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Entwurf von Ministerin Schwesig (SPD)
Kabinett beschließt Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit

Die SPD spricht von einem Riesenerfolg, Kritiker beschimpfen das Gesetz als "Schwesig-Bürokratie". Der technische Titel lautet: Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen. Es geht um Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen.

Von Klaus Remme | 11.01.2017
    Rote Winkfähnchen mit der Aufschrift "Equal Pay Day", im Hintergrund das Brandenburger Tor in Berlin.
    Manuela Schwesig will genauer hinschauen, wo Lohnlücken zwischen Männern und Frauen existieren. (dpa/Wolfgang Kumm)
    Manuela Schwesig, die zuständige Ministerin, sagte heute Vormittag in Berlin: "Es geht darum, mit einem Tabu zu brechen und zwar mit dem Tabu, über Geld redet man nicht."
    Eckpfeiler des neuen Gesetzes ist ein Auskunftsanspruch in Unternehmen ab 200 Beschäftigten.
    "Mit diesem Auskunftsanspruch hat man zukünftig die Möglichkeit, von einer Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts, zu erfahren, wie dort durchschnittlich bezahlt wird."
    Dieser Anspruch gilt nicht nur für das Bruttogehalt, sondern auch für bis zu zwei weitere mögliche Gehaltsbestandteile, Boni etwa, Dienstwagen oder Smartphones. Unternehmen ab 500 Mitarbeitern werden durch das Gesetz verpflichtet, darüber zu berichten, wie sie die existierende Lohnlücke zwischen Männern und Frauen schließen wollen. Eine Lücke, die vom statistischen Bundesamt mit 21 Prozent beziffert wird und nach Abzug anderer Ursachen, wie Teilzeitarbeit und Berufsschwerpunkt mit geringerem Verdienst, immer noch bei sieben Prozent liegt.
    "Hier geht es nicht um einen Generalverdacht, dass Frauen in Deutschland massenweise bei den Gehaltsverhandlungen über den Tisch gezogen werden. Hier geht es darum, dass auch historisch Tätigkeiten von Frauen schlechter bezahlt werden als Tätigkeiten von Männern."
    Ein klassisches Gerechtigkeitsthema, so Manuela Schwesig, nicht nur für Frauen: "Kein Mann kann wollen, dass seine Partnerin schlechter bezahlt wird, nur weil sie eine Frau ist und kein Vater kann wollen, dass seine Tochter trotz bester Ausbildung und gutem Studium schlechter bezahlt wird, nur weil sie eine Frau ist."
    In Unternehmen mit Tarifbindung und Betriebsrat sieht Schwesig die Umsetzung weniger problematisch. Der Auskunftsanspruch soll möglichst über den Betriebsrat abgewickelt werden. Gibt es keinen, dann müssen die Arbeitnehmer selbst handeln.
    Kritik am Gesetz
    Es gibt lautstarke Kritik an diesem Gesetz - in der Wirtschaft aber auch innerhalb der Großen Koalition. Monatelang leistete die Unionsfraktion Widerstand, von einem Verstoß gegen den Koalitionsvertrag ist die Rede, dort hatte man sich auf eine Untergrenze von Unternehmen mit 500 Mitarbeitern verständigt. Jetzt seien 4.000 zusätzliche Betriebe betroffen, so die Klage. Die Frauenministerin macht eine andere Rechnung auf:
    "Ich bin sehr froh, dass wir die Grenze auf 200 runtergedrückt haben, weil wir so 14 Millionen Beschäftigte erreichen, fast die Hälfte der Frauen und ich bin sehr froh, dass der Koalitionspartner und wir jetzt eine gemeinsame Lösung gefunden haben."
    Falsches Gesetz, falsche Handlungsaktivität, so das Urteil von BDI Präsident Dieter Kempf: "Solange wir in Deutschland, das hat aber ganz andere Ursachen, eine deutlich höhere Teilzeitquote bei Frauen haben als bei Männern, wird eine volkswirtschaftliche Begründung dieses Themas de facto immer falsch sein."
    Zu bürokratisch, das ist auch die Kritik von Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Und die Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen, Stephanie Bschorr, sagte der Funke Mediengruppe: Die Hoffnung, das Gesetz könne die Lohnlücke wirksam verringern, führt in die Irre.