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Energiemanagementsysteme für jedermann

Am Mittwoch beginnt in München die "Intersolar". Auf der Fachmesse für Solartechnik herrscht gedrückte Stimmung. Im vergangenen Jahr mussten mehrere große Solarfirmen in Deutschland Insolvenz anmelden. Jetzt setzt die Branche auf die Entwicklung intelligenter Energiemanagementsysteme und Speicherbatterien.

Von Susanne Lettenbauer | 19.06.2013
    Noch vor wenigen Jahren dominierten riesige Mustersolardächer die Messehallen der Intersolar in München. Deutsche Produktionsfirmen präsentierten Solarpaneelen in allen Formen und Größen. Das ist vorbei. Etliche ehemalige Marktführer fehlen dieses Jahr auf der Messe, weil sie Insolvenz anmelden mussten. Auch die Zahl der Aussteller ist leicht zurückgegangen, muss Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft BSW feststellen:

    "Momentan erleben wir in Deutschland leider einen rückläufigen Markt. Wir haben in den letzten acht Monaten seit der starken Fördereinschnitte im Erneuerbaren-Energien-Gesetz einen Marktrückgang von fast 50 Prozent, weltweit allerdings zieht die Nachfrage zunehmend an."

    Statt der Solardächer und Musterpaneelen dominieren in diesem Jahr auf der Intersolar Energiemanagementsysteme. Eine eigene Halle konzentriert sich eigens auf Batteriesysteme zur Speicherung des Stroms. Wie kann am effizientesten der produzierte Solarstrom selbst genutzt werden? Für Eigenheimbesitzer das Thema der Zukunft.

    Bis jetzt lag der Eigenverbrauch des Solarstroms vom Dach bei rund 35 Prozent. Das könnte auf bis zu 80, 90 Prozent hochgefahren werden, sind sich Experten sicher. Herzstück dieser Neuorientierung sind kleine unscheinbare Kästen, die auf der Intersolar stark vertreten sind: intelligente Energiemanager, steuerbar über Apps vom Smartphone aus. Je nach Wetterlage und Stromproduktion schalten sie Haushaltsgeräte an oder aus, so Tom Rudolf technischer Leiter des Energiemanagements bei der Kasseler Solarfirma SMA.

    "Wir haben also eine Lösung geschaffen, mit der man eine Lastverschiebung machen kann. Man kann also fernsteuerbar Gerätschaften einplanen in einen Energiemanager, und der kann entsprechend der Solarprognose, Erzeugerprognose Geräte oder Maschinen einschalten zu den Zeiten, in denen der Tarif günstig ist für das Gebäude, und der Tarif wird quasi berechnet aus dem Normaltarif, dem Bezugstarif und dem Tarif, den ich mir selber erzeuge durch das, was vom Dach kommt."

    Um fast 45 Prozent sank im vergangenen Jahr die Förderung von Photovoltaikanlagen in Deutschland. Zwar verringerte sich auch der Anschaffungspreis um 25 Prozent, doch Renditen von acht Prozent im Solarstromhandel – alles Vergangenheit. Solarstrom wird derzeit für 15 Cent pro Kilowattstunde ins Netz gespeist, Privathaushalte zahlen 27 Cent pro Kilowattstunde an ihren Anbieter. Genau diese Lücke haben findige Solarfirmen jetzt für sich entdeckt, sagt BSW-Chef Körner:

    "Vor diesem Hintergrund wird es immer attraktiver, Solarstrom nicht einfach nur ins Stromnetz einzuspeisen, sondern ihn auch möglichst gleich direkt zu verbrauchen, zu nutzen und zu speichern, dahin geht der Trend und das rechnet sich nach wie vor."

    Die kleinen Energiemanager, die auf der Intersolar gezeigt werden, schalten Haushaltsgeräte wie Geschirrspüler oder Waschmaschine ein, wenn viel Sonne vorhergesagt ist, die Stromleistung also steigt. Nebenbei kann eine Speicherbatterie aufgeladen werden, während der Verbrauch von teurem Strom aus der Steckdose gen null geht. Abends nutzt der Haushalt dann den Strom aus der Batterie.

    Noch ist diese Technologie teuer. Rund das Doppelte kostet eine neue PV-Anlage mit Batteriespeicher und Energiemanager. Ein im Mai angelaufenes Förderprogramm für Batteriespeicher unterstützt jedoch diese Investition.

    Im Privatkundenbereich hat sich die Nachfrage trotz der Fördermittelsenkung im Erneuerbare-Energien-Gesetz im vergangenen Jahr stabil gehalten, betont Körnig. Rund 8000 bis 10.000 Häuslebauer monatlich investierten nach wie vor in Photovoltaikanlagen. Die Entwicklung und staatliche Förderung neuer Speicherbatterien für Eigenheime machen Solarpaneelen wieder attraktiv.

    "Also hier erleben wir derzeit einen ungeheuren Innovationsschub. Die Entwicklung geht ganz klar hin zu die Smarthome-, Smartgrid-Systeme, die eben intelligent vernetzt sind, wo Angebot und Nachfrage synchronisiert werden, sich auch an meteorologischen Dingen orientieren können."

    Einzig die Kleininvestoren und das wachsende globale Interesse an Solaranlagen retten die Branche derzeit über die Flaute in Deutschland. Unter Druck gerate die Solarindustrie vor allem aufgrund der Zick-Zack-Politik der Bundesregierung, heißt es aus der Solarwirtschaft.