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Elite auf Lebenszeit

Im aktuellen Exzellenzwettbewerb müssen sich auch die Universitäten wieder beteiligen, die derzeit den Exzellenzstatus haben. Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) hält das für wenig nachhaltig - zumal die Zeit zwischen den Wettbewerben sehr knapp sei. Ab 2017 seien andere Verfahren nötig.

Wolfgang Heubisch im Gespräch mit Manfred Götzke | 25.01.2012
    Manfred Götzke: Exzellenz ist vergänglich - zumindest wenn es um Universitäten geht. Wenn eine der aktuell neun Eliteunis das beliebte Exzellenzetikett behalten will, muss sie sich auch am aktuellen Exzellenzwettbewerb beteiligen und kann den Status dann auch wieder verlieren, wenn andere Hochschulen besser abschneiden. Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch ist das so nicht recht. Er fordert für die bestehenden Exzellenzunis Bestandsschutz. Zwar könnten im aktuellen Verfahren, das im Sommer ausläuft, neue Hochschulen dazukommen, die alten sollten aber bitte schön exzellent bleiben - was dann auch für die beiden bayrischen Eliteunis in München gelten würde. Herr Heubisch, warum wollen Sie Exzellenz auf Lebenszeit?

    Wolfgang Heubisch: Exzellenz auf Lebenszeit, das, glaube ich, ist auch ein Lebensentwurf. Wir brauchen die Qualität, um auch im internationalen Wettbewerb zu bestehen, und das gilt seit Jahrhunderten und wird die nächsten Jahrzehnte auch gelten. Das Streben nach Qualität ist einfach so unbedingt notwendig.

    Götzke: Ganz konkret gefragt: Haben Sie Angst, dass die bayrischen Exzellenzunis ihren Status verlieren?

    Heubisch: Nee, da habe ich am allerwenigsten Angst, da ja beide Universitäten regelmäßig in den internationalen Rankings an vorderster Stelle stehen im Vergleich mit anderen deutschen Universitäten. Das habe ich sicher nicht, aber ich möchte natürlich auch den Faktor Nachhaltigkeit einführen. Wir können nicht immer extrem hin und her springen, ich möchte auch eine ganz klare, nachhaltige Entwicklung.

    Götzke: Auf der anderen Seite hat ja die Exzellenzinitiative den Charakter eines Wettbewerbs. Warum wollen Sie gerade als FDP-Minister diesen Wettbewerbscharakter aushebeln?

    Heubisch: Wettbewerb ist wunderbar, dazu stehe ich auch. Nur muss man sehen, dass ich, wenn ich Wettbewerbe eröffne, den Wettbewerb auch für eine gewisse Zeit aufrecht erhalte. Und wenn ich jetzt die erste Runde der Exzellenz betrachte, dann haben eigentlich die Universitäten nur zwei, zweieinhalb Jahre Zeit gehabt, auf den Weg dorthin auch zu gehen, und das halte ich für zu kurz. Am Anfang nach der Auswahl musste man sich einrichten, und bereits zwei Jahre vor der zweiten Runde mussten ja die neuen Anträge eingereicht werden. Ich halte diese Zwischenzeit für zu kurz, dass Nachhaltigkeit auch entstehen kann.

    Götzke: Andererseits haben Sie gerade von Aufrechterhalten gesprochen. Sie wollen ja den Wettbewerb aussetzen.

    Heubisch: Den will ich überhaupt nicht aussetzen. Wir können ja zumindest drei weitere Universitäten aufnehmen in diesen exzellenten Club. Also da ist genügend Spielraum da, und ich habe auch immer gesagt, wenn es wirklich einen extremen Ausreißer geben sollte, dann werde ich mich dem natürlich auch nicht verschließen, das ist klar. Nur, es muss schon eine gewisse Nachhaltigkeit mit im System bleiben.

    Götzke: Auf der anderen Seite wäre es ja eben ein Leistungsanreiz, die Exzellenz zu wahren, Forschung zu verbessern, Forschungsleistung zu wahren, wenn man den Status eben nicht automatisch behalten kann.

    Heubisch: Das ist richtig, da gebe ich Ihnen recht, aber es gibt auch eine erste und zweite Stufe dieser ganzen Initiative, wo man mit Graduiertenschulen entsprechend auch den Wettbewerb aufrechterhalten kann. Also man muss auch hinter das Gesamtgebilde sehen und nicht nur den Titel der Exzellenzuni.

    Götzke: Wenn es alle paar Jahre drei, vier neue zusätzliche Exzellenzunis geben wird, stellt sich natürlich die Frage, wer bezahlt das? Denn das ist ja auch mit hohen Zuschüssen verbunden.

    Heubisch: Ich bin überzeugt, dass diese zweite Runde auch die letzte Runde sein wird. Wir werden anschließend, ab 2017, uns neue Verfahren überlegen müssen. Wir müssen auch die Chancen für andere Universitäten verbreitern, und nur immer den gleichen Wettbewerb auszuschreiben, halte ich dann nicht für opportun. Ich sehe auch, welche Kraftanstrengung diese zweite Runde des Exzellenzwettbewerbes an diesen Universitäten verursacht. Ich möchte auch da zu einer gewissen Ruhe und Nachhaltigkeit kommen. Ich glaube, da sind sich alle Politiker, auch Frau Schavan, einig, dass wir ab 2017 andere Vorschläge erarbeiten müssen.

    Götzke: Was könnte das denn sein, haben Sie da schon eine Idee?

    Heubisch: Da habe ich noch keine Idee, da werden wir gemeinsam darum ringen. Wir werden vor allem schauen müssen, dass wir einzelne Bereiche aus einzelnen Hochschulen und Universitäten herausnehmen müssen, betrachten müssen und die speziell fördern müssen.

    Götzke: Sie fordern ja außerdem beim Wettbewerb - der Exzellenzwettbewerb, der in diesem Sommer ausläuft - eine Exzellenzuni Ost einzurichten. Da würde dann Länderproporz wissenschaftliche Kriterien stechen?

    Heubisch: Nein, ich habe nicht gefordert, dass eine Universität im Osten Deutschlands unbedingt Exzellenzuniversität sein muss. Ich habe nur gesagt, nach meiner Einschätzung wird es darauf hinauslaufen. Selbstverständlich will ich den Wettbewerb - als Auswahlwettbewerb - überhaupt nicht beeinflussen. Das war nur mein Gefühl, und aufgrund der Tatsachen, die ich in der Hochschullandschaft so sehe, wie ich sehe, wie im Osten auch gut gearbeitet wird, so, da ist mein Eindruck, dass wir das schaffen.

    Götzke: Der aktuelle Wettbewerb ist ja im Laufen, er endet im Sommer. Glauben Sie, dass Sie bis dahin tatsächlich noch die Regeln so kurzfristig ändern können?

    Heubisch: Die will ich an der Stelle ja nicht ändern. Das war immer es, es ist die Wissenschaft gefragt, und dann ist auch die Politik gefragt. Das war in der ersten Runde so, das wird in der zweiten Runde nicht anders sein. Das Auswahlkriterium wird immer in Abstimmung der beiden Bereiche auch erfolgen.

    Götzke: Ja, schauen wir mal, ob Sie sich damit durchsetzen können. Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch will Bestandsschutz für die bestehenden Exzellenzuniversitäten. Danke schön!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.