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Eine Bank im grünen Bereich

Die Finanzkrise hält in diesen Tagen die Banken in Atem, doch es gibt auch Orte der Ruhe in diesen stürmischen Zeiten. Einer davon ist die GLS Bank in Bochum. GLS steht für Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken und schon das zeigt: die GLS Bank ist keine normale Bank. 1974 gegründet liegt ihr Schwerpunkt auf der Finanzierung von ökologischen, sozialen und kulturellen Projekten: Walddorfschulen und -kindergärten, Ökobauernhöfe, Wohnprojekte, um nur einige zu nennen. Mit all dem wurden die Bochumer Banker lange belächelt. Heute werden sie, die auf jegliche spekulativen Geschäfte schon immer verzichtet haben, beneidet.

Von Klaus Deuse | 10.10.2008
    Das dreistöckige Gebäude in Bochum hat auf den ersten Blick nichts mit einer herkömmlichen Bank gemein. Weit und breit kein Geldautomat, keine Werbung für einen lukrativen Kredit, keine edel verglaste Schalterhalle in Sicht. Stattdessen sticht an der Fassade ein großformatiges Transparent ins Auge, auf dem unter anderem steht:

    "Mach Geld zu deinem Gott - und es wird dich plagen wie der Teufel."

    Ein Zitat des Schriftstellers Henry Fielding. Oder ein anderes von Henry Ford.

    "Ein Geschäft, das nichts als Geld verdient, ist kein gutes Geschäft."

    Und natürlich fehlt auch kein Kerngedanke von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie. Und der lautet: Geld ist realisierter Geist. Hinter diesem zitatgespickten Transparent befindet sich der Hauptsitz des größten ethisch-ökologischen Geldinstituts der Republik, der GLS, der Gemeinschaftsbank, deren Geschäftsphilosophie auf einem, wie es GLS-Sprecher Christoph Lützel formuliert, sozial verantwortlichen Umgang mit Geld basiert.

    "Wir wollen ganz realistische Bankgeschäfte machen. Wir kennen die meisten unserer Kreditnehmer noch wirklich auch persönlich. Wir würden die nicht, wie bei der Subprime-Krise gesehen worden ist, verkaufen, zu irgendwelchen Paketen schnüren und weitergeben. Sondern wir haben Einlagenkunden, und das Geld der Einlagenkunden geben wir an unsere Kreditnehmer weiter, und das sind alles wirklich sinnvolle, ökonomische und soziale Projekte."

    Eine Bank, die in diesen Tagen als sprichwörtlich sichere Bank aus dem Rahmen fällt. Das jedoch, so Vorstandsprecher Thomas Jorberg, nicht erst seit heute:

    "Jegliche spekulativen Geldgeschäfte, ob das nun Derivate, ob das nun Kreditverbriefungen oder was auch immer sind, machen wir nicht."

    Aufgrund dieser Geschäftspolitik ist die GLS auch von der internationalen Finanzkrise verschont geblieben. Thomas Jorberg:

    "Das Problem entsteht dort, wo eigentlich Banker und Finanzmarktaktive nicht mehr realwirtschaftliche Vorgänge finanzieren, sondern nur spekulativ mit Geld Geld verdienen wollen. Und genau das hat zu der Krise jetzt geführt, die ja zeigt, dass diese Art mit Geld Geld zu verdienen, sowieso sozialen und ökologischen Fragen nicht gerecht wird. Aber eben auch nicht mehr wirtschaftlich ist."

    Ihre anthroposophischen Wurzeln als Nischenbank aus den Gründerjahren will die GLS nicht verschweigen, doch sie ist mit ihrer Geschäftsphilosophie des sozial verantwortlichen Umgangs mit Geld auf immer breitere Kundenakzeptanz gestoßen und in den Markt gewachsen. Christoph Lützel:

    "Wir haben 2003 die Ökobank übernommen. Die Ökobank war ja sehr alternativ, ökologisch und auch links politisch gesehen ausgerichtet, hatte mit Anthroposophie auch nichts zu tun. Wir haben jetzt in München mit der Integra-Bank eine katholische kleine Kirchen-Bank aufgekauft. Also wir haben ein ganz breites Spektrum."

    Mochte die GLS auch vormals von den Großbanken belächelt worden sein, mittlerweile weist sie ein Bilanzvolumen von über einer Milliarde Euro aus. 120 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Gewinne die über die Personal- und Sachkosten und Rücklagenbildung hinausgehen, werden in Form von günstigen Krediten in gemeinnützige Projekte weitergegeben. Mit Filialen in Berlin, Hamburg, Frankfurt, Freiburg, München und Stuttgart betreut die Bank über 60.000 Kunden. Kunden, die ganz spezielle Angebote suchen, wie Anlageberaterin Christine Bartsch resümiert:

    "Für viele ist es auch der Punkt, dass sie bestimmte Dinge nicht wollen. Das heißt, sie wollen nicht, dass das Geld in die Rüstung fließt oder auch in die Gentechnik zum Beispiel. Das ist auch ein sehr wichtiges Thema. Der andere Punkt ist der, dass viele auch schlechte Erfahrungen gemacht haben mit der Gier, sag ich mal. Und die sagen sich dann, nehme ich lieber ein paar Prozent mehr Zinsen nur als jetzt ein großes Versprechen an Gewinnen, das dann nachher gar nicht mehr stattfindet."

    Die GLS bietet ihren Kunden zwar branchenübliche Zinsen, aber auch die Möglichkeit, darauf zu verzichten.

    "Und das heißt natürlich, dass wenn der Anleger auf Zinsen verzichtet, dass der Zins erst gar nicht entstehen muss. Und das ist auch für die gesamte Wirtschaft ein interessanter Ansatz. ..Wobei das keine Subvention für uns als Bank ist, sondern wir reichen das direkt weiter an gemeinnützige Objekte."

    Unter diesem Aspekt des sozial verantwortlichen Umganges mit Geld vertrauen Kunden wie Kunsttherapeutin Johanna Sandau ihr Geld auch bewusst der GLS an. Wie schon deren Eltern.

    "Ich muss jetzt nicht mit meinem Geld noch viel mehr Geld machen. Das muss reichen - und das muss gut angelegt sein."

    Gut angelegt heißt im Fall der GLS, die Verantwortung für das arbeitende Geld nicht anonym abzugeben. Johanna Sandau:

    "Ich kann auch ganz bewusst entscheiden, für was mein Geld verwendet wird. Und das war mir ganz wichtig."

    Denn die GLS vergibt keine günstigen Kredite für den Kauf eines teuren Cabrios oder einer erlesenen Eigentumswohnung. Christoph Lützel:

    "Typische Projekte der GLS Bank sind Schulen. Das können freie Schulen sein, Waldorf-Schulen, Montessori-Kindergärten, Montessori-Schulen, das können heilpädagogische Einrichtungen sein in ganz Deutschland. Das kann die ökologische Landwirtschaft sein. Wir sind ganz stark im Bereich der regenerativen Energien. Die GLS hat den ersten Windkraftfond aufgelegt Ende der 80er Jahre. Wir sind im Wohnbereich, sowohl Wohnprojekte als auch Altenwohnungen in der Finanzierung sehr stark. Alle eint, dass es soziale, ökologisch nachhaltige Projekte sind."

    Projekte aber auch, die einen realen Wert darstellen und sich überprüft wirtschaftlich rechnen. Denn zu verschenken hat auch die GLS Bank nichts. Sonst wäre das jährliche Wachstum von über 20 Prozent nicht zu erklären. Insofern blickt die GLS angekündigten Richtlinien des Gesetzgebers für das Bankgewerbe beruhigt entgegen, da sie bislang schon fernab des spekulativen Turbo-Kapitalismus solide Erträge erwirtschaftet hat.