Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Erhellende Quasare

Astronomie.- Schon lange sind Astronomen auf der Suche nach neuen Fenstern ins Weltall. Auf der Frühjahrstagung der amerikanischen Physiker haben sie jetzt eine neue Methode vorgestellt, mit der sich das frühe Weltall kartieren lässt: Sie nutzen das Licht von sogenannten Quasaren.

Von Jan Lublinski | 02.05.2011
    Quasare gelten als die hellsten Objekte im All: Es sind die Zentren von weit entfernten aktiven Galaxien, die seit vielen Milliarden Jahren ungeheuere Energiemengen herausschleudern. Ein internationales Wissenschaftlerteam hat nun mit einem Spezialteleskop in New Mexiko das Licht von 14.000 dieser alten Leuchtfeuer im All aufgenommen.

    Mit der Vermessung dieses Lichtes können die Astronomen eine Ahnung davon bekommen, wie es im Universum vor elf Milliarden Jahren aussah. Eine Zeit, über die sie bislang relativ wenig wissen, außer dass sich damals die ersten Galaxien gebildet hatten.

    Jetzt haben die Astronomen, mithilfe der Quasar-Messungen, eine neuartige dreidimensionale Karte des Weltalls erstellt. Sie zeigt, wie damals das einfachste chemische Element, der Wasserstoff, sich in Gaswolken zwischen den Galaxien verteilte. Der Astronom Anže Slosar vom Brookhaven National Laboratory bei New York ist begeistert.

    "Es gibt seit etwa zehn Jahren Diskussionen darüber, wie diese Daten und diese Karte wohl aussehen könnten. Verschiedene komplizierte mathematische Theorien wurden dafür entwickelt wie sich das Wasserstoffgas verteilt haben mag. Und jetzt stellt sich heraus, dass sich unsere Messungen durch die denkbar einfachste Theorie beschreiben lassen – ohne irgendwelche Schwierigkeiten."

    Die Kartierung der Wasserstoffwolken im Quasar-Licht funktioniert etwa so wie wenn man Wolken am Nachthimmel betrachtet, die von hinten durch den Mond angeleuchtet werden: Bestimmte Anteile des Mondlichts werden von den Wolken zurückgehalten – und so wird es möglich, die Konturen der Wolken zu erkennen. Ganz ähnlich werden bestimmte Anteile des Quasarlichtes von den Wasserstoffatomen im Weltall absorbiert, also geschluckt. Nur dass Slosar viele Tausend Lichtquellen gleichzeitig zur Verfügung stehen – die Quasare. Sie beleuchten die Wasserstoffwolken im All von allen Seiten.

    "Der Hauptunterschied zum Mond hinter den Wolken besteht darin, dass das Licht der Quasare durch die Ausdehnung des Weltalls rotverschoben wird. Das heißt: Die Frequenz des Lichtes ändert sich, je länger es durchs Weltall unterwegs ist. Damit können wir nicht nur messen, ob irgendwo zwischen uns und einem Quasar eine Wasserstoffwolke ist. Sondern wir können auch herausfinden, wo sie sich befindet."

    Mit dieser aufwendigen Kartierung des frühen Universums ist Slosar auf der Suche nach der "Dunklen Energie", einer mysteriösen Kraft, die das Universum seit dem Urknall auseinander treibt. Um diesem wohl größten Geheimnis der Astronomie auf den Grund zu gehen, verwenden Wissenschaftler eine Vielzahl von Methoden, darunter auch einen komplizierten aber vielversprechenden Effekt, der sich "Baryonische Akustische Oszillationen" nennt. Im Wesentlichen geht es hier darum zu schauen, wie Keime von Galaxien sich im frühen Universum verteilten und wie die Sternansammlungen sich seither entwickelt haben.

    Nun sieht es so aus, als könnten Slosar und Kollegen derartige Beobachtungen bald auch mithilfe des Quasarlichtes und der neuen dreidimensionalen Wasserstoffkarte machen. Mit ihrem sogenannten Baryonen-Oszillations-Spektroskopie-Suchprojekt, kurz BOSS, stoßen sie ein neues Fenster ins Weltall auf.

    "In den Jahren 2000 und 2003 gab es zwar Fachpublikationen, in denen stand, dass man möglicherweise die Baryonischen Oszillationen im Quasarlicht sehen könnte. Aber die Leute haben darüber gelacht wie über einen Witz. Niemand hat daran geglaubt. Aber wir haben mit einem internationalen Wissenschaftlerteam große Summen, mehrere Zehnmillionen Dollar investiert - in dieses sehr riskante Vorhaben. Und jetzt sehen unsere Daten gut aus. Es eigentlich keinen Grund mehr, warum die Methode nicht funktionieren sollte."

    In den kommenden Monaten und Jahren wird Anže Slosar seine Karte des jungen Universums immer weiter verbessern. Er geht davon aus, das er die Baryonischen Ozillationen bald darin sehen wird: Daten also, die Hinweise darauf geben, wie sich die Galaxien in der Geschichte des Universum verteilt haben. Und damit will er dann einen Beitrag zum Verständnis der rätselhaften Dunkle Energie leisten. Jener Kraft, die das Weltall immer weiter auseinander treibt.