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Energie im Fenster

Energie.- Sogenannte organische Solarzellen kommen zum Beispiel in Rucksäcken zum Einsatz, mit denen sich Handys aufladen lassen. Allerdings: Richtig ausgereift sind die Plastik-Zellen noch nicht. Vor allem ihre Effizienz lässt noch zu wünschen übrig. Eine neue Strategie könnte Abhilfe schaffen.

Von Frank Grotelüschen | 06.09.2011
    Lange Jahre hat die Wissenschaft geforscht und getüftelt. Jetzt wird geliefert: Zumindest in kleinem Maßstab sind organische Solarzellen marktreif. Als Strom spendende Taschen und Käppis gibt es sie schon. Und nun lassen sie sich auch in die Fassaden von Gebäuden einbauen.

    "Das Interessanteste hier ist: Man kann diese organischen Solarzellen transparent machen, kann sie also in Fenster integrieren. Das ist einer der Vorteile dieser Technologie, die mit anderen Technologien sehr schwer zu machen sind",

    sagt Prof. Christoph Brabec, Physiker an der Universität Erlangen-Nürnberg. Fenster, beklebt mit durchsichtigen, folienartigen Plastik-Solarzellen – das klingt vielversprechend, etwa für großflächig verglaste Bürohaus-Fassaden. Nur: Mit den Solarzellen aus kristallinem Silizium, wie sie sich heute auf vielen Hausdächern finden, können die Plastikzellen noch nicht mithalten. Denn:

    "Die Effizienz ist deutlich geringer im Vergleich zu kristallinen Technologie."

    Während handelsübliche Siliziumzellen einen Wirkungsgrad von bis zu 20 Prozent schaffen, sind es bei den derzeit erhältlichen Plastikzellen nur drei Prozent. Sie wandeln also gerade mal drei Prozent des Sonnenlichts in Strom um. Im Labor aber sind die Forscher schon ein Stück weiter: Letztes Jahr schraubten sie die Effizienz erst auf acht, dann auf neun Prozent hoch – um jüngst sogar eine Schallmauer zu durchbrechen.

    "Die höchste Effizienz wurde vor wenigen Wochen von Mitsubishi Chemical angekündigt - mit über zehn Prozent. Die zehn Prozent sind so etwas wie der magische Meilenstein der Fotovoltaik, um ernst genommen zu werden. Und es scheint, dass die organische Fotovoltaik das vor wenigen Wochen geschafft hat!"

    Ein Teilerfolg. Nun tüfteln die Ingenieure daran, diesen Wirkungsgrad von zehn Prozent auch in die Praxis zu bringen. Grundlagenforscher wie Christoph Brabec hingegen schielen schon nach neuen Rekorden.

    "Man steckt sich jetzt die nächsten Ziele. Man möchte zeigen, dass man diese Technologie in den Bereich von 20 Prozent bringen kann."

    Also in den Bereich der derzeit besten Siliziumzellen. Nur: Wie wollen die Forscher das schaffen? Brabec setzt auf folgende Strategie.

    "Man versucht Materialien zu entwickeln, die Photonen aus dem Infrarot nehmen, also dort, wo die organischen Halbleiter nicht absorbieren. Und dann immer zwei Infrarot-Photonen in ein blaues Photon umzuwandeln."

    Aus zwei mach eins. Klingt nicht sehr effizient, sondern eher verschwenderisch. Doch dahinter steckt ein Kniff: Und zwar wollen die Forscher infrarote Photonen, also infrarote Lichtteilchen, mit denen die Plastiksolarzelle eigentlich gar nichts anzufangen weiß, umwandeln in blaue Photonen, welche die Zelle zu Strom machen kann. Aus zwei unbrauchbaren Lichtteilchen wird also ein brauchbares. Als Übersetzer oder Konverter fungieren spezielle Nanoteilchen, gespickt mit dem Leuchtstoff Phosphor.

    "Das sind Metalloxide. Die haben Größen von einigen zehn Nanometern. Wir sind in der Lage, in die Nanoteilchen diese Leuchtstoff-Konverter einzubringen, die dann den Job der Lichtkonversion machen."

    Die Nanoteilchen lösen die Forscher in Flüssigkeit. Das Resultat ist eine Tinte, mit der die Plastik-Solarzellen einfach bedruckt werden können. Das Prinzip funktioniert, das konnten das Team um Christoph Brabec vor kurzem zeigen. Nur: Den Wirkungsgrad konnten sie damit bislang noch nicht signifikant steigern. Bislang nämlich treten noch zu viele Infrarot-Photonen einfach durch die Konverterschicht hindurch, ohne dabei auf ein Nanoteilchen zu treffen und in blaue Lichtteilchen verwandelt zu werden. Einfach mehr Nanoteilchen in die Tinte zu rühren, funktioniert nicht. Gewisse Eigenschaften der Tinte würden sich dadurch verschlechtern. Deshalb planen die Forscher, das Licht quasi in die Schicht einzusperren, etwa durch winzige Gräben, die das Licht umleiten und seinen Weg in der Schicht verlängern. Und damit würden die Chancen deutlich steigen für ein erfolgreiches Rendezvous zwischen Photon und Nano-Teilchen.