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Erfolglose zweite Fußballligen in Europa
Ligen zweiter Klasse

In Deutschland gibt es 36 Vereine in den beiden höchsten Ligen, weitere 18 Klubs spielen noch in der 3. Liga auf professioneller Ebene. Einen vergleichbar stabilen Unterbau gibt es in Europa nur in England. In Spanien und Italien beispielsweise stehen die zweiten Ligen im Schatten der ersten Ligen. In Österreich soll die 2. Bundesliga gleich ganz abgeschafft werden.

Von Heinz Peter Kreuzer | 08.05.2016
    Zwei Bälle mit dem Logo von Kappa liegen auf dem Rasen
    Welche Bedeutung haben zweite Ligen im Fußball in Europa? (picture alliance / dpa)
    "Nie mehr zweite Liga" tönt es immer wieder in den Arenen der Bundesligaaufsteiger. Dabei ist die zweite Bundesliga in Deutschland im europäischen Vergleich ein Erfolgsmodell. Als Reaktion auf den Bundesliga-Bestechungsskandal wurde sie 1973 gegründet und 1974 angepfiffen. Die neue Spielklasse sollte die Kluft zwischen Profi- und Amateurbereich schließen. Mittlerweile hat sich das Unterhaus etabliert. Für die Bundesliga ist sie ein ideales Auffangbecken, in dem sich Absteiger neu aufstellen können und so ein schneller Wiederaufstieg möglich ist.
    Abhängigkeit von der Bundesliga
    Zusätzlich können sich hier Talente für die Bundesliga entwickeln. Wirtschaftlich ist die zweite Liga aber von der Bundesliga abhängig, denn sie erhält 20 Prozent der Erlöse aus den Medienrechten. Der ehemalige Bundesliga-Manager und DFL-Spitzenfunktionär Wolfgang Holzhäuser sagt:
    "Ich bezweifle, dass die zweite Bundesliga, würde sie sich selbst vermarkten, aus der Fernsehvermarktung die gleichen Beträge erzielen würde, wie sie derzeit im Verbund mit der Bundesliga erzielt werden. Und wenn man weiß, dass ein Viertel der Erträge der zweiten Bundesliga aus der medialen Vermarktung kommen, dann kann man sich schon vorstellen, wie groß da die Abhängigkeit von der Bundesliga ist."
    Aber für Holzhäuser ein notwendiges Agreement:
    "Die zweite Bundesliga ist eben auch ein wichtiger Teil des Profifußballs und insoweit halte ich es für gerechtfertigt dass die Bundesliga mit ihrem Marktwert die zweite Bundesliga alimentiert."
    Geringes Zuschauerinteresse bei der Segunda Division
    Vergleichbar die Situation in England. Sehr stabil steht die Football Championship mit ihren 24 Vereinen da, auch finanziell. Und das obwohl sie sich nicht gemeinsam mit der Premier League vermarktet. Der Journalist Ronald Reng, als Kenner des internationalen Fußballs, sagt:
    "Die zweite englische Liga ist aus dem Kopf, ich würde sagen, die sechst stärkste Liga der Welt, finanziell. Die hat auch die erste österreichische, erste dänische, erste Schweizer Liga längst überholt."
    Ganz anders als in England oder Deutschland ist es um den Unterbau der derzeit wohl besten Liga der Welt, der spanischen Primera Division, bestellt. Die Segunda Division mit ihren 22 Teams hat nicht die große Bedeutung wie die zweite Bundesliga in Deutschland. Die Spieler müssen schon einmal Busfahrten bis zu 20 Stunden in Kauf nehmen, das Zuschauerinteresse ist gering und die Gehälter niedrig. Ronald Reng:
    "Es gab zwei Spieler, die letztes Jahr von Barca B zu 1860 München gewechselt sind, und die haben ihr Gehalt dann ordentlich aufgestockt, also deutlich höher als bei Barca B."
    Serie B: "Anfällig für Bestechung"
    Und noch viel schlimmer sieht es in Italien. Dort, in der Serie B herrscht das Chaos. Die Liga leidet noch mehr unter den maroden Stadien als das Oberhaus und von seriösem Management kann auch nicht die Rede sein.
    "Die ist wohl sehr anfällig für Bestechung. Es gibt dann wieder finanzielle Ungereimtheiten. Also wenn sie in Italien die Serie B und C angucken, jedes Jahr starten ein Viertel der Vereine mit Minuspunkten, die sie wegen des Finanzgeschäfts oder wegen irgendwelcher Wettskandale aufgebrummt kriegen. Also so richtig toll funktioniert die Liga nicht."
    Schlagezeilen schreiben derzeit auch die zweiten Ligen aus Österreich und der Schweiz. In Österreich plant man die Abschaffung der zweiten Liga und dafür eine größere Bundesliga mit Amateurunterbau. Liga-Vorstand Christian Ebenbauer fordert eine Reduzierung auf 12 oder 14 Vereine. Zwar sei die sportliche Entwicklung sehr gut:
    "Allerdings mit der Einschränkung, dass wir in der Infrastruktur und in den wirtschaftlichen Daten merken, dass die gute sportliche Entwicklung gegeben ist, aber die wirtschaftliche nicht Schritt halten kann. Sprich, dass die Budgets immer weiter nach unten gefahren werden müssen, es schwierig wird, eben die veranschlagten oder aus der Lizenzierung veranlagten Profis zu beschäftigen und die auch zu bezahlen."
    Aus diesem Grund strapazieren die Zweitligisten die bisher gelebte Solidarität und fordern mehr als die bisherigen 22 Prozent der Einnahmen aus Medienrechten und zentralem Sponsoring. Aber stattdessen wird es eher eine Verkleinerung des Profibereichs geben.
    TV-Gelder sind nur Tropfen auf den heißen Stein
    Immer weniger Vereine werden es auch in der Schweiz. Nach der ersten Runde des Lizensierungsverfahren haben nur 19 Vereine eine Lizenz erhalten. Das bedeutet: Die zweitklassige Challenge League wird nur mit neun Teams gespielt. Hintergrund: Drei derzeitigen Zweitligisten - dem FC Biel, dem FC Le Mont und dem FC Chiasso – wurde die Lizenz in der ersten Instanz verweigert, gleichzeitig erhalten mit Rapperswil-Jona und Servette Genf nur zwei Klubs aus der drittklassigen Promotion League die Lizenz.
    Grund für die wirtschaftliche Schieflage vieler Vereine ist das geringe Zuschauer- und Medieninteresse an der Spielklasse. Und TV-Gelder sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. 10.000 Schweizer Franken gibt es pro Live-Spiel, aber nicht alle Partien werden live gezeigt. Schon in den vergangenen Jahren mussten immer wieder Vereine aus der Challenge League zwangsabsteigen, weil die wirtschaftlichen Voraussetzungen fehlten.