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Erfolg mit Schattenseiten

Hydrologie. - Olivenöl hat einen weltweiten Erfolgszug als gesunde Grundlage der sogenannten Mittelmeer-Diät hinter sich. Außer in ihrem mediterranen Ursprungsgebiet gibt es Olivenhaine heutzutage auch in Südafrika, Australien, den USA und Indien oder China. Der massenhafte Anbau hat nicht nur Vorteile. Auf der Tagung "Biohydrologie 2013" wurde diskutiert, wie man den Wasserverbrauch der Plantagen eindämmen und den Abfall der Olivenmühlen verwenden kann.

Von Volker Mrasek | 06.06.2013
    Man kann ohne weiteres sagen, daß Olivenöl die Welt erobert. Das zeigt sich schon in der Ausbreitung der Ölbaum-Plantagen. Der Pflanzenphysiologe und Oliven-Spezialist Arnon Dag von der staatlichen Agrarforschungsorganisation Israels in der Negev-Wüste:

    "Weltweit gibt es heute 30 Millionen Hektar Oliven-Plantagen. Die Produktionsmenge hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten ungefähr verdreifacht – weil die Nachfrage nach Olivenöl enorm gestiegen ist. Ursprünglich wurden Ölbäume nur im Mittelmeerraum angebaut. Jetzt geschieht das auch in Südafrika, in den USA, in Südamerika, in Australien – und sogar in China und Indien."

    Diese Expansion bringt aber Nachteile mit sich. Fast alle Ölbaum-Plantagen werden heute künstlich bewässert, um hohe Erträge zu erzielen. Als Faustregel gilt dabei: Um einen Liter Olivenöl zu erzeugen, benötigt man die 120fache Menge Wasser. Und das in Anbauregionen, die typischerweise ein mediterranes Klima haben und wo Süßwasser deshalb knapp ist. Arnon Dag zählt zu den Forschern, die nach einem Ausweg aus diesem Dilemma suchen. Auf der Biohydrologie-Tagung in Landau in der Pfalz berichtet er jetzt von Lösungsansätzen in Israel:

    "Zum Glück sind Oliven ziemlich unempfindlich gegenüber Salz. Deshalb können wir geklärtes Abwasser für ihre Bewässerung verwenden. In Israel ist das schon auf der Hälfte der Anbaufläche der Fall. Wir sind da eines der führenden Länder auf der Erde. Außerdem fördern wir Salzwasser aus Reservoiren im Untergrund, für das es sonst keine Verwendung gibt, und bewässern auch damit die Oliven-Haine. Auf diese Weise beanspruchen wir kein Süßwasser."

    Auch in Italien und Nordafrika wird dieses Verfahren laut dem Botaniker aus der Negev-Wüste inzwischen häufiger angewendet. Es spart sogar Düngemittel. Denn in geklärtem Abwasser sind immer noch wichtige Pflanzennährstoffe enthalten wie Phosphor und Kalium. Andererseits fragt man sich: Versalzen die Böden durch die Nutzung von Abwasser nicht zu stark? Auch dafür haben Arnon Dag und andere Experten aber eine Lösung gefunden:

    "Es ist nötig, das Salz aus der Wurzelzone auszuwaschen. Deswegen bewässern wir etwas stärker. Wir versorgen die Pflanzen mit dem Wasser, das sie brauchen, und geben noch etwa 30 Prozent oben drauf. Damit spülen wir das Salz wieder aus der Wurzelzone. Geklärtes Abwasser gibt es genug, und es kostet nicht viel. Das geht also."

    Probleme bringt der globale Olivenöl-Boom auch an anderer Stelle mit sich. Und zwar später in der Mühle, wenn aus den geernteten Früchten im Winter das Öl gepresst wird. Dabei gibt es seit einigen Jahren eine neue Technologie. Bei ihr fällt neben festen und schlammigen Abfällen jetzt auch Abwasser an – allerdings eines, das als kritisch zu bewerten ist. Gabriele Schaumann, Professorin für Umwelt- und Bodenchemie an der Universität Koblenz-Landau:

    "Mehr Öl aus den Oliven, das war die Idee. Und ganz viele kleine Familienbetriebe in Israel, in Palästina, in Griechenland und auch, ich glaube, in Spanien und Italien haben umgestellt. Und dann hat man erst gemerkt, daß das Abwasser, das entsteht, höchst gefährlich ist und einfach nicht mit dem normalen Klärprozess entsorgt werden kann."

    Das Abwasser mit den Olivenresten ist extrem sauer. Zudem enthält es äußerst viele organische Substanzen. Ihr Abbau verbraucht große Mengen Sauerstoff. Schaumann:

    "Da kippen dann die Systeme um. Und jetzt nehmen die Kläranlagen das nicht mehr an."

    Insofern weiß niemand im Moment so recht, was man mit dem Abwasser anstellen soll. Die Idee ist nun, es wieder in den Ölbaum-Plantagen selbst auszubringen. Denn in den Olivenresten stecken ebenfalls reichlich Nährstoffe. Gabriele Schaumanns Arbeitsgruppe erforscht derzeit, unter welchen Bedingungen das klappen könnte. Die Jahreszeit sei entscheidend, sagt Gabriele Schaumann:

    "Wir versuchen jetzt eben gerade, Methoden zu entwickeln, wie wir das im Frühling ausbringen können, wo die biologische Aktivität im Boden sehr hoch ist und wo die organischen Stoffe abgebaut werden können."

    Auch das Abwasser der Öl-Mühlen hätte dann zusätzlich eine Düngerwirkung. Die bisherigen Ergebnisse sind nach Angaben der Chemikerin viel versprechend:

    "Da muss ich mir eine Lagerungsmöglichkeit suchen. Dann bringe ich das auf den Boden aus, und meine Oliven wachsen hinterher besser als vorher."