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"Eine sehr langfristige Spekulation"

Vor allem in Ballungsgebieten steigen die Immobilienpreise. Auf den ersten Blick erscheinen deshalb Geschlossene Immobilienfonds in Zeiten von Niedrigzinsen eine gute Geldanlage. Doch die Stiftung Warentest warnt, denn der Verkauf der Beteiligung ist nicht so einfach.

Von Dieter Nürnberger | 13.11.2012
    Die Stiftung Warentest spricht von keinem Ruhmesblatt, welches die Branche hier vorlegt. Derzeit gibt es ja sogar eine recht große Nachfrage nach solchen Produkten. Die Anbieter haben im ersten Halbjahr 2012 beispielsweise rund 50 Prozent mehr an Anlegergeldern eingesammelt als im Vorjahr. Immobilien und vieles, was damit zusammenhängt, haben derzeit eben eine Boomphase.

    Auf den ersten Blick seien geschlossene Immobilienfonds eine durchaus lukrative Anlageidee, so die Warentester. Läuft der Fonds gut, weil die Mieteinnahmen fließen und die Immobilie zum Ende der Laufzeit zu einem guten Preis verkauft werden kann, dann sind gute Anlagegewinne durchaus möglich.

    Allerdings: In dieser Untersuchung von 58 geschlossenen Immobilienfonds gab es keine einzige sehr gute oder gute Bewertung. Ein Großteil riss sogar die erste Hürde sagt Hermann-Josef Tenhagen, er ist Chefredakteur bei der Zeitschrift Finanztest.

    "Sie ziehen beispielsweise gleich zu Vertragsbeginn mehr als 20 Prozent der Anlagesumme für Kosten der Fondsgesellschaft ab. Zum Beispiel Provisionen an Banken und Vermittler. Oder sie wenden sich an Kleinanleger, die ihre Anlagesumme in monatlichen Raten einzahlen – für Kleinanleger ist das Risiko eines geschlossenen Fonds viel zu hoch. Geht ein solcher Fonds Pleite, müssen die Kleinanleger trotzdem weiter Monat für Monat in den Fonds einzahlen. Bis zur vereinbarten Gesamtsumme. Dafür sorgt dann der Konkursverwalter."

    Und allein an dieser Hürde sind schon über 30 Fonds gescheitert. Somit blieben 22 im Rennen, aber – wie schon erwähnt – mit keinen guten Ergebnissen. Die meisten gingen ein, aus Sicht der Warentester, zu hohes Risiko ein. Das heißt, es bestanden Zweifel am konkreten Fondskonzept. Hermann-Josef Tenhagen nennt ein negatives Beispiel, wie ein solches Fondskonzept nicht aussehen sollte.

    "Die Anleger beteiligen sich an einem Fachmarktzentrum in Delmenhorst. Viele Prognosen sind jedoch zu optimistisch. Die Restlaufzeit der Mietverträge ist mit fünf bis zehn Jahren für ein Fachmarktzentrum sehr kurz. Ziehen die Mieter dann aus, können die Mieteinnahmen schon bald sinken. Die Anleger können ihren Vertrag jedoch 2027 kündigen."

    Nur wenn das Fondskonzept stimme, so die Warentester, könnten auch Risiken auf den Immobilienmärkten begrenzt werden. Es wurden in dieser Untersuchung immerhin einige Angebote bei geschlossenen Immobilienfonds gefunden, die ein plausibles Fondskonzept haben. Auch hierfür nennt Tenhagen ein Beispiel – den Fonds "FHH Immobilien 12 Studieren und Wohnen".

    "Der Fonds investiert rund 30 Millionen Euro in zwei neue Apartmenthäuser für Studierende in Hamburg und Frankfurt/Main. Da Wohnraum für Studenten in beiden Universitätsstädten knapp ist, dürften die relativ hohen Mieten erzielbar sein. Für den Fonds spricht auch der 20-jährige Mietvertrag mit einem zahlungskräftigen Pächter. Eine gemeinnützige Stiftung sich zudem die Garantiemiete ab."

    Dieser Fonds ist somit auch der Testsieger – mit der Note befriedigend. Wie gesagt: Eine bessere Bewertung gab es diesmal nicht.

    Die Stiftung Warentest rät, nur dann in geschlossene Immobilienfonds zu investieren, wenn man vermögend ist – und notfalls auch einen Totalverlust der Anlage verkraften kann. Warentester Stephan Kühnlenz hat die Untersuchung geleitet – sein Fazit:

    "Geschlossene Immobilienfonds stellen eine sehr langfristige Spekulation dar. Sie sollten nicht zur Altersvorsorge eingesetzt werden. Für Kleinsparer sind diese Fonds ungeeignet. Die tatsächliche Wertentwicklung hängt von sehr vielen Faktoren ab, die in der Zukunft liegen. Das bleibt deshalb ungewiss. Es gibt Fonds, die sich lohnen können – allerdings ist auch ein Totalverlust immer möglich."

    Allenfalls also fünf Prozent einer Anlage- oder Depotsumme sollten somit in geschlossenen Immobilienfonds investiert werden. Und auch dann, wenn ein Verlust verschmerzbar ist, so die Empfehlung der Stiftung Warentest.