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Elektronikmesse IFA
Smarte Träume vom vernetzten Heim

Smartphones, Tablets und Fernseher sind die Stars der diesjährigen Internationalen Funkausstellung. Aber weil auch Uhren, Kühlschränke und Spülmaschinen "schlau" sein können, ist die Vernetzung des gesamten Hauses das andere große Thema der Elektronikmesse IFA. Offenbar driften dabei Wunschvorstellungen und Realität stark auseinander.

Von Benjamin Hammer | 05.09.2014
    Besucher informieren sich am 05.09.2014, am Eröffnungstag der Elektronikmesse IFA in Berlin, über das Thema Smart Home.
    Besucher informieren sich auf der IFA in Berlin über das Thema Smart Home. (picture alliance / dpa - Rainer Jensen)
    Was für ein Aufwand. Samsung Electronics aus Korea hat gleich eine ganze Messehalle auf der IFA besetzt, der Chef Boo-Keun Yoon hält den Eröffnungsvortrag vor dem Fachpublikum. Es geht um Smart Home, das vernetzte Haus.
    "Diese Messe erinnert uns immer, wie sehr Technik unser Leben verbessert", sagt Yoon. "Alles geht so schnell. Die Technik, die wir gerade zu Hause sehen, ist nur der Anfang. Das was noch kommt, geht noch viel viel weiter."
    Natürlich: Als Chef einer der größten Elektro-Konzerne der Welt muss Yoon so etwas sagen. Aber hält die Messewelt bei den vernetzten Häusern der Realität stand? Yoon verspricht eine Überprüfung.
    Es melden sich Bürger aus aller Welt. Sie besitzen ein Smartphone, eine Smartwatch und ein Tablet. Und natürlich wünschen Sie sich ein vernetztes Haus. Klimaanlagen, die weniger stark kühlen, wenn die Stromrechnung zu hoch ist. Haustüren, die sich mit dem Smartphone aufschließen lassen. Einziger Haken: Die Weltbürger sind Schauspieler. Denn so begeistert sind die Kunden noch gar nicht vom Smart Home. In Deutschland nutzt nur jeder Zehnte ein solches System.
    "Weil der Nutzeffekt zurzeit sehr gering ist."
    Peter Knaak von der Stiftung Warentest.
    "Und so lange ich nicht diese intelligenten Stromnetze habe, die mir nachts den Strom auch als Privatkunde den Strom billiger bieten, so dass es sich für mich lohnt die Waschmaschine auf dieses Signal "Jetzt wird der Strom billiger" warten zu lassen und sie dann automatisch zu starten, so lange das nicht passt: Ja warum soll ich es dann tun? Und dazu kommen die widerstrebenden Standards."
    Fehlende Kompatibilität der Geräte
    Denn die Smart-Home-Geräte von Hersteller A passen häufig nicht zusammen mit dem Netzwerk oder anderen Geräten von Hersteller B. Für Kunden macht es das sehr kompliziert. Die Branche wirbt dennoch mit aller Macht für die neuen Geräte. Sie hat das bereits im letzten Jahr getan und hofft dieses Jahr auf den Durchbruch. Ähnelt die IFA 2014 also zu sehr der Vorjahresveranstaltung? Peter Knaak sieht das so.
    "Ich bin von der diesjährigen IFA erst mal im Vorfeld ein bisschen enttäuscht. Viele dieser tollen Innovationen, die angeboten werden, haben wir im vorherigen Jahr schon gesehen. Curved TVs, die gab es schon im Vorjahr, die sind nicht neu. Der Kaffee-Automat mit App-Bedienung von Philips, den gab es im vorherigen Jahr. Das ist aufgewärmter Kaffee."
    Knaak räumt jedoch ein: Bei einer Messe, die jährlich stattfindet, könne es nicht ständig neue Innovationen geben. Auch auf den Ständen der Fernsehhersteller hat sich im Vergleich zu letztem Jahr nur wenig getan: "UHD" ist dort überall zu lesen, Ultra HD. Die Fernseher sollen also ultrahochauflösend sein, viermal schärfer als herkömmliche Fernseher. Auch hier übt sich die Branche in Optimismus.
    UHD wird kommen, wird weiter wachsen, ganz klar, sagt Roland Stehle von der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik, die die IFA veranstaltet. Schaut man auf die Verkaufszahlen, dann ist es jedoch noch nicht so klar. Gerade einmal 2,5 Prozent der verkauften Fernseher dürften in diesem Jahr mit UHD ausgestattet sein. Das Problem: Wer sich ein UHD-Gerät kauft, der kann kaum UHD schauen. Das Fernsehen sendet nämlich noch nicht in diesem Standard und sogar der DVD-Nachfolger Bluray ist schlicht zu klein für die speicherintensiven Filme.
    Natürlich: Messen sollen einen Blick in die Zukunft wagen. Ob Smart Home und UHD-Fernseher in diesem Jahr den breiten Markt erreichen, so wie sich die Branche das wünscht, das ist jedoch nicht sicher. Bis dahin muss sich die Industrie mit begeisterten Schauspielern behelfen.