Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Ein Schlupfloch in der Abofallen-Regelung

Mit einer Gesetzesänderung im vergangenen Sommer, der sogenannten "Button-Lösung", sollten Kostenfallen im Internet bekämpft werden. Doch die Anbieter dieser vermeintlichen Schnäppchen-Seiten haben sich nun offenbar eine neue Masche einfallen lassen.

Von Stefan Römermann | 11.01.2013
    In der Vergangenheit funktionierte der Trick mit den Abofallen in der Regel so: Auf Internet-Seiten mit vermeintlich kostenlosen Inhalten wie Kochrezepten, Routenplanern oder auf Portalen mit eigentlichen kostenloser Software wurden die Benutzer aufgefordert, sich zu registrieren, damit sie auf die Seite zugreifen können. Nur wer ganz genau hinschaute, konnte irgendwo versteckt im Kleingedruckten einen Hinweis auf dann angeblich fällige Abogebühren finden, erklärt Simone Meisel von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt.

    "Man musste regelmäßig erst die Seite runter scrollen, man musste in den sogenannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen nachlesen, die man dann ja erst aufklicken musste. Das machen die wenigsten Verbraucher. Das wissen ja auch die Anbieter. Und dort, ganz versteckt waren dann die Angaben zu Preisen und anderen Bedingungen, also die den Vertrag ausmachen sollten."

    Im vergangenen Sommer wurden deshalb die Vorschriften über die Preisauszeichnung im Internet verschärft – und ein deutlich beschrifteter Button vorgeschrieben.

    "Jetzt muss für den Verbraucher ganz klipp und klar beim letzten Klick, wenn ich also tatsächlich dieses Vertragsverhältnis im Internet eingehe, sichtbar sein, dass es sich um einen kostenpflichtigen Vertrag handelt. Das muss so auch auf diesem Button ausgeschrieben sein. Sodass ich als Verbraucher tatsächlich weiß: Hier kommen Kosten auf mich zu. Und darüber muss ich natürlich vollumfänglich und transparent belehrt worden sein."

    Eigentlich sollte damit das Thema Abofallen erledigt sein. Doch einige der Betreiber machen trotzdem weiter. Sie haben ein Schlupfloch in der Regelung gefunden. Denn die strengen Vorschriften gelten nur für Geschäfte, die mit Verbrauchern abgeschlossen werden. Und so haben sich die Abzocker nun offenbar auf sogenannte Großhandelsplattformen oder Business-to-Business-Portale spezialisiert, die sich ausdrücklich an Firmen und Gewerbekunden richten, erklärt Verbraucherschützerin Meisel.

    "In dem Augenblick aber, wo man vorgibt, sich hier nur an den Gewerbetreibenden wenden zu wollen, ist man natürlich nicht diesen zwingenden Verbraucherschutzvorschriften unterlegen, als Betreiber dieser Seiten. Und hier vermuten wir ganz stark, dass diese Firmen ganz gezielt Verbraucher auf diese Seiten locken."

    Die Angebote, mit denen die Portale werben, klingen tatsächlich reichlich verlockend: Digitalkameras, Fernseher oder iPhones zum halben Preis oder noch billiger. Doch ob es die günstigen Waren überhaupt gibt ist fraglich. Denn den Anbieter geht es offenbar vor allem um die saftigen Abogebühren, die nach der Registrierung auf den Plattformen verlangt werden. Der Hinweis auf die Kosten ist wieder im Kleingedruckten versteckt. Denn die verbraucherfreundliche Button-Lösung gilt hier nicht.
    Schließlich findet sich auf den Portalen durchaus deutlich lesbar der Hinweis, dass sie sich eben nur an Firmen, Gewerbetreibende und Freiberufler richten. Kontrolliert wird das in der Praxis aber offenbar nicht. Im Gegenteil, die Anbieter hoffen offenbar sogar auf unbedarfte Verbraucher – und schalten gezielt Werbung in privaten Facebook-Profilen und auf ähnlichen Plattformen.

    Rechtsexpertin Ute Jähner von der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau hält solche Methoden für äußerst bedenklich:

    "Denn das soll genau diejenigen, die eigentlich ausgeschlossen sein sollen, doch auf diese Plattformen locken, indem man sie in ihrem privaten Bereich sozusagen erwischt und sie auch als Verbraucher quasi anspricht."

    Verbraucher sollten bei Großhandelsplattformen besser überhaupt nicht bestellen, rät Rechtsexpertin Jähner. Das gilt selbst für die vielen ebenfalls existierenden seriösen Angebote. Bei denen lauern zwar keine Abofallen. Verbraucher die dort bestellen, indem sie beispielsweise einen falschen Firmennamen angeben, verzichten aber ohne Not auf viele vermeintlich selbstverständliche Rechte.

    "Es geht um das Widerrufsrecht, was man als Verbraucher, nicht aber als Unternehmer automatisch hat bei Fernabsatzgeschäften. Es geht darum, bestimmte Gewährleistungspflichten können gegenüber Unternehmern eingeschränkt werden. Gegenüber Verbrauchern nicht. Es ist also eine ganze Palette an Rechten auf die man dann verzichten würde."

    Wer trotzdem in die Abofalle getappt ist, sollte sich Hilfe bei einem Rechtsanwalt oder bei der Verbraucherzentrale suchen. Denn wer bei der Registrierung auf der jeweiligen Webseite nicht gerade bewusst falsche Angaben gemacht hat – kann unter Umständen den Vertragsabschluss nachträglich anfechten.