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Ende einer Nobelpreis-Hoffnung
Der Absturz des Planetenjägers

Noch Anfang Oktober letzten Jahres galt Geoffrey Marcy als Kandidat für den Physiknobelpreis. Der Astronom, der lange an der Universität Berkeley tätig war, ist einer der renommiertesten Exoplaneten-Forscher – er hat zahlreiche Planeten um ferne Sterne entdeckt. Doch dann wurden schwere Vorwürfe gegen den Wissenschaftler laut.

Von Dirk Lorenzen | 17.03.2016
    Geoffrey Marcy, Astronom
    Geoffrey Marcy, Astronom (NASA)
    Er soll mindestens zehn Jahre lang immer wieder weibliche Studenten sexuell belästigt haben.
    Anfangs versuchte Geoffrey Marcy, die Anschuldigungen mit einer halbherzigen Entschuldigung aus der Welt zu schaffen. Ein Bericht der New York Times spielte die Vorwürfe herunter und sorgte damit für einen Eklat.
    In einem offenen Brief kritisierten fast 300 US-Astronomen die einseitige Berichterstattung und forderten ihren Kollegen auf, von allen Posten zurückzutreten.
    Die Universität von Berkeley selbst geriet stark unter Druck, weil US-Behörden ihr vorwarfen, Verdächtigungen sexueller Belästigung nicht angemessen nachzugehen.
    Auch viele seiner Astronomen-Kollegen in Berkeley forderten, dass Geoffrey Marcy die Abteilung verlassen müsse, weil er nicht weiter Studenten ausbilden könne.
    Inzwischen hat der Planetenjäger die meisten Vorwürfe eingeräumt und um Entschuldigung gebeten. Er ist nicht mehr Professor an der Universität Berkeley und hat auch die Leitung etlicher Forschungsprojekte niedergelegt.
    Viele im Wissenschaftsbetrieb Tätige hoffen, der tiefe Fall des Astronomen möge dauerhafte Folgen für alle Disziplinen haben: Dass in den Instituten künftig ein Augenmerk auf das Thema Machtgefälle zwischen Professoren und Studenten gelegt und sensibler damit umgegangen werde.
    Entdeckungen im Bereich der Exoplaneten halten viele für nobelpreiswürdig (Zeichnung)
    Entdeckungen im Bereich der Exoplaneten halten viele für nobelpreiswürdig (Zeichnung) (Anglada-Escudé)