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Energiewende birgt Gefahren für die Natur

Jetzt setzen viele Bundesländer wieder auf Windräder in Mittelgebirgen und auf Freiflächen, denn die Projekte auf dem Meer dauern länger und sind teurer als gedacht. Naturschützer haben Angst, dass der Naturschutz darunter leidet.

Von Verena Kemna | 05.07.2012
    Beim diesjährigen Deutschen Naturschutztag im September in Erfurt wird es im Wesentlichen auch um Fragen einer naturverträglichen Energiewende gehen. Günter Breitbarth vom Umweltministerium des Freistaates Thüringen betrachtet die Nutzung der Windenergie als große Herausforderung für den Naturschutz. Gleiches gilt für den Anbau von Biomasse, dabei gibt es in Thüringen nicht das so genannte Phänomen der Vermaisung von Ackerflächen. Hier stimmt das Verhältnis von Mais- und Weizenanbau, erklärt Günter Breitbarth. In allen Bundesländern gilt die so genannte Eingriffsregelung als Maßstab für die Verträglichkeit von Energiewende und Naturschutz. Baulichen Maßnahmen müssen Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des Naturschutzes gegenüberstehen.

    "Wir haben uns aus Thüringer Sicht bemüht eine Gleichstellung zu erreichen. Wir brauchen diesen Ausgleich, denn die Eingriffe finden statt, sie sind auch häufig unvermeidbar. Es geht darum, intelligente Kompensation zu realisieren und dort, wo es möglich ist auch finanziell auszugleichen."

    Als gelungenes Beispiel nennt er die Renaturierung von Mooren, die als Kompensationsleistung dienen. Ein anderes Beispiel sind Renaturierungsmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen, etwa folgendes Pilotprojekt.

    "Wo wir auf landwirtschaftlichen Flächen Acker-Wildkrautfloren entwickeln wollen und dies zusammen mit den Landwirten tun. Die Landwirte bleiben also in der Bewirtschaftung und wir erreichen Vorteile für die Biodiversität für Acker- Wildkräuter."

    Er fordert eine bessere Einbindung der Länder, wenn es darum geht, die Ziele der Energiewende umzusetzen. Auch Hartmut Vogtmann, Vizepräsident des Deutschen Naturschutzrings sieht vor allem beim Erneuerbare Energien Gesetz Handlungsbedarf. Maisanbau als Biomasse gefördert über das EEG erzeugt flächendeckende Monokulturen bundesweit, dabei würden wissenschaftliche Daten bezeugen, dass es auch anders geht.

    "In der Tat gibt es schon wissenschaftliche Daten die zeigen, dass man mit mehr Arten mit mehr Vielfalt und weniger Pestiziden und Düngemitteln genauso viel Biomasse erzeugen kann. Also hier hätten wir Biodiversität auf der einen Seite und Biomasse auf der anderen und ich habe mit Freude gelesen, dass Frau Aigner einen ersten Versuch eingeweiht hat, wo genau das gemacht wird mit Blühwiesen und Blühpflanzen. Blühende Landschaften und gleichzeitig Energieerzeugung, das stellen wir uns vor."

    Auch bei den Auswirkungen von Offshore Anlagen in der Nordsee sieht Vogtmann Mängel. Bewilligungen seien ausgesprochen worden ohne umfassende Daten. So sei kaum untersucht worden, wie sich die Offshorewindräder auf das Verhalten von Schweinswalen auswirken.

    "Das betrübt uns etwas. Wir hoffen, dass man da noch, wenn die ersten Daten vorliegen, nachbessern kann. Das wäre unser Wunsch, verhindern wollen wir es nicht. Es müssen ja auch die Ableitungen der Energie durch den Nationalpark Wattenmeer führen. Auch da haben wir ja schon vor einiger Zeit eingewilligt. Aber es müssen ja nicht zehn Leitungen an verschiedenen Orten sein und so kann man auch auf einen Nenner kommen."

    Langfristig sieht Vogtmann vom Deutschen Naturschutzring einen Lernprozess auf beiden Seiten.

    "Also ich sehe im Moment beim Naturschutz, dass er sich neu definiert und die klare Linie zieht of no return. Da muss der Naturschutz auch hart bleiben, es gibt eine Linie, die man nicht überschreiten kann. Aber ich sehe so viel Spielraum und so viele Möglichkeiten, dass es durchaus Hand in Hand gehen kann."

    Der Naturschutz dürfte sich aber keinesfalls in die Rolle des Verhinderers drängen lassen.