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Eine nicht ganz bedingungslose Bruderliebe

Vor zwei Tagen trafen Nordkoreas Machthaber Kim Jong-il und ein führender chinesischer Außenpolitiker zusammen - Ergebnisse sind nicht bekannt. Doch wer das Verhältnis zwischen China und Nordkorea verstehen will, muss auf die Landkarte und in die Geschichte blicken.

Von Martin Fritz | 11.12.2010
    Auf der Landkarte ist Nordkorea aus chinesischer Sicht ein Pufferstaat zu Südkorea. Dort stehen fast 40.000 US-Soldaten als wichtigster Vorposten von Washington direkt am Gelben Meer. Dieses Gewässer wird vom Reich der Mitte als sein alleiniges Einflussgebiet reklamiert. Fällt das Regime in Nordkorea, könnte sich das Machtgefüge in der Region zu Pekings Ungunsten verschieben. Nach einer koreanischen Wiedervereinigung stünden womöglich US-Soldaten direkt an der chinesischen Grenze. Bricht in Nordkorea Hunger oder Chaos aus, droht eine Massenflucht über den Yalu-Fluss nach China.

    Auch der Blick in die Geschichte ist lehrreich. Die Freundschaft zwischen China und Nordkorea wurde vor 60 Jahren mit viel Blut besiegelt. Rund eine Million Chinesen starben beim Kampf gegen die US-geführten Truppen der Vereinten Nationen, als sie im Korea-Krieg das Regime von Kim Il-Sung, dem Vater des heutigen Führers Kim Jong-il, vor dem Untergang retteten. Mao Zedong, Gründer der Volksrepublik China, opferte in dem Feldzug seinen Sohn Anying. Seitdem sind Nordkorea und China so eng verbunden wie Lippen und Zähne, wie die Propaganda tönt. China ist heute auch Nordkoreas wichtigster Handelspartner.

    Glücklich ist Peking mit seinem Nachbarn jedoch nicht. So will Nordkoreas Führer Kim aus Angst vor Kontrollverlusten seine Wirtschaft einfach nicht chinesischem Vorbild reformieren. Dadurch gerät sein Land ökonomisch immer mehr ins Hintertreffen. Auch die nordkoreanischen Atomprogramme sind für China ein echtes Ärgernis. Deswegen könnten sich auch Südkorea, Japan und Taiwan nuklear bewaffnen. China wäre nicht mehr die einzige Atommacht in Ostasien.

    Peking muss Pjöngjang die Treue halten, um das Regime überhaupt beeinflussen zu können. Wirtschaftshilfe ist dabei das wichtigste Argument. Doch Kim macht, wie die jüngsten Geschehnisse zeigen, trotzdem, was er will.