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Erfolgreich mit englischen Texten

Das Pariser Popduo Lilly Wood & The Prick schert sich nicht um aktuelle Hipster-Trends. In Frankreich sind Nili Hadida und Benjamin Cotto damit trotz englischer Texte sehr erfolgreich. Mit dem zweiten Album "Fight" wollen sie auch in Deutschland Fuß fassen.

Von Marcel Anders | 10.08.2013
    "Eigentlich ist Lilly Wood And The Prick nur ein Witz. Denn wir hätten nie erwartet, dass sich jemand für unsere Musik interessiert. Zunächst war sie nur für unseren Freundeskreis bestimmt. 'Prick' steht übrigens weniger für 'Penis' – was das Wort ja auch bedeutet, sondern für 'kleiner Idiot'. Sprich: für etwas Süßes. Und wir denken, dass der Name die Leute amüsiert. Nach dem Motto: 'Wer ist die Band mit dem verrückten Namen?'"

    Nili Hadida sprüht vor Selbstbewusstsein, Lebenslust und Kreativität. Eine quirlige Diplomaten-Tochter, die vor 27 Jahren in Tel Aviv geboren wurde, über London und Los Angeles nach Paris kam, und sich dort in die Modewelt, das französische Kino und das Lebensgefühl des "laissez faire" verliebt hat. Denn an der Seine kann sie ihren Hang zu extrovertierten Outfits, unkonventioneller Musik und denkwürdigen Performances ausleben – die sie und Partner Benjamin auch schon mal im Guerillastil organisieren.

    "Es gibt da dieses Restaurant 'Espace B'. Ein ziemlich übler Couscous-Laden im 19. Arrondissement, in dessen Hinterzimmer aber ständig coole Konzerte stattfinden. Also haben Ben und ich seinen Motorroller mit einem Verstärker, einer Gitarre und einem Keyboard beladen, und sind durch die Hinterhöfe von Paris gefahren, um den Eingang zu diesem seltsamen Restaurant zu finden. Was wirklich aufregend war. Und das ist unser Hauptansatz: Wir wollen Musik machen und Spaß haben."

    Wobei die Musik der beiden nichts mit aktuellen Strömungen und Trends zu tun hat. "The Fight" bemüht sich eher um klassischen 70s Pop. Mit stilvoller, breiter Instrumentierung, starken Melodien und Anleihen bei Disco, Funk und Soul. Und wagt – für französische Verhältnisse – einen echten Tabubruch: Das Duo setzt auf englischsprachige Texte, die seinem Erfolg aber keinen Abbruch tun.

    "Wir haben da eine ziemlich gute Ausrede. Denn mein Vater lebt ebenfalls in Frankreich, ohne Französisch zu sprechen. Und ich selbst bin in Kalifornien zur Highschool gegangen. Deshalb habe ich auch nicht das Gefühl, mich dafür rechtfertigen zu müssen, dass ich auf Englisch singe. Gleichzeitig lieben wir den französischen Pop der 80er, der extrem verrückt war. Etwa von Les Rita Mitsouko, die uns wahnsinnig inspirieren."

    Mit Les Rito Mitsouko, den New Wave-Helden der späten 80er, haben Nili und Benjamin einiges gemeinsam. Beide Bands weisen eine extrovertierte Sängerin und einen schüchternen Sidekick auf. Und beide reflektieren das bewegte Leben in Paris. Mit einem regelrechten kulturellen Overkill, ethnischer Vielfalt, aber auch knisternder Erotik und zügellosem Hedonismus. Ein Ort voller Geschichte, der sich jung, chic und dynamisch gibt, und in dem sich Lilly Wood And The Prick als Endzwanziger fast ein bisschen verloren fühlen. Das zentrale Thema ihres zweiten Albums "The Fight".

    "Es geht um den Übergang zwischen diesen beiden Lebensabschnitten, den 20ern und 30ern, den ja jeder durchläuft. Und wobei man als sensibler Mensch eine Menge Selbstzweifel und Probleme hat, die immer schlimmer werden, je näher man den magischen 30 kommt. Denn man versucht herauszufinden, wer man ist. Und man wird zu genau dieser Person – ob man will oder nicht. Das ist der Kampf, den wir beschreiben."

    Ein Ansatz, der mit frivolem Augenzwinkern und cineastischem Melodrama einhergeht. Alles handwerklich perfekt inszeniert und ausgestattet von Maxime Simoens oder Castelbajac, den jungen Wilden der Modewelt. Für sie wandeln Lilly Wood And The Prick auch über den Catwalk der Pariser Fashionweek oder liefern schrille Design-Ideen. Was sich zudem in ihren Liveauftritten niederschlägt – mit Fantasiekostümen und sphärischen Projektionen. Damit kommen sie Ende September erstmals nach Deutschland. Ein weiterer Kampf, den Nili nur zu gerne annimmt.

    "Vor nicht allzu langer Zeit haben wir im deutschen Teil der Schweiz gespielt. Ein ganz kleines Konzert, das nur halb voll war. Aber es war eines der besten der gesamten Tour. Einfach, weil es sich wie eine Herausforderung angefühlt hat und weil es wirklich aufregend ist, wenn dich die Hälfte der Leute nicht kennt. Das ist so, als wolle man ein hübsches Mädchen erobern, das nicht leicht zu kriegen ist. Genau das ist Deutschland für uns."