Donnerstag, 25. April 2024

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Einreiseverbot in Kraft
"Das ist für Trump ein Triumph"

US-Präsident Donald Trump könne nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshof über sein Einreiseverbot wieder sagen, dass er seine Versprechen aus dem Wahlkampf einhalte, sagte der Politologe Jackson Janes im Dlf. Dabei sei das nur die halbe Wahrheit, denn die endgültige Entscheidung stehe noch aus.

Jackson Janes im Gespräch mit Jasper Barenberg | 27.06.2017
    Jackson Janes hört bei einer Talkshow zu
    Jackson Janes ist Direktor des American Institue für Contemporary German Studies an der John Hopkins University in Washington, D.C. (imago / Metodi Popow)
    Jasper Barenberg: Menschen aus Libyen, Iran, Jemen, Somalia, Sudan und Syrien – für sie alle wollte Donald Trump ein Einreiseverbot für 90 Tage verhängen. Das Dekret des Präsidenten im Januar sah außerdem einen Einreisestopp für Flüchtlinge aus allen Ländern für 120 Tage vor. Was Trump mit dem Schutz der nationalen Sicherheit begründet, halten Kritiker für gezielte Diskriminierung von Muslimen. Mehrere Bundesgerichte sahen das in den vergangenen Monaten genauso und setzten den Erlass außer Kraft. Der von Trump angerufene Oberste Gerichtshof aber hat sich jetzt darüber hinweggesetzt. In Teilen darf das Dekret vorerst in Kraft treten. Im Herbst wollen die Richter dann endgültig entscheiden. - Am Telefon ist Jackson Janes von der Johns Hopkins University in Washington. Schönen guten Morgen.
    Jackson Janes: Guten Morgen!
    Barenberg: Herr Janes, mit wie viel Recht feiert sich Donald Trump jetzt für einen großen Sieg?
    Janes: So viel er kann. Das ist dann ein Beispiel wiederum, wo er seine sogenannten Versprechungen einhalten kann. Wo er sagt, vor der Wahl und jetzt nach der Wahl, ich werde das liefern, dass wir unsere nationale Sicherheit verteidigen. Insofern ist das für ihn ein Triumph. In Wahrheit ist es eigentlich dann nur die Hälfte.
    Barenberg: Die Wahrheit ist nur die Hälfte, sagen Sie. Was gehört zum anderen Teil der Wahrheit noch dazu?
    Endgültige Entscheidung des Gerichts noch unklar
    Janes: Indem, dass die gesamte Frage eigentlich grundsätzlich gestellt werden kann, ist diese Entscheidung eigentlich in der Kompetenz der Präsidentschaft, oder ist das eigentlich dann eine verfassungsmäßige Angelegenheit. Diese Frage steht noch aus und es wird wahrscheinlich im Herbst, wenn es noch relevant ist, beschlossen. Insofern ist das etwas verwässert, was von dem obersten Gericht rausgekommen ist.
    Barenberg: Es gibt ja auch Einschränkungen, das gilt nicht für alle, die in die USA reisen, zumal nicht die, die Beziehungen in dem Land haben. Wenn Sie schon in den Herbst schauen, wo es dann noch einmal vor dem obersten Gerichtshof endgültig um die Entscheidung gehen wird, ist für Sie offen, wie die Richter dann abstimmen werden? Wird das noch mal spannend, oder ist das jetzt eigentlich schon ein Fingerzeig, wie die Entscheidung ausfallen wird?
    Janes: Sowohl als auch. Ich meine, die gewisse Frage ist, inwieweit kann man definieren, wer eine Beziehung hat. Das ist sehr, sehr mysteriös, meiner Meinung nach, und das lässt eigentlich so eine Entscheidung von vielen verschiedenen Ebenen von Kompetenzen offen. Insofern: Ich glaube, grundsätzlich ist das Gericht geneigt zu sagen, das ist eine verfassungsmäßige Entscheidungskompetenz für den Präsidenten, egal wie es angewandt wird. Meiner Meinung nach ist das ein Zeichen, was sie dann entscheiden werden, aber längst nicht genau klar, was passiert. Ich verweise nur auf eine überraschende Entscheidung vor ein paar Jahren, als es um die Krankenversicherung ging, und wie der Supreme Court damals beschlossen hat, hat niemand vorher geahnt. Insofern ist das etwas offen.
    Barenberg: Die Frage, welche Kompetenz der US-Präsident in dieser Frage hat, ist ja die eine Seite. Die andere Seite ist, dass die Kritiker ja immer wieder einwenden, dass eine pauschale Ablehnung von Zuwanderern oder Reisenden überhaupt in die USA aufgrund ihrer Religion – und das legt ja die Liste dieser Länder nahe -, dass das eigentlich mit der amerikanischen Verfassung gar nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Was halten Sie von diesem Argument?
    "Es ist sehr, sehr diffus momentan"
    Janes: Ich halte sehr viel von diesem Argument und das ist eigentlich der Hauptgrund, warum es angefochten wird von verschiedenen Seiten. Mit diesen sechs Ländern sind Leute in einer Gesellschaft gemeint, die überwiegend muslimisch ist, und insofern kann man das auseinanderhalten, dass die Ablehnung nichts mit Religion zu tun hat. Diese Entscheidung, diese Auseinandersetzung wird wohl schon um diese bestimmte Frage herumkreisen.
    Barenberg: Und dann wissen wir ja auch, dass Trump im Grunde gar nicht nur auf diesen vorläufigen Einreisestopp zielt, sondern er will mehr. Er will die Regeln bei der Zuwanderung generell verschärfen. Kann er das jetzt mit besseren Aussichten auf Erfolg angehen, unabhängig von der Entscheidung im Herbst?
    Janes: Momentan ist das jetzt in der Schwebe. Was er tun kann, ist wie gesagt nach diesen geminderten Aussagen vom Supreme Court möglich. Ich glaube, diese Auseinandersetzung wird nach wie vor aus Gründen geführt, die nicht nur in diesen bestimmten Fall passen, sondern auch wegen der größeren Frage: Ist der Präsident imstande, die nationale Sicherheit so zu definieren, dass er alle Leute irgendwie, die er meint, die eine Gefahr sind für die Nation, blockieren kann. Diese Frage ist eigentlich verfassungswidrig an sich. Aber auf der anderen Seite, wenn er das hinter den Begriff nationale Sicherheit hinstellen kann, dann wird die Auseinandersetzung auf dieser Basis auch mal angefochten werden. Insofern ist es eine verdammt komplizierte Angelegenheit und ich glaube nicht, dass er oder auch sogar die Leute, die gegen diese Entscheidung angehen, dass die dann wissen können, was am Ende rauskommt. Es ist sehr, sehr diffus momentan.
    Barenberg: Welche Rolle wird das Argument spielen, dass im Grunde genommen ein Einreiseverbot eigentlich gar nicht erlassen werden kann?
    Auseinandersetzung über die Kompetenzen des Präsidenten
    Janes: Ja, das wird angesprochen von der Verteidigung beziehungsweise von den Gegnern von Trump. Aber im Endeffekt bleibt die grundsätzliche Frage, der Präsident ist Commander-in-Chief. Er hat eigentlich ein Recht zu sagen, ich handele in Sicherheit der Nation. In diesem Fall muss das oberste Gericht entscheiden, fällt in diesem Falle so eine Entscheidung in diesen Kompetenzbereich, und das ist sehr grundsätzlich.
    Barenberg: Jetzt ist mir wieder eingefallen, was mir gerade entfallen war, nämlich die Frage der nationalen Sicherheit. Da muss doch auch eine Rolle spielen, dass alle Beobachter sagen, dass kein Anschlag verhindert worden wäre in den USA, kein Anschlagsversuch vereitelt, wenn dieser Einreisebann jetzt schon in Kraft gewesen wäre. Spielt das eine Rolle?
    Janes: Ich meine, von empirischen Daten her schon. Ich meine, das sind dann diese sogenannten Homegrown-Terroristen, die natürlich eine Rolle gespielt haben in den letzten Jahren. Aber das ist nicht unbedingt die Art und Weise, wie Trump herangeht. Er sagt grundsätzlich, nationale Sicherheit, ich definiere das, ich bin Präsident, und die Frage ist, darf er das, kann er das, und unter welchen Umständen – nach wie vor eine große Auseinandersetzung.
    Barenberg: Das ist ja nicht die einzige Baustelle, die Trump gerade vor der Brust hat. Es gibt andere Projekte, die stocken, ich nenne nur die Gesundheitsreform oder die Steuerreform. Kann er jetzt quasi auf Umweg mehr Rückenwind bekommen bei diesen Projekten, weil seine Anhänger und auch die republikanischen Abgeordneten merken, dass er in diesem Fall jedenfalls vorläufig einen Sieg davongetragen hat?
    "Seine Politik ist durch die Brille der Innenpolitik gesteuert"
    Janes: Ja. Es ist ihm wichtig, sagte ich ja gleich am Anfang. Seine Politik ist eigentlich grundsätzlich durch die Brille von Innenpolitik gesteuert und gemessen und inwieweit er sagen kann, ich habe das vor der Wahl gesagt, ich habe es jetzt nach der Wahl gesagt, ich habe es durchgesetzt. Alles was er in dieser Weise auslegen kann, ist eine Hilfestellung für ihn, wenn es um die anderen Punkte geht, Stichwort Krankenversicherung. Bisher hat er wirklich keinen Erfolg gehabt und im Senat scheint es momentan eigentlich auf der Kippe zu sein, ob diese Gesundheitsreform überhaupt dann durchkommt. Insofern: Er braucht dringend einen Erfolg, und momentan, abgesehen von dem neuesten Mann im obersten Gericht, ist das das einzige, was er noch bieten kann.
    Barenberg: … sagt Jackson Janes, der Präsident des American Institute for Contemporary German Studies der Johns Hopkins University in Washington. Vielen Dank für die Zeit heute Morgen, Herr Janes.
    Janes: Gerne geschehen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.