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Ein zarter Hauch des Optimismus

Die Zeitungsverlage stecken in einer Krise. Die gedruckten Ausgaben verzeichnen sinkende Auflagenzahlen und rentable Bezahlmodelle für das Internet sind nicht in Sicht. Auf dem Zeitungskongress in Dresden gab man sich aber dennoch optimistisch.

Nadine Lindner im Gespräch mit Sina Fröhndrich | 17.09.2013
    Seiten umblättern, mit der Maus runterscrollen oder mit dem Zeigefinger über den Bildschirm wischen. So lesen wir heute. Wir lesen nicht mehr nur auf gedrucktem Papier, sondern auf dem Bildschirm oder dem Tablet. Wer das als erstes bemerkt hat, das sind vor allem die Zeitungen. Sie verlieren Leser. Hat die Zeitung noch eine Zukunft? Darüber haben die Verleger zwei Tage lang in Dresden diskutiert. Unsere Kollegin Nadine Lindner hat das verfolgt.

    Fröhndrich: Frau Lindner, wie sehen das die Verlage, bleibt die Zeitung auch in Zukunft auf dem Frühstückstisch?

    Lindner: Die Zeitung bleibt. Die Frage ist eher, ob es eine Zeitung aus Papier sein wird oder ob nicht Tablets oder Smartphone neben der Kaffeetasse liegen. Das Interesse der Leser an den Inhalten ist nach wie vor hoch. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger Helmut Heinen hat noch mal betont: Rund 70 Prozent der Deutschen hätten jeden Tag mit der Zeitung zu tun, die Glaubwürdigkeit im Vergleich zum Fernsehen etwa sei hoch. Aber: Die Nutzung wandle sich. Ein Silberstreif am Horizont: die steigenden Zahlen für Abonnements für E-Paper. Das Interesse sei also da, die Bereitschaft dafür zu zahlen auch. Die Printbranche hatte in den letzten Monaten mit der Einstellung der Financial Times Deutschland und dem Verkauf der Frankfurter Rundschau für viele negative Schlagzeilen gesorgt - in Dresden zeigte sich nun ein Fan, Bundespräsident Joachim Gauck:

    O-Ton Joachim Gauck: "Ich wage heute mal den Satz, die Zeitung hat eine Zukunft. Ihre Form mag veränderlich sein. Aber ihre Rolle für ein tieferes Verständnis und die Weiterentwicklung unserer Demokratie kann und sollte konstant bleiben."

    Fröhndrich: Wie will man künftig mit Printjournalismus Geld verdienen?

    Lindner: Eine Strategie: die Paywall, die Bezahlschranke für Inhalte im Netz. Ein Vorreiter ist die Axel Springer AG, die schon seit einiger Zeit konsequent als Multimedia-Haus aufgestellt wird. Jedoch merken einige kleine Verleger zu Recht an, dass bei ihnen weder die Redakteure noch die Leser so weit seien, diese Angebote auch zu nutzen. Lutz Schumacher vom Nord-Kurier aus Neu-Brandenburg sagte, in Pasewalk im Aldi relativiert sich einiges und Sie bekommen die Bodenhaftung wieder. Weiteres Stichwort: Videos auf den Seiten. Eine Gastrednerin der New York Times erwähnte, dass Verlagshäuser ins Tagungs- und Eventgeschäft einsteigen könnten. Ob Online oder Event, die Zeitungshäuser müssen nach dem Einbruch des Printwerbemarktes ihre Einnahmequellen diversifizieren. Prinzipiell zeichnet sich ab, dass viele Verleger einsehen, dass für das wirtschaftliche Überleben nicht nur eine Sparrunde auf die nächste folgen kann. Sondern dass die Leser auch lokale gut geschriebene, fundierte Analysen haben wollen. Und das kostet Geld.

    Fröhndrich: Stiftungsmodell oder Crowdfunding - sind das Modelle, auf die die Verleger setzen?

    Lindner: Es wurde auch über Crowdfunding - das Einsammeln von Geld über Ideenbörsen im Internet - diskutiert. Aber es wurde schnell klar: Das könne nicht funktionieren. Wie solle es gehen, dass Verlagshäuser Crowdfunding betreiben und andererseits Rendite ausschütten? Auch Stiftungsmodelle werden mit Blick auf die Meinungsfreiheit kritisch gesehen. Prinzipiell wehte durch die Hallen ein zarter Hauch des Optimismus. Man blickt aufgeschlossen in die Zukunft, spricht sich Mut zu. Man versucht, gerade bei den Internet-Angeboten eine offene Kultur zu entwickeln, auch Nachwuchskräften eine Chance zu geben. Nach den Negativschlagzeilen will man jetzt wieder neues Selbstbewusstsein zeigen.