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Emanzipierte Verfechterin der Sklaverei

1804 krönt Napoleon Bonaparte seine Frau Joséphine zur französischen Kaiserin. Trotz ihrer Scheidung 1809 bleibt sie als emanzipierte Frau in Erinnerung, deren freundliches Wesen die Menschen derart verzauberte, dass man ihr sogar das Verfechten der Sklaverei nachsah.

Von Beatrix Novy | 23.06.2013
    Joséphine Bonaparte, verwitwete Beauharnais, war weder für einen Thron geboren noch hätte man ihr besonderen Ehrgeiz oder gar politische Ambitionen nachsagen können. Eher schon fiel sie auf durch eine sympathische Trägheit und Lässigkeit, man schrieb das dem Klima auf der Insel Martinique zu, wo die Tochter eines adligen Marineoffiziers am 23. Juni 1763 geboren wurde: Der Publizist Friedrich Sieburg schwärmte noch im 20. Jahrhundert von ihr, als hätte er sie persönlich gekannt:

    "Holde lässige Joséphine, keinem Maler ist es je gelungen, deinen Schmelz, dein weibliches Raffinement und den Zauber deiner tropischen Herkunft völlig wiederzugeben."

    Der Zauber von Joséphines tropischer Herkunft äußerte sich auch darin, dass sie eine ganz entschiedene Verfechterin der Sklaverei war, deren kurzzeitige Aufhebung durch die Französische Revolution die Geschäfte auf der Zuckerrohrplantage ihrer Eltern beeinträchtigte. Ansonsten beschrieben Joséphines Zeitgenossen sie als freundliche, auch ihren Untergebenen zugetane Person, harmlos und großzügig. Geld – damit lernte sie nie umzugehen, egal wieviel sie davon hatte.
    Mit 16 war sie an einen gräflichen Taugenichts aus Paris verheiratet worden, Alexandre de Beauharnais, mit dem sie die Kinder Hortense und Eugène bekam, bevor das Paar sich 1785, nach sechs Jahren unglücklicher Ehe eiligst wieder trennte. Die Französische Revolution brachte ihren Mann auf die Guillotine, sie selbst entging der Schreckensherrschaft, weil Robespierre gerade rechtzeitig gestürzt und die bürgerliche Regierung des Direktoriums etabliert wurde.

    "Wir hatten zur Nachbarin Madame de Beauharnais, deren große Glückskarriere wir durchaus nicht voraussehen konnten","

    berichtete ein Monsieur Pasquier, der neben Joséphines Villa wohnte.

    ""Ihr Haus entfaltete, wie das bei den Kreolen üblich ist, eine Art von prunkhaftem Luxus. Trotz dieses Überflusses auf der einen Seite fehlten häufig die notwendigsten Gebrauchsgegenstände."

    Und die lieh Joséphine dann bei Monsieur Pasquier aus - was diesen verärgerte, denn noch herrschte Mangel in Paris, während die korrupten neuen Machtcliquen feierten; zu dieser neuen Klasse gehörten Frauen, die unerhörte Freiheiten für sich in Anspruch nahmen, durchsichtige Kleider trugen, selbstbewusst und lebenslustig auftraten: Madame Tallien, Madame Récamier, Madame Beauharnais.
    Als Joséphine 1796 den sieben Jahre jüngeren Napoleon Bonaparte heiratete, war sie "Notre Dame de Victoire", ein Star im nachrevolutionären Paris, er dagegen ein ziemlich unbekannter junger Militär. Er vergaß nie, dass seine wahre Karriere in Joséphines Salon begonnen hatte.

    "Durch meine Heirat mit Madame de Beauharnais kam ich mit einer Partei in Verbindung, deren Unterstützung für mich unbedingt notwendig war. Ohne Hilfe meiner Frau hätte ich niemals einen freundlichen Kontakt mit dieser Partei finden können."