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Eliteunis
Suche nach exzellenten Nachfolgern

Die Exzellenzinitiative hat Deutschlands Hochschullandschaft verändert, ein Milliarden schwerer Wettbewerb um die beste Forschung im Land. Bis 2017 läuft die derzeitige Förderung. Wie es danach weitergeht, ist ungewiss, doch die Präsidenten und Studierenden der zwölf Elite-Unis haben diesbezüglich bereits jetzt ganz klare Vorstellungen und Wünsche.

Von Claudia van Laak | 16.06.2015
    Außenansicht der Humboldt-Universität zu Berlin Unter den Linden.
    Jan-Hendrik Olbertz, scheidender Präsident der Humboldt-Universität Berlin sagt: "Spitzenwissenschaft ist nicht denkbar, wenn sie nicht zugleich an den Nachwuchs vermittelt wird." (picture-alliance/ ZB)
    "IRI-Thesys" steht auf den blauen Fußabtretern im Quartier Stadtmitte der Humboldt-Universität. Ein durch die Exzellenzinitiative gefördertes Institut, bei dem Geistes- und Naturwissenschaftler gemeinsam das Thema Transformation von Mensch und Umwelt erforschen. Jonas Müller schließt den schicken Pausenraum auf – weiße Stehtische, eine moderne Couch-Garnitur, Grünpflanzen, wissenschaftliche Magazine zum Blättern - zur exzellenten Forschung gehört auch die passende Umgebung. Viel wichtiger sei jedoch die Verbindung von Forschung und Lehre, meint der Student der Europäischen Ethnologie:
    "Investition in Forschung kann gut sein, aber eben nicht komplett alleine in einer Ecke, das ist jetzt Forschung und wir ziehen die Professoren ab, entkoppeln sie von der Lehre - die bräuchte es, damit es wirklich im Alltag der Studierenden auch ankommt."
    Dass Jonas Müller seinen Master an einer Exzellenz-Universität macht, ist ihm nicht wirklich wichtig. Das spielt überhaupt keine Rolle, sagt der 24-Jährige:
    "Also es ist viel wichtiger, das Renommee fächerbezogen zu sehen als universitätsbezogen. Ich bin froh, an einer Universität zu studieren, wo mein Fach einen guten Ruf hat. Der Ruf der Universität ist nicht entscheidend. Entscheidend sind die tatsächlichen Bedingungen, die herrschen."
    Sparen trotz Exzellenz
    Tim Kiesler nickt. Er und seine Mitstudenten machen öfter Witze über die Humboldt-Uni, die den Exzellenz-Titel tragen darf. Hat doch sein Fach Agrarökonomie den Rotstift zu spüren bekommen – trotz einer Millionenspritze vom Bund.
    "Wir sind als agrarwissenschaftliche Fakultät, als landwirtschaftlich-gärtnerische Fakultät eben aufgelöst worden und eingebunden worden in die lebenswissenschaftliche Fakultät und sind deshalb schon geschrumpft, vieles wurde zusammengelegt. "
    Für Jan-Hendrik Olbertz, den Präsidenten der Berliner Humboldt-Universität, ist das kein Widerspruch. Exzellenzinitiative bedeutet für ihn nicht mehr Geld für alle, sondern Reform, Umgestaltung und Bewegung für alle.
    "So eine Fakultätsreform eben tatsächlich nicht nur zu besprechen, sondern auch zu machen. Auch die Bereitschaft, ein Forschungsprofil zu entwickeln, das Stärken sichtbar macht.
    Also es ist eine kompetitive Atmosphäre in der Universität, die war vorher nicht. Das ist alles in allem ein Projekt, das in gutem Sinne Bewegung in die Universität gebracht hat."
    Forschung und Lehre besser verzahnen
    In einem anderen Punkt gibt der scheidende Präsident der Humboldt-Uni den Studierenden recht. In der nächsten Runde der Exzellenzinitiative müsse mehr Wert auf die Verbindung von Forschung und Lehre gelegt werden. Olbertz ist überzeugt davon,
    "..dass Wissenschaft als Spitzenwissenschaft nicht denkbar ist, wenn sie nicht zugleich an den Nachwuchs vermittelt wird. Und ich würde deswegen zu den Kriterien eines zukünftigen Exzellenzclusters tatsächlich dazurechnen, ob und in welcher Weise sich die Universität Gedanken macht, dass die jungen Leute, die Studierenden, unmittelbar von dieser exzellenten Forschung profitieren können."
    "Wichtig ist es, dass man das nicht als Gegensatz begreift, Forschung und Lehre, sondern dass man das verzahnt. Und das bedeutet auch, dass man in einem neuen Wettbewerb sicherlich auch über Lehrkonzepte zu sprechen hat. Da ist ja kein Hexenwerk, das miteinander zu verbinden",
    sagt auch Peter-Andre Alt, Präsident der zweiten Berliner Exzellenzuni, der Freien Universität. Die FU war schon zweimal erfolgreich – deshalb weiß Präsident Alt, wie aufwendig dieser Wettbewerb ist und wie viel Personal er bindet. Peter-Andre Alt kritisiert deshalb die Kurzatmigkeit der Exzellenzinitiative, wünscht sich eine längerfristige Förderung vom Bund.
    "Ein immer wieder neuer Wettbewerb ist schön, aber der führt auch zu Verschleißeffekten. Also ich wünschte mir, dass wir sogenannte Exzellenzzentren gefördert erhalten, die dann auch für zehn Jahre Bestand haben. Das wäre für mich die primäre Zielsetzung, eine längerfristige Planung zu ermöglichen."
    Ungewisse Zukunft
    Noch ist unklar, wie die nächste Runde der Exzellenzinitiative genau aussehen wird. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hält sich bedeckt, will zunächst die Evaluationsergebnisse abwarten. Die SPD hat bereits Vorschläge auf den Tisch gelegt – sie möchte am liebsten den Titel "Exzellenzuniversität" abschaffen und künftig auch Universitäten finanziell belohnen, die sich stärker regional vernetzen.