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Ergebnis der Cassini-Mission
Saturns Ringe sind uralt

Über 120.000 Kilometer erstrecken sich die Ringe des Saturn ins All, obwohl die Ringebene selbst im Durchschnitt nur 20 Meter dick ist. Wie lange sich ein so fragiles System aus winzigen Staub- und Eispartikeln halten kann, war daher unter Planetologen umstritten. Nun scheint die Frage geklärt zu sein.

Von Karl Urban | 19.09.2019
Der Planet Saturn am 6.12.2007, aufgenommen von der Raumsonde Cassini. Der Blick geht auf die unbeleuchtete Seite der Ringe (das Sonnenlicht kommt von "unten").
Der Planet Saturn am 6.12.2007, aufgenommen von der Raumsonde Cassini. Der Blick geht auf die unbeleuchtete Seite der Ringe (das Sonnenlicht kommt von "unten") (NASA)
Aurélien Crida vom Observatorium der Côte d‘Azur in Nizza ist vom Saturn fasziniert, seit er als Zehnjähriger ein kleines Teleskop zu Weihnachten bekam und darin den Gasriesen erblickte. Der ist von mehr als hunderttausend einzelnen Ringen umgeben. Zwischen 2004 und 2017 erforschte die Raumsonde Cassini das Saturnsystem und konnte etliche Antworten über die Natur der Ringe geben: Sogenannte Schäfermonde kreisen zwischen ihnen und halten so die Struktur aufrecht. Immense Geysire auf dem Mond Enceladus bringen neue Eispartikel in einen der vielen Ringe. Allein die Frage nach dem Ringalter ließ sich erst ganz am Ende der Mission beantworten.
"Wir wusste bisher, dass sie zu 95 Prozent aus reinem Wassereis bestehen. Das heißt, nur ein sehr kleiner Teil besteht aus dem, was wir Dreck nennen, also Gestein, Metalle oder organisches Material. Aber wir wussten auch, dass die Ringe ständig von Mikrometeoriten und interplanetarem Staub verunreinigt werden. Daraus folgerte man, dass es höchstens 100 Millionen Jahre her sein kann, seit die Ringe mit all ihren Verunreinigungen entstanden sind."
Zu sauber, um richtig alt zu sein?
Die Ringe sollten also entstanden sein, als die letzten Dinosaurier die Erde bevölkerten, also geologisch betrachtet in junger Vergangenheit. Doch Aurélien Crida war skeptisch. Denn die Raumsonde Cassini lieferte während der letzten Monate ihrer Mission mehrere Ergebnisse, die zu diesem Befund nicht zu passen schienen.
"Cassini ist ihre letzten 22 Orbits zwischen Saturn und den Ringen hindurchgeflogen. Das erlaubte es, die allein durch die Ringmasse ausgeübte Beschleunigung zu messen und diese von der Wirkung der Saturnmasse selbst zu trennen."
Die Ringe sind demnach beinahe halb so schwer wie der sechstgrößte Saturnmond Mimas und damit eher ein Schwergewicht. Der auf Modellrechnungen spezialisierte Astrophysiker Crida berechnet auf dieser Basis ein deutlich höheres Alter für die Ringe.
Zu schwer, um richtig jung zu sein
"Es gibt theoretische Modelle über die Entwicklung der Ringe, die uns zeigen: Auf der einen Seite verlieren sie Masse an den Saturn und auf der anderen Seite bilden sie aus Partikeln neue Minimonde. Und wenn man das über vier Milliarden Jahre durchrechnet, landen wir immer bei der heutigen Masse der Ringe."
Bleibt nur das beinahe zu hundert Prozent reine Wassereis der Ringpartikel: Anders als ebenso alte Oberflächen von Asteroiden oder Kometen scheinen sich die Ringe über Jahrmilliarden verblüffend sauber gehalten zu haben: Auch dafür lieferte Cassini aber kürzlich eine Erklärung. Denn während ihrer letzten Orbits entdeckte die Raumsonde einen regelrechten Schauer aus dreckigem Staub zwischen den Ringen und dem Planeten, aber kein Eis.
Ein rätselhafter Reinigungsprozess
Irgendein unbekannter Prozess reinigt also die Ringe von organischem Material und Staub. Wie genau die Selbstreinigung der uralten Saturnringe funktioniert, ist ein neues ungelöstes Rätsel.