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Energie für Afrika

In vielen afrikanischen Ländern ist selbst gesammeltes Holz die einzige Energiequelle. Mancherorts ist deshalb die Landschaft bereits kahl, mit der Folge, dass die Böden erodieren und fruchtbare Erde verschwindet. Die problematische Energieversorgung in Afrika war Thema eine Tagung in Bonn.

Von Jule Reimer | 26.08.2009
    Nicht nur die afrikanischen und die Geberregierungen, auch die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) haben lange unterschätzt, wie wichtig der Zugang zu moderner Energie für die Bekämpfung der Armut ist. Biogasanlagen entpuppten sich in der Praxis häufig als schwierig und die klassischen Solarsysteme verbuchten die meisten NGOs wegen der hohen Preise unter Mittelstandsförderung. Doch vor allem in Hinblick auf die Biomassenutzung hat sich die Sichtweise geändert, sagt Richard Brand vom Evangelischen Entwicklungsdienst.

    "Die Diskussion innerhalb der NGOs war natürlich immer stark auf die Auswirkungen von Plantagen-Biofuel-Projekten fixiert, also auf den Anbau von Zuckerrohr für Ethanol oder die Biodieselproduktion, die ja auch in großflächigem Stil betrieben werden kann."

    Nur welche Energieform ist die richtige für die Armutsbekämpfung? Es gibt Mega-Projekte wie den geplanten Inga-Staudamm am Kongofluss, aus dem einmal Strom über ein Hochspannungsnetz in die Ferne fließen soll. Allerdings wird dieses Netz aus Kostengründen niemals bis in die ländlichen Gebiete Afrikas hinein reichen. Für Ewah Eleri von der nigerianischen Energieforschungsstiftung ICEED wäre es ein großer Fortschritt, wenn das Kochen mit Holz effizienter gestaltet wäre, nicht nur wegen der Abholzung, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen. Durch offenes Feuer sterben in Afrika jedes Jahr eine halbe Million Menschen an Atemwegserkrankungen.

    "Selbst in den Städten haben arme Menschen meist keinen Stromanschluss. Aber sie brauchen Holz als Brennstoff. Und sie verwenden viel Zeit auf die Suche danach. Zeit, in der die Mädchen in die Schule gehen und die Frauen andere Dinge tun könnten. Wir müssen ihnen deshalb Kochherde anbieten, die effizienter verbrennen und wenn das nicht geht, brauchen sie Zugang zu Kerosin oder Gas, damit sie besser leben können."

    Insgesamt setzt Eleri auf einen Energiemix:

    "Wir brauchen eine Mischung von netzgebundenen und ungebundenen Systemen sowie von Insellösungen. Wir müssen die Energiesysteme dort aufbauen, wo die Menschen leben - das können in den Dörfern kleine Staudämme oder Insel-Solaranlagen sein, und um Afrika insgesamt zu entwickeln, brauchen wir auch Großstaudämme."

    Auch der Anbau von Agrartreibstoffen steht auf Eleris Wunschliste. Derzeit kaufen oder pachten ausländische Investoren in großem Stil Land in Afrika. Es komme auf die Rahmenbedingungen an, so der Nigerianer:

    "Das Wichtigste ist, dass die Regierungen klare und verbindliche Regeln für den Anbau von Agrotreibstoffen vorgeben - egal, ob es sich hier um große oder kleine Projekte handelt, sodass die Vorgaben dafür sorgen, dass ihre Produktion der heimischen Wirtschaft hilft, arme Leute mit moderner Energie versorgt werden und dass die Umwelt geschützt ist."

    So hat das UN-Umweltprogramm UNEP in Mali ein Musterprojekt mit dem Anbau der Jatropha-Pflanze gestartet. Früher als eher nutzlos angesehen, wird heute die Pflanze bewusst als Hecke gegen Erosion eingesetzt, das Öl der Purgiernuss nutzen die Dorfgemeinschaften als Treibstoff. Doch die Auswirkungen der giftigen Pflanze in anderer Umgebung und unter kommerziellem Anbau gelten als wenig erforscht. Andrew Scott von der britischen Organisation Practical Action fürchtet in diesem Fall zudem neue Abhängigkeit der Kleinbauern von den Aufkäufern, doch er sieht auch Chancen:

    "Meiner Ansicht nach sollten die afrikanischen Staaten die Agrartreibstoffe für die eigene Treibstoffversorgung nutzen und nicht als Exportprodukt, sondern als Ersatz von fossilen Brennstoffen, die die meisten importieren müssen. Aber es gibt noch einen großen Bedarf, die Möglichkeiten auf Dorfebene zu erforschen, sodass die Bauern die Pflanzen anbauen und sie produktiv für sich selbst nutzen können."

    Das setzt voraus, dass afrikanischen Regierungen entsprechende Strategien entwickeln und die Geber sich zu Technologietransfer und finanzieller Unterstützung bereit erklären. Doch da gilt bisher: kleckern statt klotzen.