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Erfahrungen aus aller Welt

Schon seit einem halben Jahr ist Studentin Anna Koptina aus Russland nun in Deutschland - Land und Leute kennt sie mittlerweile ganz gut. Trotzdem tut es ihr manchmal gut, sich auch mit Gleichgesinnten zu treffen, wie auf dem regelmäßigen Stammtisch des DAAD, bei dem Studierende aus aller Welt zusammen kommen.

Von Nina Treude | 09.03.2011
    "Es gibt eine Sache, die ist für mich besonders an Bonn und generell an Deutschland. Ich mag es, wenn viele unterschiedliche Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen in einer Stadt leben und sich austauschen. So wie heute, bei unserem DAAD-Treffen mit Menschen aus aller Welt. In Russland leben fast ausschließlich Russen."

    Anna Koptina aus Russland hat sich gut in Bonn eingelebt. Sie steht zwar tagtäglich in ihrem Labor am biochemischen Institut der Uni Bonn, aber trotzdem nimmt sie sich immer wieder Zeit, ihre Wahlheimat zu erkunden. Besonders interessant ist für Anna der Vergleich der russischen Kultur mit den deutschen Sitten und Bräuchen, die ihr manchmal etwas skurril erscheinen.

    "Ich wollte neulich schwimmen gehen und dann war dort ein Ankündigung, dass einmal im Monat 'Schwimmen wie Adam und Eva' ist. Nackt schwimmen zu gehen, das wäre in Russland absolut unmöglich."

    Die Rollenverteilung in deutschen Familien hat Anna besonders überrascht. Männer, die sich um Kinder und Haushalt kümmern, kennt sie aus Russland nicht. Die junge Wissenschaftlerin und ihre Freundinnen finden diese gleichberechtigte Lebensweise toll. Der Stammtisch des DAAD ist die ideale Plattform für die jungen Stipendiaten, sich untereinander auszutauschen und von ihren Erlebnissen zu berichten. Gerade Studierende aus südlichen Ländern, empfinden die Deutschen manchmal als zu kühl und zurückhaltend. Für Annas Kommilitonin Burcu Uslu aus der Türkei war das am Anfang nicht leicht.

    "Wenn die Leute merken, dass ein Mensch nicht hochdeutsch reden kann, dann haben nicht alle so sympathische Ansichten. Ich versuche deutsch zu reden, damit es besser wird, aber die versuchen immer auf Englisch umzuschalten. In der Türkei sind wir so stolz, wenn jemand versucht, unsere Sprache zu sprechen."

    Damit die Studis aber gerne auf ihre Zeit in Deutschland zurückblicken, nehmen am DAAD-Stammtisch auch ehemalige deutsche Stipendiaten teil. Die Alumni haben immer ein offenes Ohr für Probleme und stehen Anna und ihren Freunden gerne beratend zur Seite, wie Rainer Dobbelstein.

    "Ich möchte dem DAAD etwas zurückgeben, deshalb bemühe ich mich jetzt um die Stipendiaten in Bonn. Das Wichtigste ist eigentlich, dass sie Kontakt untereinander haben. Sie haben ja ähnliche Erfahrungen, ähnliche Schwierigkeiten und um hier mit der Situation zurecht zu kommen ist es sehr nützlich, andere Ausländer zu fragen, wie die diese Situation bewältigt haben."

    In der buntgemischten Runde geht es lustig zu. Jeder hat etwas anderes zu erzählen, Komisches erlebt oder auch Ungewohntes zu berichten. Tagnon Missihoun aus Benin lebt seit vier Jahren in Deutschland. Er erinnert sich noch gut an seine ersten Tage.

    "In Benin kann man sich einfach auf der Straße kennenlernen, das geht hier gar nicht. An meinem ersten Tag hier war ich an einer Haltestelle und habe angefangen die Leute zu grüßen, aber niemand hat mir geantwortet. Langsam habe ich gelernt, das ist schon etwas anderes hier."

    Die jungen Studierenden, so unterschiedlich sie sind, verbindet ihre Erfahrung, sich in einem fremden Land zurechtfinden zu müssen. Anna hat ihre Entscheidung nicht bereut. Sie ist begeistert von den guten Forschungsbedingungen in Deutschland und der engen Verbindung zwischen Forschung und Industrie, die es so in Russland nicht gibt. Die schnelle Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis hat Anna verblüfft. Und auch persönlich nimmt sie von ihrer Zeit in Bonn viel mit nach Hause.

    "Wenn man viel reist, verändert man sich sehr. Ich reise gerne, weil ich diese Herausforderung mag. Es ist nicht immer leicht, aber ich genieße es. Ich mag es, dass ich dadurch auch organisierter geworden bin. Das habe ich mir von den Deutschen abgeschaut."