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Erdbeben in Italien
"Mein Haus gibt es praktisch nicht mehr"

Nach dem Erdbeben in Italien mit etwa 240 Toten dauert die Suche nach Überlebenden an. Immer noch können die Helfer Menschen lebend aus den Trümmern retten. Inzwischen werden aber auch Fragen laut, wieso selbst moderne oder sanierte Gebäude den Erschütterungen nicht stand hielten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits.

Von Markus Epping | 25.08.2016
    Helfer suchen in den Trümmern eines Gebäudes in Amatrice in Italien nach Überlebenden des Erdbebens.
    Helfer suchen in den Trümmern eines Gebäudes in Amatrice in Italien nach Überlebenden des Erdbebens. (AFP / FILIPPO MONTEFORTE)
    Die Retter in den zerstörten Bergdörfer halten sich an der Hoffnung fest. Seit gestern haben sie 215 Menschen lebend aus den Trümmerhaufen gezogen. Auch wenn die Chancen, noch mehr Lebende zu finden, kleiner werden - sie suchen weiter, sagt dieser Feuerwehrsprecher aus der Region Marken:
    "Wir arbeiten genauso intensiv wie gestern morgen, als es noch dunkel war, direkt nach dem Erdbeben. Die Überzeugung, noch jemanden lebend zu finden, ist ganz wichtig, auch wenn man an frühere Erdbeben denkt."
    Erinnerung an L'Aquila
    Worauf der Feuerwehrmann anspielt, ist unter anderem das Erdbeben in L'Aquila vor sieben Jahren. Damals wurden noch 72 Stunden danach Lebende gefunden. Jetzt sind nur 36 Stunden vergangen und tatsächlich - immer noch werden vereinzelt Überlebende gefunden. Der Feuerwehrsprecher erzählt von einem geretteten Mädchen:
    "Als wir das Jammern des Mädchens gehört haben und wir sie dann wirklich rausziehen konnten, da haben die Retter fast euphorisch reagiert. Weil das die Dinge sind, die uns weitermachen lassen."
    Die Arbeit der Helfer wird erschwert durch viele Nachbeben. Heute Nachmittag gab es noch mal ein stärkeres. Weitere Häuser sind eingestürzt - solche, die eh schon wackelig waren. Diese Frau hier hat ihr Haus endgültig verloren, wegen eines Nachbebens.
    "Mein Haus gibt es praktisch nicht mehr. Auch weil der Glockenturm jetzt darauf gestürzt ist. Vorher war das Haus schon rissig, jetzt ist es am Boden."
    Gebäude sollen erdbebensicher werden
    Inzwischen fragen manche, warum überhaupt so viele Gebäude nicht sicherer waren. Die Staatsanwaltschaft von Rieti in Latium hat Ermittlungen aufgenommen. Es geht um die Frage, warum auch frisch sanierte Gebäude einstürzten. Eine Schule im Ort Amatrice und ein Kirchturm in Accumoli. Der Provinzpräsident der Stadt Ascoli Piceno forderte, dass der italienische Nationalstaat helfen muss, um die Gebäude in Zukunft erdbebensicher zu machen.
    "Wir brauchen hier dringend einen langjährigen Aufbauplan, um die Häuser vorschriftsgemäß abzusichern - vor allem die in den Risikogebieten."
    Überlebende sind in Zelten untergebracht
    Solche Sätze entsprechen ziemlich genau dem, was Regierungschef Renzi gesagt hat. Er versprach den Einwohnern der zerstörten Dörfer nordöstlich von Rom, dass diese wieder aufgebaut werden. Und zwar nach neuen Sicherheitsstandards.
    Bis dahin ist noch hin. Zur Zeit sind hunderte Überlebende erst mal in Zelten untergebracht. Es gibt Essen und Trinken, ein Feldbett und medizinische Versorgung. Die Hilfe kam schnell. Die Frage ist, wie lange sie bleiben muss. Niemand hier geht davon aus, dass die Zeltstädte schnell wieder abgebaut werden können. Denn wo sollen die Menschen hin? Von ihren Dörfern sind zum Teil nur Schuttberge geblieben.