Freitag, 29. März 2024

Archiv

Ende von Windows XP
Ab dem 8. April sind die Anwender schutzlos

Windows XP sagt zum Abschied leise Servus: 2001 brachte Microsoft sein Betriebssystem auf den Markt, jetzt ist Schluss. Nach dem 8. April gibt es keine Sicherheits-Updates mehr für XP. Zum Schrecken der Anwender und zur großen Freude von Internetkriminellen, warnt Computerjournalist Achim Killer.

Achim Killer im Gespräch mit Manfred Kloiber | 29.03.2014
    Manfred Kloiber: Herr Killer, es kann doch aber auch alles gut gehen: Es werden keine größeren Sicherheitslücken mehr entdeckt. Und die Anwender, die XP noch einsetzen migrieren nach und nach auf andere Betriebssysteme.
    Achim Killer: Nein. Windows XP sind 40 Millionen Zeilen Quellcode. Es gibt keinen vernünftigen Grund, anzunehmen, da seien mittlerweile alle Sicherheitslücken entdeckt. Allein in den letzten Monaten hat Microsoft noch Dutzende gestopft. Hinzu kommt, dass viele Bugs, die Microsoft in Windows 7 und 8 in Zukunft repariert, auch Rückschlüsse auf noch vorhandene Bugs in XP zulassen werden. Also Internet-Kriminelle werden den zweiten Dienstag eines jeden Monats künftig für die berufliche Fortbildung nutzen. Und dann haben diese Leute in der letzten Zeit ja auch Informationen über Sicherheitslücken gesammelt. Die werden sie ab übernächsten Mittwoch einsetzen, dann wenn die Anwender hilflos sind.
    Kloiber: Warum ist das Support-Ende bei XP denn so ein großes Problem? Das war doch früher nicht so.
    Killer: Dafür gibt’s zwei Gründe. Der erste – das kann man jetzt sagen, ohne in den Verdacht zu geraten, Schleichwerbung machen. XP ist wirklich ein klasse Betriebssystem. Deshalb sind viele Anwender dabei geblieben. Und der Zweite: Danach ist kaum mehr etwas Vernünftiges gekommen. Nach Windows 2000 kam Windows XP. Da gab es Gründe, zu wechseln. Nach XP kam Vista. Da gab’s Gründe, nicht zu wechseln. Noch größer ist der Fortschritt, den XP für Privatanwender gebracht hat. XP hat die Stabilität eines professionellen Betriebssystems und gleichzeitig die Features, die man als Privatanwender haben möchte. Vista war teilweise schlicht nicht einsetzbar. Windows 7 ist sicherlich ganz in Ordnung, aber noch nicht lange genug auf dem Markt, dass alle vor allem professionelle Anwender schon gewechselt wären. Ja, und Windows 8 ist derzeit ja noch eher ein Experiment.
    Im Bundestag laufen Dreiviertel der Rechner auf XP
    Kloiber: Und dann ist XP auch ziemlich lange verkauft worden.
    Killer: Ja, Microsoft hat die Vertriebszeit verlängert, weil Vista zu träge für Netbooks war. Und dann hat die Umstellung auf "trustworthy Computing", also sichere Programmiertechniken, die Software-Entwicklung bei Microsoft natürlich auch für etliche Monate unterbrochen.
    Kloiber: Und auch deshalb ist XP unsicher, weil diese Sicherheitstechnologien erst in den Nachfolgesystemen zum Einsatz kamen.
    Killer: Zum Teil. Zum Teil hat Microsoft XP ja auch nachgerüstet. Die Data Execution Prevention etwa kam mit dem Service Pack 2 auf XP. Die verhindert, dass einem Computer Daten untergeschoben werden, die dann als Programmcode ausgeführt werden. Nein, XP ist nur deshalb richtig unsicher, weil Microsoft keine Patches mehr dafür ausliefert. Und das zieht weitere Sicherheitsprobleme nach sich. Die Anwendungsentwickler pflegen ihre Programme für XP auch nicht mehr. Und dann laufen unsichere Applikationen unter einem unsicheren Betriebssystem.
    Kloiber: Wie groß ist das Problem quantitativ? 20 Prozent der Privathaushalte, sagt der Microsoft-Sprecher in ihrem Beitrag, setzen XP noch ein.
    Killer: Ja. Wobei im professionellen Bereich XP noch weiter verbreitet ist. Privat-Anwender können ja schon seit Jahren keinen PC mit vorinstalliertem XP mehr kaufen. Aber in der Bundestagsverwaltung laufen – Stand Februar – noch Dreiviertel der Arbeitsplatzrechner unter XP. Im Land Berlin sind es Zehntausende. Und Niedersachsen – das ist diese Woche bekannt geworden – hat für viel Geld einen speziellen Service-Vertrag mit Microsoft abgeschlossen, um noch etwas Zeit für die Migration zu haben.
    Kloiber: Wie sieht es bei Gerätesteuerungen aus? Die laufen zum Teil ja auch Windows.
    Killer: Geldautomaten beispielsweise. Auch da ist XP weit verbreitet. Wobei da das Problem etwas geringer ist. Eingebettete Betriebssysteme sind meist gehärtet. Das heißt: Man hat dem Betriebssystem Features weggenommen, die man nicht braucht. Weniger Software, weniger Sicherheitslücken.
    Kloiber: Und wie geht es jetzt weiter?
    Killer: Na, ja. Microsoft wirbt mit der Get-modern-Kampagne für Windows 8. Aber Profis dürften dem wohl eher Windows 7 vorziehen. Dafür gibt’s noch Support bis Anfang 2020. Und einige werden wohl auch vollständig migrieren, also auf Linux. Ein Support-Ende war ja schon öfters der Anlass für ein Linux-Projekt. In der Münchner Stadtverwaltung beispielsweise. Die hat jetzt keine Probleme mehr, wenn Microsoft ein Betriebssystem nicht mehr unterstützt.
    Kloiber: Der Support für Windows XP wird nächste Woche eingestellt, Informationen von Achim Killer, danke dafür.