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Erdbeben in Nepal
Ausharren unter unmenschlichen Bedingungen

Die Lage der Menschen in Nepal ist weiterhin dramatisch. Ihre Häuser sind entweder zerstört oder so schwer beschädigt, dass sie weiter in provisorischen Zeltlagern leben müssen. Dort fehlt es an Toiletten und sauberem Wasser. Die Angst vor Krankheiten und Seuchen wächst, die vor allem Kinder treffen würden.

Von Jürgen Webermann | 01.05.2015
    Eine nepalesische Mutter liegt mit ihrem Kind in einem Notzelt.
    Eine Mutter ist mit ihrem Kind in einem Notzelt untergekommen. (dpa / picture alliance)
    Die provisorische Zeltstadt steht auf einer weitläufigen Grünfläche mitten in Kathmandu. Normalerweise finden hier auf dem Tundikhel Militärparaden, religiöse Festivals oder Musikkonzerte statt. Jetzt ist das Gelände eines von 21 Lagern für Menschen, die beim Erdbeben obdachlos wurden. Offiziellen Angaben zufolge sind allein in Kathmandu mehr als 20.000 Menschen in den Notbehelfen untergebracht.
    Wahrscheinlich sind es aber deutlich mehr. Es fehlt an Toiletten, an sauberem Wasser, und der Regen setzt den Menschen zu. Denn die meisten Planen sind nicht wasserdicht. Zum Teil ist der Platz eine Schlammwüste.
    "Ich habe Angst, dass meine Kinder hier krank werden. Es ist so dreckig hier. Die Menschen erleichtern sich überall hier, das Wasser, mit dem wir die Hände und das Geschirr waschen, ist auch nicht sauber. Immerhin haben wir etwas Trinkwasser erhalten", sagt eine Frau, die seit vergangenem Samstag hier campieren muss. Und sie fügt hinzu, dass einige Menschen bereits husten und Fälle von Durchfallerkrankungen aufgetreten sind. Die Frau kann nicht in ihr zerstörtes Haus zurück, wie viele andere, die allen Mut aufgebracht und das Lager verlassen haben. Schwere Nachbeben hat es seit drei Tagen nicht mehr gegeben. Viele Häuser stehen in Kathmandu zwar noch, sind aber beschädigt. Insgesamt wurden laut Vereinten Nationen mehr als 200.000 Häuser zerstört oder schwer beschädigt.
    Lebende werden kaum noch in den Trümmern gefunden
    Deshalb müssen viele Menschen weiter unter unmenschlichen Bedingungen ausharren, denn stabile Unterkünfte aufzubauen, das wird wohl noch dauern. Die nepalesische Regierung warnte bereits vor Tagen, dass sich Krankheiten in den zerstörten Dörfern und in den Auffanglagern ausbreiten könnten. Ein Mitarbeiter des nepalesischen Roten Kreuzes: "Die Gefahr von Krankheiten ist tatsächlich sehr groß. Die Umgebung ist zu dreckig. Die Behörden verteilen hier zwar Medikamente. Aber die meisten Leute wissen nicht, wozu die gut sind, und in welcher Dosis sie die Medizin einnehmen sollen."
    Vor allem Kinder seien gefährdet, sagt ein Mitarbeiter des Kinderhilfswerks UNICEF. Masern und Durchfallerkrankungen könnten für kleine und bereits kranke Kinder lebensgefährlich werden.
    In einem Feldkrankenhaus der israelischen Armee versuchen die Ärzte, das Leben einer Frau zu retten, die gestern Abend aus den Trümmern eines eingestürzten Hauses in Kathmandu gezogen wurde? Wie durch ein Wunder lebte sie noch. Zehn Stunden hatten die Bergungsmannschaften vorsichtig versucht, zu ihr durchzudringen.
    "Ihr Zustand ist aber nicht stabil. Er wird für mindestens 48 Stunden noch kritisch bleiben. Wir hoffen wirklich, dass sie es schafft", sagt ein israelischer Arzt. Auch heute graben die Rettungsmannschaften, bisher bargen sie aber nur Leichen. In der Stadt Gorkha, in der Nähe des Epizentrums des Bebens, mussten einige Suchmannschaften wieder umkehren, darunter auch deutsche Helfer? In den Dörfern, in die sie sich durchgeschlagen hatten, wurde niemand mehr vermisst, aber diese Information war zu den Koordinatoren der nepalesischen Regierung und der Vereinten Nationen nicht durchgedrungen. Stattdessen baten die Menschen eindringlich um Zelte, Lebensmittel und frisches Wasser.