Gold Hilfreich bist Du, Dämling,

    dabei doch leider nur selten! O fettnäpfchentretendes Schoßkind des Pechs! Wie haßt Du des glückhaften Vetters geschniegelte Miene, wie

    Gustavs, des Gimpels, Gamaschen! Du aber, Donald, watschelst stur Deiner Wege. Denn Deiner dauernden Dummheit trotzest Du mit glückhaften Siegen

    der tobenden Unvernunft!"

    Klassische Verse für ein Federvieh aus dem Comic - die besorgten Eltern und eifrigen Tugendwächter der 50er Jahre hätten gewiß auch darin Anzeichen für den damals vielbeschworenen Verfall aller kulturellen Werte entdeckt. Den neuen Bildgeschichten aus Amerika unterstellte man im Adenauer-Deutschland jedenfalls eine verderbliche Wirkung auf Sitten, Phantasie und vor allem Artikulationsvermögen ihrer Leser. An einigen Orten wurden die Heftchen - keine zehn Jahre nach Ende der Nazi-Diktatur - gar öffentlich auf Schulhöfen verbrannt.

    Auch wenn es die meisten Lehrer dabei beließen, den ungeliebten Lesestoff unter die Bank zu verbannen, galten Comics zu dieser Zeit noch als "Opium in der Kinderstube", wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" das neue Genre brandmarkte. Erika Fuchs ließen solche Vorwürfe freilich unbeeindruckt: "Das hat mich überhaupt nicht betroffen, weil man einfach feststellen konnte, daß die Leute das nie gelesen haben. Die haben also nur die Geräusche, die über den Bildern gezeichnet sind, Peng, Bumm, gelesen, und haben dann gesagt, das ist eine Peng-Bum-Sprache und besteht nur aus Wortfetzen. Und da also diese ganzen Beschuldigungen überhaupt nicht zutrafen, hat es mir auch nichts ausgemacht. Es hat einer vom anderen abgeschrieben."

    Comics bewirkten sprachliche Verarmung, so das Argument der warnenden Pädagogen von damals. Inzwischen weiß man, das genaue Gegenteil ist richtig - jedenfalls wenn die Sprechblasen aus der Feder von Erika Fuchs stammen. Ihre Comic-Texte haben die deutsche Sprache bereichert wie keine zweite literarische Übersetzung seit dem Zweiten Weltkrieg - und dies nicht nur durch die berühmt gewordenen Onomatopöien, wie der linguistische Fachjargon die Fuchsschen Lautmalereien nennt, etwa "Knirsch", "Stöhn", "Seufz" oder das Unzufriedenheit signalisierende "Grummel, grummel" .

    Erika Fuchs schuf für die deutsche Version der Enten-Comics einen eigenes Sprach-Kosmos, ein hochdifferenziertes Idiom, so stimmig und einprägsam, daß es teilweise Eingang in die Umgangssprache fand. Zum Beispiel das Motto des Erfinders Daniel Düsentrieb: "Dem Ingeniör ist nichts zu schwör", inzwischen längst ein geflügeltes Wort unter Heim- und Handwerkern. Immer wieder tauchen in den Übersetzungen Redensarten und Wendungen auf, die das Zeug zum modernen Sprichwort haben, etwa "Ohne Knete keine Fete" oder die schöne Sentenz: "Die Ruhe ist dem Weisen heilig, nur Verrückte habens eilig".

    Neben solchen Neuprägungen bedient sich Erika Fuchs aber auch gern der deutschen Klassik. "Lesen bildet!", läßt sie Donald einmal sagen. "Was lernt man nicht alles, zumal aus den Werken unserer Dichter und Denker." So fließen denn immer wieder Zitate in ihre Sprechblasen ein; unvergessen der Rütli-Schwur aus Schillers "Wilhelm Tell", den sie Donalds Neffen in den Schnabel legte: "Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns waschen und Gefahr."

    Wie groß der kreative Eigenanteil der Fuchsschen Übersetzungen ist, macht ein Blick ins amerikanische Original von Carl Barks deutlich. Wenn dort etwa Donald auf ein Ansinnen seiner Neffen mit einem schlichten "No!" antwortet, wird daraus im deutschen ein gewichtiges, für Donalds Charakter viel aussagekräftigeres "Mitnichten!" Erika Fuchs über die Funktion dieser Divergenzen: "So spricht man nur in der Klassik, das stimmt schon. Aber, ich habe ja versucht, die Personen sprachlich zu unterscheiden als Vertreter von einer bestimmten Klasse, oder sagen wir Schicht lieber, und Generation. Und so redet eben Onkel Dagobert sehr korrekt, mit jedem Konjunktiv, auch noch mit dem Dativ, wenn es sein muß, mit dem echten Genitiv, mit sehr vielen Sprichwörtern, sehr autoritär auch. Während Donald, der ja eigentlich keinen Erfolg im Leben hat, der wetzt das so etwas aus, dadurch daß er sehr blumig spricht, und, etwas hoch gesprochen, auch poetisch wird. Und die Kinder sprechen Alltagssprache. Und das habe ich mir so allmählich, nicht von Anfang an, so allmählich habe ich mir das ausgedacht, daß man dadurch die Sache bereichern könnte. Das ist ja im Englischen, oder zumindest im Amerikanischen eigentlich nicht so möglich, weil da eigentlich jeder im selben Stil spricht, ich meine, Wissenschaftler natürlich etwas gehobener, aber die Unterschiede sind nicht so groß wie bei uns."

    Der Fuchssche Text fügt dem Barkschen Bild eine Dimension hinzu, die im Original nicht vorhanden ist - gerade darin liegt paradoxerweise das Verdienst der Übersetzerin Erika Fuchs. Entstanden ist so ein spezifisch deutscher Donald, einer, der sich müht und abstrampelt, ohne je auf einen grünen Zweig zu kommen, und seine frustrierten Ambitionen durch hohltönendes Bildungspathos tarnt: die Ente als verkappter Spießer, der sich in Momenten existentialistischer Sinnkrisen schon mal als "ein Niemand, der allernichtigste Niemand in ganz Entenhausen" bezeichnet.

    Das Phänomen Donald Duck ist nicht zuletzt ein sprachliches. Verbstämme wie "Würg", "Kicher", "Gähn" sind in die Jugendsprache eingegangen, doch umgekehrt fließen Neologismen aus dieser Jugendsprache nur selten in die Fuchsschen Übersetzungen ein. Erika Fuchs hat die Sprache Donald Ducks nicht Jugendlichen abgelauscht, sondern orientiert sich eher an der Sprache des Bildungsbürgertums, woraus sich auch der leicht nostalgische Charme erklärt, den ihre Texte heute besitze.

    Diese Sprache des Bildungsbürgertums ist Erika Fuchs' ureigene Sprache. Die eigentliche Quelle ihrer Inspiration liegt in ihrer Biographie. Schon ihr Geburtsort in Pommern, Belgard an der Persante, klingt wie einer ihrer fiktiven Ortsnamen, wie Kummersdorf oder Quakenbrück an der Schnatter. Als einziges Mädchen auf einem Knabengymnasium in Belgard und später während des Studiums in London, München und Genf wächst Erika Fuchs noch in jener Bildungstradition auf, die sie später in ihren Comic-Texten karikiert. Mit dem Übersetzen beginnt sie schon während der dreißiger Jahre, damals noch für die Schublade, hauptsächlich Klassiker der englischen Literatur wie Dickens oder George Eliot. Nach dem Studium heiratet sie, ihr Ehemann ist Ingenieur und Erfinder, vielleicht ein Vorbild für Daniel Düsentrieb.

    Als ich in dem Wohnzimmer mit den Biedermeier-Möbeln auf die Nazi-Zeit zu sprechen komme, wird Erika Fuchs energisch. Darüber will sie reden, gerade jetzt, wo sich die alten Nazis wieder aus ihren Schlupfwinkeln hervorzutrauen scheinen. Am meisten beschäftigt sie der blinde Fanatismus und bedingungslose Endsieg-Glaube der Deutschen von damals: "Wie Paris gefallen war, da waren bestimmt die berühmten 98 Prozent dafür. Aber ganz bestimmt, wenn sie's auch heute ableugnen. Da hatte man kaum noch jemand, der darüber unglücklich war, gab's nicht, gab's nicht. Wir haben doch alle mitgemacht. Und diese ganzen Leute, ich hab die doch gesehen, nach so großen Fliegerangriffen, die standen mit ihrem letzten Plüschsessel auf der Straße - stumm! Kein Wort fiel. Jeder hat bis zum Schluß seine Pflicht erfüllt. Was sie sich dabei gedacht ... Also ich will nicht behaupten, daß ich ein Widerstandskämpfer war, das war ich absolut nicht, aber ich habe auch unter gar keinem Druck gestanden, wir hatten da Glück. So ein Erfinder ist ja immer ein etwas spinnerter Mann, und uns hat keiner belästigt. Wir konnten tun, was wir wollten."

    Ob Sie mit Ihrer Übersetzerarbeit eine pädagogische Absicht verbinde, will ich wissen. Schließlich propagiere Barks in seinen Bildgeschichten doch eine typisch amerikanische Form von knorrigem Individualismus, ein Mißtrauen gegen jede Autorität und alles, was sich in Amt und Würden kleide. Erika Fuchs denkt einen Moment nach, schickt voraus, daß es ihr nie um den erhobenen Zeigefinger gegangen sei. Wenn die Kinder sich von ihrer Lust an der Sprache anstecken ließen und merkten, wie vergnüglich Sprache sein könne, wäre das schließlich schon viel - der Deutschunterricht in der Schule sei ja meistens nicht so amüsant. Als Beispiel für eine didaktische Wirkungsabsicht nennt sie dann aber doch eine klassische Carl-Barks-Geschichte: "Diese Geschichte >>Der Goldene Helm <<, der lag mir besonders am Herzen, es ist ja die Geschichte, daß jederm der diesen Helm, den einmal Olaf der Blaue oder irgendein alter Norweger versteckt hat, und gleichzeitig ein Dokument sich hat unterschreiben lassen von damals allen Fürsten der Welt, daß wer diesen Helm hat, ist Kaiser von Amerika, und das ist nie aufgehoben worden. Nun wird dieser Helm gesucht, und wer ihn hat und wer ihn im Besitz hat, der schnappt sofort über und wird also durch die Macht einfach halb verrückt. Und, ich habe da dann immer geschrieben: 'Er kriegt ein kaltes Glitzern in den Augen und ergreift die Macht.' Das habe ich also extra gemacht, diesen Ausdruck aus dem Dritten Reich, weil ich mir in meiner Harmlosigkeit dachte, wer also da mal in seiner Jugend gesehen hat, wie gefährlich die Macht ist und wie verrückt die Leute damit werden, der wird niemals darauf reinfallen. Das ist sicher ein frommer Traum."

    Auch wenn sich Erika Fuchs über die Wirkung solcher Parabeln keine Illusionen macht, Einfluß auf die Sprache und damit auf das Denken ihrer Leser hat sie mit ihren Übersetzungen zweifellos genommen. In Entenhausen hat die Zeit zwar ihr Recht verloren, es gibt kein Altern und keinen Tod, doch dies bedeutet nicht, daß die Geschichten frei von aktuellen Bezügen sind. So taucht einmal etwa ein "Verbandsideologe" unter den Gangstern der Panzerknacker AG auf und ermuntert seine Kumpane, sich "in den Besitz der Produktionsmittel" des Kapitalisten Dagobert Duck zu setzen. Kein Wunder, daß die deutsche 68er-Bewegung sich neben Karl Marx auch an Carl Barks orientierte und Donald zu ihrem Helden erkor: zählte dieser von seinem schwerreichen Industriellen-Onkel bis aus Blut geschundene Enterich nicht zu den Verdammten dieser Erde? War Donald nicht die ausgebeutete "Underduck" schlechthin?

    Erika Fuchs über die Reaktionen auf solch politische Bezüge in ihren Übersetzungen: "Das ist mir immer vorgeworfen worden, mit der Enteignung der Produktionsmittel. Es hat sich da um ein Schiff gehandelt, das sollte also ein Scherz sein. Die Panzerknacker sind ja keine Linken, es sind wirklich einfache Gangster, nicht so furchtbar böse. Aber daß dieser Wahnsinnsreichtum von Onkel Dagobert dazu reizt, da ein bißchen was abzuzweigen, das ist ja sogar verständlich. Und es ist auch die ausgleichende Gerechtigkeit für einen reichen Mann, daß er da wenigstens Angst um seinen Reichtum haben muß - das muß so sein. Ich habe auch mal das Wort Gewerkschaft mal benutzt, und kriegte daraufhin einen Brief von einer Schulklasse, daß sie solche Worte in der Mickymaus nicht hören wollten. Also einen Brief, der ganz offensichtlich von der Lehrerin diktiert war. Ich habe ihnen dann geschrieben, also ihr lebt in einer Gesellschaft, da gibt es Leute, die geben Arbeit, es gibt Leute, die nehmen Arbeit. Beides sind in einem Verband, in dem Verband der Arbeitgeber und der der Arbeitnehmer heißt Gewerkschaft. Eure Lehrer haben auch einen Verband, die sind im Lehrerverband, und es gibt noch mehr Verbände. Und nu fragt mal euren Lehrer in Sozialkunde, laßt euch das alles genau erklären, wissen müßt ihr das auf jeden Fall."

    Zum Abschied zeigt mir Erika Fuchs ihr Arbeitszimmer. Ein kleiner Raum im ersten Stock, der große Ahorn steht direkt vor den Fenstern, so wirkt das Büro fast wie ein Baumhaus. Neben Bücherregalen mit ledergebundenen Ausgaben deutscher Klassiker steht ein schmaler Schreibtisch. Der soll demnächst zusammen mit ihrem abgegriffenen Lexikon in einem Münchner Museum ausgestellt werden. Eigentlich habe sie mit achtzig aufhören wollen. Doch jetzt übersetze sie wieder, bisher noch nicht auf deutsch erschienene Geschichten von Carl Barks für eine auf hundert Alben angelegte Neuausgabe seiner Werke. Die Faszination an der Sprache lasse sie eben nicht los, aber mühsam sei es schon. Wissen Sie, sagt sie mir an der Tür, einen leichten Text zu schreiben ist harte Arbeit.

    O-Ton: Besuch bei Dr. Erika Fuchs

    fuchs.ram