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Eine nur noch kleine Truppe

Die Wehrpflicht ist ausgesetzt, der Bundeswehr fehlt es an freiwilligem Nachwuchs. Der einstige Werbeslogan "Eine starke Truppe" hat sich in wenigen Jahren arg relativiert. Morgen will Verteidigungsminister Thomas de Maizière die Eckpunkte seiner neuen Bundeswehrreform bekannt geben - ein Mammut-Projekt.

Von Rolf Clement und Andre Zantow | 17.05.2011
    "Wahr ist, dass die Bundeswehr seit Jahren strukturell unterfinanziert ist. Wahr ist auch, dass das Ministerium so nicht führbar ist. Es hat immer Teilreformen gegeben, jetzt müssen wir vom Grund auf ran."

    Thomas de Maizière spricht selten so klar aus, wie es um die Bundeswehr steht. Der neue Verteidigungsminister wägt seine Worte in der Regel genau ab – formuliert vorsichtig. Er will sich nicht zu weit vorwagen. Denn Thomas de Maizière weiß um sein Mammutprojekt. Morgen will er die Eckpunkte der neuen Bundeswehrreform bekannt geben.

    Die Umbildung der Streitkräfte ist eines der wichtigsten Vorhaben der Regierung Merkel in dieser Legislaturperiode. Deswegen hat Kanzlerin Angela Merkel für den als Schleudersitz geltenden Posten des Verteidigungsministers einen engen Vertrauten gewählt. Die beiden kennen sich seit den Wendetagen 1990 in Berlin. Damals sorgte Thomas de Maizière dafür, dass die junge Polit-Aktivistin Angela Merkel in das Presseteam seines Cousins Lothar aufgenommen wurde – dem letzten Ministerpräsidenten der DDR.

    Als Bundeskanzlerin revanchierte sie sich. Angela Merkel berief Thomas de Maizière zum Chef des Kanzleramtes, dann des Innenministeriums und jetzt ins Verteidigungs-Ressort. De Maizière kennt sich also aus mit großen Verwaltungen. Bei der Bundeswehrreform wird er unter größter öffentlicher Beobachtung stehen.

    Für diese Aufgabe bringt er neben der politischen Erfahrung aus mehreren Ministerämtern in der sächsischen Landesregierung und den beiden Stationen in der Bundesregierung auch ein Erbe mit: Sein Vater, Ulrich war von 1966 bis 1972 Generalinspekteur der Bundeswehr. Als ranghöchster Soldat im Land hat er die Bundeswehr in den 1950er- und 60er- Jahren mit aufgebaut und sich über alle Parteigrenzen hinweg Ansehen erworben. Ähnliches hat nun auch sein Sohn vor.

    Die Bundeswehr hat seit ihrer Aufstellung 1955 zahlreiche Reformen erlebt. Aber eines hat sich bis heute nicht geändert: Jede Entscheidung fußt auf zwei Sätzen des Grundgesetz-Artikels 87a:

    "Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben."

    Die Bundeswehr ist also als reine Verteidigungsarmee konzipiert. Der Verteidigungsbegriff hat sich vor allem seit 1990 gewandelt. Während des Kalten Krieges dienten die deutschen Streitkräfte im NATO-Verbund vor allem der Abschreckung: Die Warschauer-Pakt-Staaten sollten erkennen, dass ein Angriff auf das NATO-Gebiet einen sehr hohen Preis kosten und einen ungewissen Ausgang haben würde. Für diesen Auftrag bedurfte es einer hohen Militärpräsenz. Deswegen kletterte die Truppenstärke auch zeitweise auf 500.000 Mann.

    Nach dem Fall der Mauer bekam die Bundeswehr eine neue Aufgabe. Erstmals wurde sie 1993 unter dem Dach der UNO – mit dem Auftrag, die UN-Friedenstruppen in Kambodscha medizinisch zu unterstützen - im Ausland eingesetzt.

    Solche Aufträge – beschlossen durch UNO und NATO, durchgeführt gemeinsam mit anderen Staaten – bestimmen bis heute das öffentliche Erscheinungsbild der Bundeswehr. Als Bündnisarmee muss sie in internationalen Organisationen ihren Beitrag leisten können. Denn nicht zuletzt sind die Streitkräfte eines der wichtigsten Instrumente der Außen- und Sicherheitspolitik.

    Denn auch für die Bundesrepublik gilt: Will sie außenpolitisch handlungsfähig bleiben, muss sie sich aktiv einbringen können. Ein auf Solidarität angelegtes Bündnis wie die NATO garantiert im Bedarfsfall auch die eigene Sicherheit und die Durchsetzung eigener Interessen.

    In den 1990er-Jahren wurden die Auslandseinsätze der Bundeswehr immer umfangreicher. Wirkten deutsche Soldaten zuerst noch als humanitäre Kräfte - oder nach dem ersten Golfkrieg als Minenräumer, beteiligten sie sich im Kosovo-Krieg 1999 schon mit Kampfflugzeugen, die Flugabwehrstellungen der jugoslawischen Luftwaffe ausschalten sollten.

    Eine weitere Aufgabe kam nach den Anschlägen vom 11. September 2001 dazu. Seitdem beteiligt sich Deutschland am internationalen Kampf gegen den Terrorismus. Gegner sind nicht mehr Armeen, sondern extremistische Gruppen.

    "Für die deutschen Soldaten in Afghanistan wird die Lage immer gefährlicher. Wieder sind sie Ziel einer Attacke geworden. Der Angriff begann gegen zwölf Uhr deutscher Zeit, etwa sechs Kilometer nördlich der Stadt Baglan."

    Der Anti-Terror-Einsatz, vor allem in Afghanistan, bildet eine Zäsur in der Geschichte der Bundeswehr. An diese sogenannte asymmetrische Bedrohung musste sie sich erst anpassen. Sie musste parallel gegen Piraten vor der Küste Somalias und gegen Ausbildungslager für Terroristen im Hochgebirge zwischen Afghanistan und Pakistan vorgehen.

    Der damalige Verteidigungsminister Peter Struck brachte den neuen Verteidigungsbegriff auf die griffige Formel:

    "Deutschlands Sicherheit wird auch am Hindukusch verteidigt."

    Diese Formulierung ist neun Jahre alt. Der Anpassungsprozess der Bundeswehr lief seither in kleineren, von aktuellen Einsätzen diktierten Schritten ab. Die nun anstehende Reform soll den Durchbruch bringen. Vielen ist klar: Deutschland benötigt keine große Truppe mehr, die Abschreckung vor allem durch Präsenz in den Kasernen gewährleistet, sondern qualifizierte Kräfte für gefährliche Auslandseinsätze.

    Noch aber steckt die Bundeswehr in verkrusteten Bürokratie-Strukturen, ist für die Einsätze nicht optimal ausgerüstet. Damit ist das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht im Gleichgewicht. Zusätzlich muss die Bundesregierung wegen der Schuldenbremse sparen. Das erhöht den Reformdruck erheblich. Denn noch ist der Wehretat mit 31 Milliarden Euro der drittgrößte im Bundeshaushalt.

    Über das konkrete Sparziel wird hinter den Kulissen heftig gerungen. Die erste Zahl der Bundesregierung stammt aus dem vergangenen Juni. Damals entschied das Kabinett auf einer Sparklausur: Das Verteidigungsministerium müsse bis 2015 etwa 8,3 Milliarden Euro einsparen. Darüber, wie dieser Betrag genau zustande kam, wird in Berlin folgende Geschichte erzählt:

    Als Finanzminister Wolfgang Schäuble zur Kabinettsklausur im Sommer 2010 kam, hätte in seinen internen Papieren für das Verteidigungsministerium die Zahl vier Milliarden gestanden. Aber Karl-Theodor zu Guttenberg, damaliger Verteidigungsminister, habe selbst etwa das Doppelte – also 8,3 Milliarden Euro angeboten. Da habe der Finanzminister sofort genickt – und diese Zahl in den Papieren notiert.

    Karl-Theodor zu Guttenberg wollte viel. Im Eiltempo schob er die Bundeswehrreform an. Er berief eine Strukturkommission, ließ intern Reformkonzepte erarbeiten, ernannte einen Arbeitsstab für die Umsetzung der Reformen und stellte alle Bereiche der Bundeswehr komplett auf den Prüfstand. Eigentlich war sein Auftrag aber etwas defensiver formuliert worden. Das Bundeskabinett hatte ihn im Juni 2010 beauftragt, zu prüfen,

    "... welche Folgen eine deutliche Reduzierung der Streitkräfte um bis zu 40.000 Berufs- und Zeitsoldaten für die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands, die Einsatz- und Bündnisfähigkeit, die Strukturen und den Gesamtumfang der Bundeswehr hätte."

    Aber zu Guttenberg beließ es nicht bei der Prüfung. Neben der Verkleinerung der Bundeswehr um ein Drittel hatte er vor allem die Wehrpflicht im Blick. Deren Ende setzte er innerhalb weniger Wochen in den Unionsparteien durch, erwirkte einen Kabinettsbeschluss – und berief keine Grundwehrdienstleistenden mehr ein, obwohl das Parlament das entsprechende Gesetz noch längst nicht verabschiedet hatte.

    Vollenden konnte er sein großes Vorhaben nicht. Bei der Presseerklärung zu seinem Rücktritt fand er für die eigene Arbeit als Minister viele positive Worte.

    "Mit Blick auf die größte Bundeswehrreform der Geschichte, die ich angestoßen habe. Und mit Blick auf eine gestärkte Bundeswehr mit großartigen Truppen im Einsatz, die mir engstens ans Herz gewachsen sind, ziehe ich die Konsequenzen. Und es gehört sich, ein weitgehend bestelltes Haus zu hinterlassen. Das Konzept der Reform steht."

    Mit "smoke on the water" verabschiedete sich Karl-Theodor zu Guttenberg von der Bundeswehr – ein bezeichnender Titel, den er für seinen Zapfenstreich wählte. Denn sein Nachfolger brauchte einige Wochen, bis er klar sehen konnte, wie es um die Bundeswehrreform bestellt ist. Der neue Verteidigungsminister fand kein "weitgehend" bestelltes Haus vor.

    "Die Wunschzahlen, die ich vorgefunden habe, passten mit den Planungen zur mittelfristigen Finanzplanung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zusammen. Das mussten wir erst zusammenbringen. Das ist jetzt gelungen, indem wir die Sparvorgaben abmildern."

    Nahezu alle Fragen der Reform waren ungelöst, Entscheidungen nicht gefällt, die Vorarbeiten wenig bestandskräftig. So ergab sich für den Minister eine Eröffnungsbilanz, die ihm – positiv ausgedrückt – die Gelegenheit gab, der Reform seinen Stempel aufzudrücken.

    Was war überhaupt vorbereitet? Es gab einen Bericht der "Weise-Kommission", benannt nach ihrem Vorsitzenden, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise. Nach seinen Vorstellungen sollte die Bundeswehr künftig rund 180.000 statt bisher 220.000 Soldaten umfassen, Wehrdienstleistende hatte die Kommission nicht mehr eingeplant. Außerdem schlug sie Eingriffe in die Strukturen der Bundeswehr und den Aufbau des Ministeriums vor.

    Die Vorschläge der Weise-Kommission versuchte eine hausinterne Arbeitsgruppe weiterzuentwickeln. Umgesetzt wurde zunächst die Aussetzung der Wehrpflicht. Auf Drängen des Ministers legte das Bundeskabinett beim entsprechenden Beschluss im vergangenen Dezember zudem die künftige Truppenstärke auf 185.000 Soldaten fest - 170.000 Zeit- und Berufssoldaten und bis zu 15.000 freiwillig Wehrdienstleistende.

    Die Zahlen dürften im Reformkonzept von Thomas de Maizière etwas anders aussehen. Der neue Verteidigungsminister hatte nach seiner Amtsübernahme im März erstmal alle Reform-Ampeln auf Rot gestellt. Er wollte Zeit haben, um alle Möglichkeiten gründlich zu durchdenken. Sogar in der vorvergangenen Woche, bei einer Klausurtagung mit den zivilen und militärischen Spitzen des Ministeriums, hat er nochmals Fragen gestellt, hat Planspiele machen lassen.

    Teilnehmer dieser Runde äußerten sich danach hochzufrieden: Es seien ihnen zwar keine Entscheidungen mitgeteilt worden, aber sie hätten erfahren, dass der Minister sich seine Entscheidungen genau überlege, und dass er sich beraten ließe.

    Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat die Struktur seiner Reformentscheidungen bereits deutlich gemacht: Zunächst wird er neue verteidigungspolitische Richtlinien erlassen – die die aktuellen Anforderungen der Bundeswehr festlegen. Sie beschreiben deutsche Interessen, leiten daraufhin die Aufgaben ab, die Deutschland in der Sicherheitspolitik hat und welche Struktur die Bundeswehr dafür braucht.

    "Eine Neuausrichtung der Bundeswehr kann weder nur nach dem zur Verfügung stehenden Geld bemessen werden. Umgekehrt kann auch nicht alles das, was sich jemand wünscht, einfach bezahlt werden."

    Eine Armee nur nach Kassenlage wird es also nicht geben. Zwar steht im erwähnten Artikel 87a des Grundgesetzes, dass die Bundeswehr eine Verteidigungsarmee ist und ihr Umfang im Haushaltsplan festgelegt wird. Das verweist aber nur auf den politischen Gestaltungswillen des Parlaments. Deswegen gilt, dass der Umfang und die Struktur der Bundeswehr mit dem Haushaltsansatz in Einklang gebracht werden müssen.

    Verteidigungsminister de Maizière hatte also drei wichtige Stellschrauben: Die Bundeswehr muss den Anforderungen des neuen Verteidigungsbegriffs gerecht werden. Sie muss die politisch vereinbarten Bündnispflichten erfüllen können. Und sie muss finanzierbar bleiben. In diesem Rahmen stellte Minister de Maizière bereits fest, was die Bundeswehr konkret leisten muss:

    "Das kann ein Einsatz in einer nationalen Katastrophe sein. Das sind Einsätze, die laufend stattfinden, etwa die Marine ist immer im Einsatz. Die Luftwaffe ist auch, wenn sie den Luftraum beschützt, ohne das klassische Element der Landesverteidigung im Einsatz. Der Begriff des Einsatzes ist sehr unterschiedlich, kann sehr unterschiedlich sein. Deshalb können wir uns auf nichts sehr konkret, aber auf möglichst viel möglichst konkret vorbereiten. Das ist die Aufgabe."

    Die Bundeswehr soll rund 10.000 Soldaten gleichzeitig in Einsätze schicken können. Aber: Einsatz ist nicht gleich Einsatz.

    Die Bundeswehr leistet Marineaufgaben im Anti-Piraten-Einsatz vor Somalia und bei der Embargo-Überwachung vor dem Libanon und vor Libyen.

    In Afghanistan sind deutsche Soldaten im Boden-Einsatz. Und dieser Auftrag hat sich zudem in den letzten neuneinhalb Jahren gewandelt.

    Die deutsche Luftwaffe ist über Afghanistan im Aufklärungseinsatz mit AWACS-Maschinen, bis vor einigen Monaten mit Flugzeugen des Typs Tornado.

    Die Bundeswehr ist im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina in einem friedensstabilisierenden Einsatz. Das sind wieder Heeresaufgaben.

    Dies zeigt die Vielfalt, die hinter dem so eindeutig klingenden Satz: "Vom Einsatz her denken" steht. Und da muss die Bundeswehr ab morgen, wenn die Rahmendaten verkündet sind, in die Feinplanung gehen: Welche Fähigkeiten wird die Bundeswehr wie intensiv ausprägen?

    Verteidigungsminister De Maizière fand die Forderung vor, die Bundeswehr müsse bis 2015 8,3 Milliarden Euro einsparen. Damit wären die Aufgaben, wie sie de Maizière nun formuliert, nicht zu erfüllen. Nach letzten Informationen soll sich der Verteidigungsminister mit Finanzminister Schäuble auf etwa die Hälfte der Sparsumme geeinigt haben. Die genaue Zahl will er morgen bekannt geben.

    "Die Gespräche mit dem Finanzminister führe ich jedenfalls gerne nicht über die Presse. Wenn Ihnen diese Andeutung auch zu anderen Themen etwas sagt. Und das ist etwas, was Herr Schäuble schätzt und was ich auch schätze."

    Thomas de Maizière braucht genug Mittel, um eine Bundeswehr mit 170.000 Zeit- und Berufssoldaten und mindestens 5000 freiwilligen Kurzdienern zu finanzieren. Die Zahl der Freiwilligen kann bei Bedarf und entsprechender Nachfrage um weitere 10.000 aufgestockt werden. Bisher ist die Nachfrage der Freiwilligen noch sehr gering.

    Ziel bleibt, dass die Bundeswehr zu jedem Zeitpunkt mit rund 10.000 Soldaten im Ausland eingesetzt werden kann. Aber ist das nach der Truppenverkleinerung noch möglich? Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD, hat starke Bedenken.

    "Wir bleiben bei der Auffassung, dass die 185 schon eine Untergrenze war. Und uns stört vor allem, dass das Projekt "freiwillige junge Menschen", als neues Modell für die Wehrpflicht zu gewinnen, statt der Wehrpflicht für die Bundeswehr zu gewinnen, jetzt offensichtlich schon gescheitert ist."

    Auch bei den Einsparmöglichkeiten herrscht noch Diskussionsbedarf. Kurzzeitig wurde überlegt, ob die Auslandseinsätze einfach aus einem anderen Haushaltsetat finanziert werden. Das wurde offenbar verworfen. Wahrscheinlich ist, dass die Pensionen für Soldaten aus einem anderen Topf bezahlt werden. Solche Trickbuchungen will Rainer Arnold aber nicht hinnehmen:

    "Der Wehretat kann nicht die Sparbüchse der Bundesregierung sein. Unser Vorschlag ist: Man kann den Bundeswehretat für ein paar Jahre einfrieren."

    Morgen wird sich zeigen, wie präzise die Rahmendaten sind, die de Maizière vorgibt. Wird zum Beispiel in den verteidigungspolitischen Richtlinien konkret beschrieben, wie die Bundeswehr in die Interessenwahrnehmung und –durchsetzung eingebaut werden soll? Dabei wird besonders die Interessendefinition interessant, zum Beispiel im Bereich der Sicherung der Handelswege oder der Rohstoffversorgung. Über diese Fragen gab es immer wieder Auseinandersetzung in der deutschen Politik, bis hin zum Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler, der sich in dieser Frage festgelegt hatte.

    Sicher werden auch einige Maßnahmen verkündet werden, die die Rekrutierung weiterer Soldaten erleichtern sollen. Dafür bleibt übrigens der Generalinspekteur der Bundeswehr zuständig – das war unter zu Guttenberg anders vorgesehen. Auch bei der Veröffentlichung des Reform-Konzepts geht de Maizière einen völlig anderen Weg als sein Vorgänger. Er wird erstmals alle Beteiligten auf einer Veranstaltung gemeinsam informieren. Also die Spitzenkräfte des Ministeriums, der Bundeswehr, den Verteidigungsausschuss des Bundestages und die Öffentlichkeit.

    Das könnte das äußere Zeichen eines neuen Stils sein, der auf Zuhören, auf gemeinsame Beratung, auf bedächtiges Abwägen aufgebaut ist. 74 Tage ist de Maizière jetzt im Amt, und der Rahmen der Reform steht. Und viele in der Bundeswehr sind froh, dass – wie es ein General formulierte – die Absichten des Ministers nun auf den normalen Wegen kommuniziert werden – und nicht mehr über Boulevard-Medien.