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Eine Intervention mit Hintergedanken

Frankreich hat Mali mit Truppen unterstützt und so die islamistischen Aufständischen dort besiegt. Der Krieg war ein Erfolg für Präsident François Hollande und hat seine Beliebtheit bei der eigenen Bevölkerung gesteigert. Ganz uneigennützig war der Einsatz in dem afrikanischen Land aber nicht.

Von Christiane Kaess | 26.07.2013
    Am Nationalfeiertag, dem 14. Juli, war Mali Ehrengast. Auf der Bühne vor der traditionellen Militärparade saß neben Präsident François Hollande der malische Übergangspräsident Dioncounda Traoré. Das Défilé eröffneten malische Soldaten. An erster Position der malische Oberst Elysée.

    "Wir sind natürlich stolz und wir freuen uns, dass wir hier sein können neben unseren französischen Brüdern. Wir sind seit Januar mit den französischen Soldaten zusammen und haben gekämpft. Unser Land ist dabei, sich zu stabilisieren – und jetzt ist der Moment zum Feiern."

    Das sieht auch die französische Regierung so. Seit Monaten kommt sie im eigenen Land nicht aus dem Umfragetief heraus. Mit der Intervention in Mali kann sie zumindest einen militärischen Erfolg verbuchen. Präsident François Hollande wiederholt es immer wieder:

    "Die Operation Serval hatte ein Ziel: Mali von der Macht der Terroristen zu befreien. Dieses Ziel haben wir erreicht."

    Spätestens seit der Rebellion der Tuareg gegen die malische Regierung Anfang 2012 fürchtete die Regierung in Paris um die Sicherheit der eigenen Landsleute. In der Region werden mehrere französische Geiseln festgehalten, etwas 7000 Franzosen leben in Mali. Vor allem aber soll es Versuche der dschihadistischen Terrorzellen aus der Region gegeben haben, in Frankreich selbst Fuß zu fassen, wo eine große malische Gemeinschaft lebt, erklärt Roland Marchal vom politikwissenschaftlichen Institut Science Po.

    "Die Franzosen hatten große Sorge, dass das, was sich im Norden Malis entwickelt hatte, auch Konsequenzen für den Süden des Landes haben würde, wo der Großteil der Bevölkerung lebt. Sie befürchteten, dass sich die islamistischen Gruppen in ganz Mali verwurzeln würden, mit Perspektiven für die Region, die extrem gefährlich waren für die Sicherheitsinteressen und die wirtschaftlichen Interessen Frankreichs – und nicht nur die von Frankreich, sondern auch der USA, der westlichen Welt und der Chinesen – überall."

    Möglich westliche Partner wollten sich an dem Kampfeinsatz dennoch nicht beteiligen. Aber die Einschätzung in Paris, die Islamisten seien fähig, jede beliebige Stadt in Westafrika einzunehmen, sowie der Hilferuf der malischen Regierung führte schließlich zum Alleingang. Der Großteil der Franzosen stand dahinter. In einem ohnehin schon islamophoben Klima - meinen manchen Analysten - habe man Mitgefühl gehabt für die Bevölkerung Malis, die von den Islamisten unterdrückt wurde. Die noch ungenützten Bodenschätze des Landes, wie Gold, Diamanten oder Kupfer, haben nach Einschätzung von Experten kaum eine Rolle gespielt. Man kenne weder die Kosten, sie zu erschließen, noch den genauen Wert der Rohstoffe, meint auch Roland Marchal.

    "Das sind zu viele Unwägbarkeiten, als dass man dafür ein paar Tausend Männer in so ein Land schickt, so wie Frankreich das im Januar gemacht hat. Es gibt keinen Grund zu glauben, nur weil Frankreich militärisch eingegriffen hat, dass entsprechende Verträge dann auch an französische Gesellschaften gehen würden."

    Allerdings spielt das Uran im angrenzenden Niger ohne Zweifel eine wichtige Rolle. Frankreichs Atomindustrie bezieht dort einen großen Teil dieses Rohstoffes. Also doch die Rückkehr des sogenannten "Franceafrique"? Was als Idee der gegenseitigen Bereicherung nach Ende der Kolonialzeit gemeint war, endete schließlich in korrupten Machenschaften zwischen beiden Seiten. Damit habe die Intervention in Mali nichts zu tun, glaubt der Politologe Marchal. Vielmehr wirft er der französischen Regierung vor, die Wahlen in Mali jetzt zu überstürzen. Das Land sei nicht bereit für den Urnengang. Die Analyse der regierenden Sozialisten zur Situation in Mali sei zu oberflächlich gewesen – sie hätten keine politische Strategie. Typisch findet Marchal das für das französisch-afrikanische Verhältnis.

    "Heute gibt es keine Politiker, die fähig wären, eine gemeinsame Vision über ausgeglichene Beziehungen mit den ehemaligen Kolonien zu skizzieren. Das wirft man uns in Afrika stark vor. Andererseits beschuldigt man uns vor, nur unseren wirtschaftlichen Interessen nachzugehen. Aber vielleicht verteidigen wir manchmal auch andere Interessen als nur die sehr egoistischen des französischen Staates oder der Wirtschaft."