Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Enttäuschte CDU-Anhänger
Konrad Adenauers "Erben" kritisieren Politik Merkels

Konservative Gruppen in und um die CDU üben Kritik an der Politik Angela Merkels - darunter "Konrads Erben". Das Netzwerk um einige Altstipendiaten der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung äußert vor allem Unmut über die aktuelle Flüchtlingspolitik - zum Ärger der Familie des Altkanzlers.

Von Moritz Küpper | 05.12.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel.
    „Wir sehen in vielen Fällen, durch die Politik von Angela Merkel, die Werte von Konrad Adenauer gefährdert", sagt Bernd Samland, Mitglied der Gruppe "Konrads Erben". (dpa/picture-alliance/Kay Nietfeld)
    Allen technischen Problemen zum Trotz, …
    "Klein Augenblick, klein Augenblick. Gleich…"
    – "Jetzt."
    – "Jetzt hören wir sie."
    – "Jetzt haben sie okay gedrückt, das war wichtig…"
    … erreichte ihr Anliegen in der vergangenen Woche auch Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich.
    "Ich bin einer der Altstipendiaten der Adenauer-Stiftung, die das ‚Rhöndorfer Manifest‘ verfasst haben, dass sich kritisch mit ihrer Migrationspolitik, Frau Merkel, auseinandersetzt."
    Kai Velten, Professor im Rheingau-Taunus-Kreis, CDU-Mitglied und eben Teil der Gruppe "Konrads Erben", konnte der Bundeskanzlerin bei einer digitalen CDU-Frage-Konferenz sein Anliegen nahebringen:
    "Ich nehme das schon zur Kenntnis."
    Sagte Merkel da. Doch: Was ist das für ein Zusammenschluss, für eine vermeintliche Erbengemeinschaft?
    "Wir haben uns im Oktober 2015 getroffen und dort war ein großer Unmut über die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel dort zu spüren und man verblieb, es müsse etwas passieren und es passierte nichts."
    Viel Unterstützung in den Sozialen Netzwerken
    Erzählt Bernd Samland von der Gründungsidee der Gruppe. Der Geschäftsführer einer Kölner Unternehmensberatung ist so etwas wie der Sprecher von "Konrads Erben". Und nachdem nix passiert sei, hätten er und ein paar Mitstreiter im Vorfeld des Altstipendiaten-Treffens 2016 ein paar Thesen verfasst:
    "Wir haben extrem viel Zuspruch bekommen. Aus dem Kreis der Altstipendiaten natürlich, aber auch von außen."
    Und das beflügelte. Über Facebook organisierte sich die Gruppe, die nach eigenen Angaben mehrere hundert Unterstützer hat. Ihr digitaler öffentlicher Auftritt gefällt mittlerweile knapp 2500 Usern. "Konrads Erben" verfügt über einen eigenen Twitterkanal und Unternehmensberater Samland bringt es auf den Punkt:
    "Als Markenexperte sagen, die Marke CDU total demontiert. Sie demontiert zum Kanzlerwahlverein."
    Eckpunkte des "Rhöndorfer Manifests", angelehnt an den einstigen Wohnort des Altkanzlers, sind beispielsweise der Erhalt einer europäisch-deutschen Leitkultur, innere Sicherheit und die Stellung Deutschlands in Europa.
    "Wir sehen in vielen Fällen, durch die Politik von Angela Merkel, die Werte von Konrad Adenauer, die wir auch im Rahmen der Konrad-Adenauer-Stiftung vermittelt bekommen haben, gefährdet."
    Sagt Samland:
    "Wenn man den rechtstheoretischen Satz: Das Asylrecht hat keine Obergrenze, was rechtstheoretisch stimmen mag, aber zur politischen Maxime erhebt, ist das nicht sehr klug, ums vorsichtig auszudrücken und eigentlich eines Konrad Adenauers nicht würdig."
    Kritische Stimmen aus der Adenauer-Familie
    "Asyl kann man nicht auch obermäßig begrenzen. Das geht nicht. Asyl ist ein Mitleid, Mitleid kann man nicht begrenzen. Und es ist doch keinem was weggenommen worden, keinem fehlt das Brot zu Essen, alle leben besser denn je."
    Konrad Adenauer ist der Älteste der insgesamt 24 Enkel des Altkanzlers, arbeitete einst als Notar in Köln. Er ist ein wahrer Erbe des Altkanzlers, kümmert sich um die Großfamilie. Immer zu Weihnachten treffen sich die Nachfahren in Adenauers Haus in Rhöndorf. Nun also das "Rhöndorfer Manifest" der anderen "Erben".
    Der Vergleich sei schwierig, …
    "…alles 50 Jahre her, die Zeit von meinem Großvater, es gibt neue Probleme, neue Aufgaben. Wenn man an die Flüchtlinge denkt, haben wir damals auch zehn Millionen vertriebene Flüchtlinge aufgenommen. Und hier geht es mal um Eine und die wird weiter reduziert werden. Was wir brauchen, ist ein Einwanderungsgesetz, da bin ich unbedingt dafür, wäre mein Großvater auch dafür."
    Natürlich, so Adenauer, er sei nicht in allen Punkten – Stichwort Energiewende – mit Merkels Politik einverstanden. Er selbst sei auch sehr konservativ, man müsse nicht alles mitmachen. Dennoch: Der Ruf nach einer Obergrenze sei allerdings schlichtweg falsch. Sein Urteil über die Gruppe "Konrads Erben":
    "Ich halte das etwas für eine Trittbrettfahrerei. Ich finde es immer schön, wenn mein Großvater als Vorbild nimmt und ihn erwähnt und seinen Namen gebraucht, aber hier – in allen Ehren, man will mit dem Namen eben Aufsehen erregen und sagen wir sind die Basis, wir sind die wahren Adenauer-Erben, aber so viele harte Worte, wie die da geschrieben haben, hätte unserer nie gebraucht."
    Und auch Ottheinrich von Weitershausen bewertet die Gruppe differenziert. Der 67-jährige Volkswirt lebt nördlich von Berlin und ist Sprecher des Vereins der "Altstipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.". In den 50 Jahren sind rund 13.000 Menschen von der CDU-nahen Stiftung gefördert worden und etwa 50-60 seien eben bei "Konrads Erben" dabei. Deren Thesen hat auch er gesehen:
    "Da war eigentlich mein Fazit, dass man diesen Namen nicht so ohne weiteres für die zehn Thesen in Anspruch nehmen kann."
    Bernd Samland, der Sprecher von "Konrads Erben", erhofft sich von dem nun anstehenden CDU-Bundesparteitag in Essen naturgemäß wenig:
    "Ganz realistisch wird es auf dem Bundesparteitag keine Revolution geben."
    Und in welcher Rechtsform "Konrads Erben" weitermachen wird – ist auch noch offen. Man überlege, einen Verein zu gründen. Ob der Name "Konrads Erben" letztendlich dann aber inhaltlich der Richtig wäre, müsste angesichts des Widerspruchs dann wohl nochmal überlegt werden.