Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Erdstöße als Folge von Energiegewinnung

Der Oberrheingraben gilt als ein günstiges Gebiet für die sogenannte Tiefengeothermie. Denn schon in 3000 Meter Tiefe gibt es 160 Grad heißes Wasser, das für Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden kann. Doch weil die Technik der Tiefengeothermie noch nicht ausgereift ist, hat es in den vergangenen Jahren an verschiedenen Stellen im Oberrheingraben Erdstöße gegeben - hervorgerufen durch die Kraftwerke. Eines der bundesweit wichtigsten Forschungskraftwerke für Erdwärme läuft seit fünf Jahren im pfälzischen Landau. Doch auch die Zukunft dieses Kraftwerks ist ungewiss; die Technik steht an einem Scheideweg.

Von Ludger Fittkau | 16.03.2012
    "Was Sie hier direkt sehen, diese beiden sogenannten Bohrköpfe, das ist eigentlich unsere Energiequelle. Sie sehen den einen Kopf, wo oben noch der Motor dranhängt, da wird das warme Wasser, das 160 Grad heiße Wasser wird zutage gefördert, aus einer Tiefe von etwa drei Kilometern. Und der andere Bohrkopf, das ist der Bohrkopf, wo das Wasser wieder in den Fels zurückfließt."

    Dr. Christian Lerch ist Leiter des Geothermiekraftwerks Landau in der Pfalz. Der Geowissenschaftler beschreibt einen Vorgang, dessen technische Bewältigung möglicherweise über die Zukunft der Tiefengeothermie in Deutschland entscheidet: Denn 2009 löste das Zurückpressen des Wassers in die Felsformationen in 3000 Meter Tiefe unter Landau Erschütterungen aus, die zu einem Ausschlag bis zu 2,7 auf der Richterskala führten. Anwohner hörten ein Grollen in der Erde. Ähnliches passierte zuvor bei einem Erdwärmeprojekt in Basel. Professor Harald Ehses, Direktor des rheinland-pfälzischen Landesamtes für Geologie und Bergbau:

    "Das sind Erschütterungen die sind dann so stark, beispielsweise Basel, mit einer Magnitude von 3,5 in Basel eventuell sogar zu Gebäudeschäden gekommen sein kann. In Landau gibt es zwar auch Beschwerden bezüglich Gebäudeschäden, nur ist dort nirgendwo nachgewiesen, dass die Beben bis jetzt dazu geführt haben. Nichtsdestotrotz ist es natürlich nicht wünschenswert, das die Bürger diese Erscheinungen spüren. Das führt immer zu Unmut und zu Misstrauen einer Technik gegenüber und das ist ganz wesentliches Hemmnis der Tiefengeothermie zurzeit und das muss abgebaut werden."

    In Landau versucht man es im Augenblick mit einem Mediationsverfahren, das zum Ergebnis haben könnte, dass mögliche Häuserschäden künftig unbürokratisch und schnell vom Kraftwerksbetreiber beseitigt werden.

    Um eine Wiederholung von an der Oberfläche spürbaren Erdstößen durch die Energiegewinnung zu vermeiden, wurde inzwischen die Leistung des Landauer Tiefengeothermiekraftwerks gedrosselt - das Wasser wird nun mit weniger Kraft zurück in die Gesteine gedrückt. Das führt aber auch dazu, dass das Kraftwerk zurzeit weniger Energie liefert als ursprünglich geplant. Deshalb denkt nun das Energiewerk der Stadt Landau, das bisher am Betreiberkonsortium des rund 20 Millionen Euro teuren Kraftwerks beteiligt ist, öffentlich über einen Ausstieg aus dem Projekt nach. Der Bund und das Land Rheinland-Pfalz halten das für ein falsches Signal. Denn das Landauer Kraftwerk gilt bundesweit als einer der wichtigsten Forschungsstandorte für die Entwicklung der Tiefengeothermie. Professor Harald Ehses vom rheinland-pfälzischen Landesamt für Geologie betont, die Tiefengeothermie sei eine der wenigen grundlastfähigen regenerativen Energien der Zukunft. Sie sei aber noch im Forschungsstadium.

    "Das ist meine Angst eigentlich, dass wir jetzt Wege schon gefunden haben, um da einzusteigen und dann tatsächlich auf Hemmnisse stoßen, die uns nicht mehr erlauben, die nächsten Schritte zu gegen, um dort hinzukommen. Und das wäre natürlich langfristig gesehen sehr schwierig, weil diese Schritte holt man nicht wieder ein, man wird wieder von Neuem anfangen müssen. Und es wäre sehr schade, wenn wir jetzt dort tatsächlich einen Bruch erleben müssten."

    Um eine Schließung des Tiefengeothermiekraftwerks Landau zu vermeiden, ist auch die Bundesregierung bereit, noch einmal mehrere Millionen Euro in das Projekt hineinzuschießen. Dabei geht es um eine zusätzliche Bohrung, eine sogenannte Entlastungsbohrung, mit der die Leistung des Kraftwerks langfristig wieder verbessert werden soll, ohne den Wasserdruck auf die Gesteinsschichten in 3 Kilometer Tiefe zu erhöhen. Christian Lerch, der Leiter des Kraftwerks:

    "Bei dieser zweiten Bohrung wäre das im Oberrheingraben zum ersten Mal so, dass wir die sogenannte Triplette - also insgesamt drei Bohrungen, eine hoch, zwei runter - anwenden würden, deswegen sind wir hier im Bereich der förderfähigen Forschung. Wir sind uns aber so sicher, dass das funktioniert, dass das Bundesumweltministerium auch sagt: Ja, das finden wir gut, das würden wir fördern."

    Doch der Ball liegt nun bei den mehrheitlich kommunalen Betreibern des Landauer Kraftwerks. Die müssen überzeugt werden, bei der Stange zu bleiben. Die rot-grüne Landesregierung in Mainz vermittelt zurzeit.