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Ein unscharfer Begriff

Dem Apple-Konzern ist es gelungen, den Namen seines MP3-Players in einer sprachlichen Neuschöpfung des 21. Jahrhunderts unterzubringen, im Podcast. Dafür musste sich die Marketing-Abteilung des Unternehmens nicht einmal groß anstrengen.

Von Achim Killer | 21.11.2009
    Barbara Rampf, vom kommunikationswissenschaftlichen Institut der Universität München:

    "Angeblich hat den Begriff ein Journalist der britischen Tageszeitung "The Guardian" erfunden namens Ben Hammersley. Der hat ein Kofferwort geschaffen zwischen eben von Apple diesem iPod, der ja für nicht geringes Entgeld erhältlich ist, und dem Wort Broadcasting, das ja so etwas heißt wie 'über Rundfunk ausstrahlen'. Und herauskam dann der Podcast. Es ist allerdings auch immer noch üblich, den Begriff Audio-Blogging zu verwenden. Der wird vor allem verwendet von Personen, die das ganze nicht so sehr in Bezug zu Apple sehen wollen. Da Apple ja nicht der Erfinder der Podcasts ist."

    Gerade mal sechs Jahre ist der Begriff mittlerweile alt und schon meint er etwas Anderes als noch zu Beginn.

    "Also wissenschaftlich gesehen oder ursprünglich gesehen, macht das Podcasting ja aus, dass man es abonnieren kann, dass man nicht auf eine Web-Site gehen muss, nach neuen Folgen suchen und Sachen dort herunterladen. Inzwischen und etwas schwammiger oder auch schlampiger hat sich der Begriff dahingehend entwickelt, dass man es als Internet-Fernsehen oder Internet-Radio sieht. Wenn ich also Internet-Radio nicht live höre, dann wird das häufig schon als Podcasting verstanden."

    Ben Hammersley, der Erfinder des Worts Podcasting, Tristan Louis – er hat die Technik konzipiert – und Adam Curry, der bekannteste Podcaster der Anfangszeit, sie alle sind Journalisten. Sie müssen laufend publizieren. Ihr Medium ist der Blog, die ständig aktualisierte Internet-Publikation. Podcast ist denn auch ein Begriff aus der Welt des Web 2.0, wo Aktualisierungen über einen Newsfeed abonniert werden. Das Abonnement bildet deshalb ein wesentliches Element des von Tristan Louis entwickelten Podcast-Konzepts. Erhalten hat sich dieser Aspekt im Podcatcher, dem Software-Werkzeug, um Podcasts herunterzuladen. Denn dies geschieht, genau genommen, nicht dadurch, dass man rechts klickt und dann "speichern unter..." wählt.

    "Ein Podcatcher, oder auch Podcast-Client genannt, ist ein spezielles Programm, das automatisch nach neuen Ausgaben des abonnierten Podcasts sucht und gegebenen Falls die dann herunter lädt. Der Vorteil des Ganzen ist, dass man immer auf dem aktuellen Stand bleibt, ohne jede einzelne Ausgabe suchen und herunterladen zu müssen, beispielsweise gibt’s da Programme wie den Jpodder oder auch Mediaplayer wie iTunes, die auch einen Podcatcher beherbergen."

    Barbara Rampf untersucht gerade im Rahmen ihrer Dissertation, wie sich das Verhalten von Podcast-Konsumenten und –Produzenten im Lauf der Zeit geändert hat. Nicht nur das Wort hat einen Bedeutungswandel erfahren. Es werden mittlerweile auch ganz andere Files zum Download angeboten – mit oder ohne Abo. Und es sind nicht mehr in erster Linie Einzelpersonen, die regelmäßig Multimedia-Dateien ins Netz stellen, sondern große Unternehmen und Institutionen. Die Szene ist kommerzieller geworden. Und die Zeit der Pioniere des Audio-Bloggings ist bereits Teil der Geschichte des Web 2.0.

    "Zunächst war Podcasting ja Audio-Podcasting, angefangen mit Adam Currys Audio-Blog, seiner Audio-Kolumne. Inzwischen ist es so, dass es immer mehr professionelle Angebote gibt. Es gibt vor allem immer mehr Video-Angebote. Wenn man vom 13.11.2009 die Top-20-Podcasts in iTunes ansieht, dann hat man da 19 Video-Angebote und nur einen Audio-Podcast dabei. Das sah vor einem Jahr oder vor zwei Jahren noch ganz anders aus. Dort waren es in erster Linie noch Audio-Angebote und auch private. Angefangen hat es ja als Kolumne, als privates Tagebuch. Die Produzenten gibt es heute auch noch. Aber das meiste ist eine Art Zweitverwertung von bereits gesendetem Material aus Radio und Fernsehen."