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Energiewende
Stromspeicher Bergwerk

Windräder und Solaranlagen erzeugen Strom, aber leider nicht immer: Eine Herausforderung der Energiewende ist die Zwischenspeicherung überschüssigen Stroms für Zeiten der Flaute. Stillgelegte Bergwerke könnten dabei eine neue Nutzung erfahren.

Von Britta Fecke | 27.03.2014
    Mit zwölf Metern pro Sekunde rattert der Förderkorb in die Tiefe. Auf Sohle sieben, rund 1200 Meter unter der Erdoberfläche, hält er an. Noch steigen hier Bergmänner aus, doch bald ist Schicht im Schacht auf Prosper Haniel in Bottrop. Allerdings bedeutet das Ende der Steinkohle im Pott nicht, dass alle Flöze, Schächte und Stollen verfüllt werden. Denn mit dem untertägigen Streckennetz und der Fallhöhe zwischen den Sohlen kann man noch weiterarbeiten. Walter Eilert, vom Servicebereich Standort und Geodienste RAG:
    "Die Bedingungen sind eben, dass wir Tiefen aufweisen können, Täufen wie wir sagen, von mehr als 1000 Metern, so dass es also möglich ist über diesen Höhenunterschied Energie zu erzeugen."
    Die RAG hat gemeinsam mit der Universität Duisburg-Essen und der Ruhr-Universität Bochum nach neuen Nutzungsmöglichkeiten für die alte Infrastruktur gesucht. Eine Idee: Wo früher die fossilen Energieträger aus dem Berg gehauen wurden, soll in Zukunft unter anderem der Strom aus erneuerbaren Energiequellen gespeichert werden. Neue Technologie in alten Stollen! Der überschüssige Strom, der zum Beispiel von den Küsten im Norden kommen könnte, wird mit Hilfe von Pumpspeicherkraftwerken im Ruhrgebiet zwischengespeichert. Walter Eilert erklärt wie:
    "Das Wasser wird in einem Oberbecken gespeichert, das kann jetzt ein See sein, so wie man sich das auch in den Alpen vorstellt, das da ein See aufgespeichert wird mit 300.- bis 500.000 Kubikmeter Wasser. Und aus diesem Becken läuft das Wasser über Rohrleitungen in die Tiefe."
    Zum Beispiel bis hinunter auf Sohle sieben, 1200 Meter unter der Erdoberfläche
    "Am Ende der Rohrleitung stehen dann die Turbinen und über diese Turbinen wird dann der Strom erzeugt. Das Wasser wird in einem untertägigen Becken wieder aufgefangen und da so lange zwischenspeichert, bis man das Wasser über Pumpen wieder zur Tagesoberfläche fördert."
    Zu einem Zeitpunkt an dem ohnehin zu viel Strom produziert wird, könnte die überschüssige Energie genutzt werden, um das Wasser wieder hoch zu pumpen. Wenn der Bedarf dann wieder steigt, weil viele Waschmaschinen oder Produktionsbänder laufen, wird das Wasser wieder kontrolliert in die Tiefe stürzen und so erneut die Turbinen antreiben. Walter Eilert errechnet die Kapazitäten:
    "Das sind dann Speichervolumina zwischen 500.000 und einer Millionen Kubikmeter übertägig wie untertägig was dann zu Leistungen rein rechnerisch im Bereich von 300 bis 400 Megawatt führen könnte. Das sind Größenordnungen eines kleineren Steinkohlekraftwerkes.
    Seit dem Atomausstieg wird in Deutschland auch intensiv nach Möglichkeiten gesucht, um die schwankenden Strommengen aus den erneuerbaren Energiequellen, aus Wind- oder Sonnenkraft, zu speichern. Denn so viele Bergseen, wie man für die Zwischenspeicherung bräuchte, hat Deutschland nicht. Deshalb wurde auch über eine Kooperation mit Norwegen nachgedacht. Doch warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah - wenn auch tief?
    Und so versucht sich die als Klimasünder kritisierte Steinkohleindustrie nun an der klimaneutralen Energieproduktion. Die RAG hofft bei der Projektentwicklung auch auf die internationale Nachfrage. Frank Kremer, Sprecher der RAG:
    "Weltweit gibt es eine Menge Minen, Bergwerke, die sich theoretisch und auch praktisch dafür eignen würden, das was wir hier jetzt erstmals einzigartig entwickeln, auch umzusetzen. Das hier könnte tatsächlich wieder ein Exportschlager werden!"