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Energiewende
Hendricks kritisiert Klimapaket der Bundesregierung

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks geht auf Distanz zu den energiepolitischen Beschlüssen des Koalitionsgipfels. Die Union habe mit ihrer Ablehnung der Kohleabgabe "eine deutlich teurere Alternative erwirkt", schrieb die SPD-Politikerin in einem Gastbeitrag für die "Welt". Aber auch aus den Reihen der CDU gibt es Kritik.

03.07.2015
    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). (Imago / IPON)
    Hendricks schrieb, der Stromsektor erbringe nur einen Teil der eigentlich erforderlichen 22 Millionen Tonnen CO2-Reduzierung. Die Branche dürfe daraus keineswegs den Schluss ziehen, in Zukunft von der Klimaschutzpflicht verschont zu werden - "ganz im Gegenteil".
    Die Spitzen der Großen Koalition hatten sich darauf geeinigt, auf die umstrittene Strafabgabe für alte Kohlekraftwerke zu verzichten. Mit der Abgabe hätte der Ausstoß von Kohlendioxid reduziert werden sollen. Stattdessen wollen Union und SPD das Ziel, 22 Millionen Tonnen CO2 einzusparen, nun mit einem Maßnahmen-Mix und weiteren Steuermilliarden erreichen. Um CSU-Chef Horst Seehofer entgegenzukommen, sollen zudem bei den neuen Nord-Süd-Stromautobahnen stärker bestehende Trassen genutzt werden. Auch sollen teure Erdkabel vorrangig verlegt werden. Die Zusatzkosten bis 2020 belaufen sich auf mehr als zehn Milliarden Euro.
    Kritik an der Bundeskanzlerin
    Hendricks kritisierte in dem Beitrag weiter, es habe in der Debatte über die Kohleabgabe "viele Polemiken und so manchen Unfug gegeben". Sie nannte als Beispiel die Aussage, dass 100.000 Arbeitsplätze durch die Einsparung von weiteren 22 Millionen Tonnen CO2 gefährdet seien. "Für mich sind solche Äußerungen Ausdruck politischer Unfähigkeit und Zukunftsverweigerung", schrieb sie. Hendricks kritisierte indirekt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Man kann nicht in Elmau die klimaneutrale Weltwirtschaft verkünden und gleichzeitig so tun, als ob das alles für die Kohleregionen in unserem Land nicht gilt". Die G7-Staaten hatten in Elmau den schrittweisen Ausstieg aus dem Zeitalter von Öl, Gas und Kohle angekündigt. Allerdings betonte Hendricks in ihrem Gastbeitrag auch: "Nun haben die Parteispitzen der Regierungskoalition ein Ergebnis vereinbart, das ich tragfähig finde."
    Klaus Töpfer
    Auch Klaus Töpfer kritisiert die Einigung. (picture alliance/dpa/Ralf Hirschberger)
    Kritik an dem Aus für die Klimaabgabe kam auch aus der CDU. Der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer sagte, es sei ein Beschluss, der deutlich hinter dem zurückbleibe, was damit als flexibles Instrument hätte angeboten werden können, sagte er dem epd. "Das kann nur ein Zwischenschritt sein. Die Notwendigkeit, sich in der Kohlepolitik zu einigen, ist zwingender denn je."
    Auch der Grünen-Energieexperte Hans-Josef Fell sieht in der Vereinbarung ein falsches Signal: "Es ist ein Bestandsschutz organisiert worden für die Kohlewirtschaft mit hohen neuen Subventionen, die den Steuerzahler und auch den Stromkunden belasten wird, und zusätzlich auch das gleiche in der Erdgaswirtschaft." Wenn man Klimaschutz machen wolle, dürfe man nicht die Subventionen für die Klimaschädigung erhöhen, sagte er im Deutschlandfunk. Es sei genau der falsche Weg.
    "Schlechter Deal für Verbraucher"
    Niels Schnoor vom Verbraucherzentrale Bundesverband betonte, der gefundene Kompromiss sei ein sehr schlechter Deal für die Verbraucher. Der Klimaschutz in Deutschland werde dadurch unnötig teuer, während die Kohlelobby von einer "Luxusrente für Braunkohlekraftwerke" profitiere, sagte er im Deutschlandfunk.
    Allerdings gibt es aus den Reihen der SPD auch Zustimmung für den Kompromiss. Der SPD-Energieexperte Johann Saathoff hatte gestern im Deutschlandfunk gesagt, dass die nötige Menge CO2 eingespart werde, "nur eben durch andere Mechanismen". Nach monatelangem aus der Stelle treten sei die Einigung ein gutes Signal für die Energiewende.
    (hba/bor)