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Energiespezialist rät zum Kauf von effizienten Geräten

Der Energieexperte Martin Pehnt rät Haushalten, sich einen Überblick des Stromverbrauchs zu schaffen. Einsparung heißt nicht "in Sack und Asche herumzulaufen", so Pehnt, sondern künftig auf effiziente Geräte zu setzen. Hemmnisse sieht er bei einkommensschwache Haushalten.

Martin Pehnt im Gespräch mit Georg Ehring | 09.06.2011
    Georg Ehring: Reicht das Stromangebot auch dann, wenn die Atomkraftwerke abgeschaltet sind? Das hängt auch von der Nachfrage ab. Wenn weniger Energie verbraucht wird, muss ja auch weniger erzeugt werden. Die Bundesregierung hat deshalb auch einen Rückgang des Stromverbrauchs um zehn Prozent bis zum Jahr 2020 in das Konzept zur Energiewende eingeplant, und über die Frage, wie dies zu schaffen ist, habe ich vor dieser Sendung mit Dr. Martin Pehnt gesprochen. Er ist Energiespezialist beim Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg. Und ich habe ihn zunächst gefragt, wie realistisch ein Rückgang des Stromverbrauchs ist, obwohl es immer mehr Elektrogeräte gibt.

    Martin Pehnt: Also ich halte das Zehn-Prozent-Einsparziel für machbar, aber für ausgesprochen ehrgeizig. Das heißt, von ganz alleine wird das sicherlich nicht kommen, da muss sowohl der Staat noch einiges tun, da müssen die Hersteller einiges tun und da müssen natürlich auch die Kunden und Verbraucher etwas tun.

    Ehring: Wo kann Deutschland denn Strom sparen und wo wird bisher noch verschwendet?

    Pehnt: Das zieht sich durch alle Bereiche des Stromverbrauchs hindurch. Das fängt an bei den privaten Haushalten, die natürlich in allen Bereichen, von der alten Kühltruhe im Keller über die Umwälzpumpe, die der heimliche Energiefresser ist, das zieht sich dort hindurch. Wir haben aber genauso auch im Bereich des Gewerbes und der industriellen Energieverbraucher riesige Einsparpotenziale und das Interessante daran ist, dass diese Einsparpotenziale in aller Regel wirtschaftlich zu erschließen sind, aber eine ganze Reihe anderer Hemmnisse entgegenstehen.

    Ehring: Welche Hemmnisse sind das? Warum werden die nicht durch die Kraft des Marktes erschlossen?

    Pehnt: Das ist ein ganzes Bündel und das unterscheidet sich auch sehr stark. Viel hat zu tun mit Information, wir müssen erst mal mündig werden als Verbraucher, wir müssen sehen, wie viel Geld wir mit Energieeffizienzinvestitionen eigentlich einsparen können. Es hat aber auch damit zu tun, dass wir vielleicht nicht das Geld verfügbar haben. Gerade einkommensschwache Haushalte, die in eine bessere Kühltruhe, einen besseren Kühlschrank investieren wollen, haben dieses Geld nicht, selbst wenn sie hinterher damit einsparen. Und so ist es ein ganzes Bündel an Hemmnissen, das hat auch zu tun natürlich mit Bequemlichkeit, mit Verhaltensrutinen. Da müssen wir angreifen, um das Stromeinsparziel auch wirklich hinterher erzielen zu können.

    Ehring: Sind denn die politischen Weichen jetzt dafür richtig gestellt, oder was fehlt noch?

    Pehnt: Auch da gilt: es gibt Ansätze, die ich auch für sehr richtig halte. Vieles kommt da auch aus Europa. Wir kennen das Glühlampenverbot, das geht zurück auf die Ökodesign-Richtlinie. So umstritten es im Detail vielleicht ist, die Richtung ist richtig, dass wir versuchen, die effizientesten Geräte zum Maßstab des Marktes zu machen. Das ist die Ebene der Hersteller.

    Wir brauchen aber genauso gut auch noch viel mehr Instrumente im Bereich der Information, auch finanzielle Förderung. Es gibt zum Beispiel sehr interessante Projekte, Stromspar-Checks für Haushalte, wo Berater in die Haushalte gehen, sagen, hier und dort könnt ihr Energie einsparen, und dann vielleicht auch noch einen Gutschein für einen besonders effizienten Kühlschrank oder eine abschaltbare Steckerleiste mitbringen. Das heißt, es gibt eine ganze Reihe kreativer Ideen und die müssen wir einfach noch hochfahren und die Anstrengung wesentlich verstärken.

    Ehring: Was kann denn der einzelne Bürger tun, wo sollte man anfangen?

    Pehnt: Man sollte, glaube ich, erst mal sich einen Überblick verschaffen, was man im Haushalt hat, welche Verbraucher dort liegen. Oft sind es die verborgenen Verbraucher. Ich hatte bereits die alte Tiefkühltruhe im Keller genannt. Vielfach kann man sich dazu auch Messgeräte leihen, oder man kann sich einen Energieberater holen, der einem dabei auch hilft, wenn man sich technisch nicht auskennt. Das heißt, der erste Schritt ist eigentlich erst mal das Wissen darüber, welche Verbraucher man im Haushalt hat, und dann geht es in der Tat auch darum, neue Geräte unter Umständen zu kaufen, effiziente Geräte zu kaufen, und natürlich auch die Frage zu stellen, welche Geräte brauche ich denn überhaupt.

    Ehring: Das heißt Verzicht ist unter Umständen auch gefragt?

    Pehnt: Verzicht ist immer eine individuelle Entscheidung. Hier geht es, glaube ich, nicht darum, mit dem Zeigefinger zu sagen, du darfst keinen Fernseher haben. Aber ich denke, man sollte zumindest die Informationen darüber haben, dass ein großer Fernseher wesentlich mehr Energie verbraucht als ein kleiner. Man sollte sich vielleicht auch vor Augen halten, wie viel Euro das im Jahr kostet, und dann kann man diese Entscheidung treffen. Ich denke schon, dass jeder sich die Frage stellen muss, welche elektrischen Geräte im Haushalt denn wirklich notwendig sind, ohne dann sozusagen in Sack und Asche oder in Jutekleidung herumzulaufen. Das ist, glaube ich, nicht damit gemeint, sondern einfach ein verantwortungsvoller Umgang mit Energie.

    Ehring: So weit Martin Pehnt, Energiespezialist beim Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg.