"Elegie für Junge Liebende" am Theater an der Wien

Eine Oper gegen die Kunst, die um sich selber kreist

Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Szene aus "Elegie für junge Liebende" in der Inszenierung von Keith Warner am Theater an der Wien © Werner Kmetitsch/PhotoWerk
Von Franziska Stürz · 02.05.2017
Eine Oper über die Kälte eines Kunstbegriffs, der sich nur für die Kunst an sich interessiert: Keith Warners Inszenierung von Hans Werner Henzes Vorlage "Elegie für Junge Liebende" am Theater an der Wien überzeugt musikalisch und darstellerisch. Den Stoff für heutige Fragestellungen aufzuschließen, verfehlt sie aber.
Eine Oper über die Moral von Kunst, über die menschenverachtende Kälte des ästhetizistischen Kunstbegriffs haben der Komponist Hans Werner Henze und die eng mit ihm befreundeten Librettisten W.H. Auden und Chester Kallmann mit der "Elegie für Junge Liebende" geschaffen. Eine Oper zwischen bitterböser Satire und Psychodrama. 1961 wurde das Werk in Schwetzingen uraufgeführt und ist seit gestern wieder am Theater an der Wien in Keith Warners Regie zu erleben.
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Szene aus "Elegie für junge Liebende" in der Inszenierung von Keith Warner am Theater an der Wien© Werner Kmetitsch/PhotoWerk
Fünf Solisten kreisen um die Hauptperson, den egozentrischen, nach Inspiration suchenden Dichter Gregor Mittendorfer, gesungen von Johan Reuter. Angelika Kirchschlager ist seine ihm hörige Sekretärin Lina, die zusammen mit dem Doktor als komische Alte unter anderem die negativen Kritiken und andere lästige Realitäten vom Meister fernhalten möchte. Keith Warner verortet die Handlung im Kopf des Dichters und lässt das Publikum durch eine Kamerablende auf die mit überdimensionalen weißen Schreibtischutensilien bestückte Bühne von Es Devlin blicken.
Eindrucksvoll steht Laura Aikin als grandios hyterisch-verrückte Witwe Hilda im Fin de Siecle Kostüm mit ausladendem Hut zu Beginn unter der riesigen Schreibtischlampe, räkelt sich über einen Muskel-bergigen Männertorso, und die junge Geliebte Elisabeth, lupenrein gesungen von Anna Lucia Richter, hat schnellen Sex mit dem Meister auf dem Bücherstapel. Der Gipfel des Hammerhorns als Todesort ist im Kopf des Dichters zu sehen, aus dessen Augen auch die jungen Liebenden heraus singen.

Pittoreske Belanglosigkeit

Verkopft ist diese Geschichte in höchstem Maße. Ein Kunstwerk über Pseudo-Dichtkunst. Ist das ernst gemeint? Warner nimmt es ernst, obwohl eine der wenigen vernünftigen Aussagen im Text von Hilda Mack lautet: "Bergluft mit Lyrik garniert bekommt mir nicht gut." Was da gesungen wird ist mehr als verschwurbelte Lyrik mit hohem Kitsch-Faktor, die sich mit Henzes eindrucksvoller, atmosphärisch-kommentierender Tonsprache in den großen Ensembles zu einem undurchdringlichen lautmalerischen, aber auch zähen Klangteppich verwebt.
In ihrer Durchsichtigkeit fasziniert die Musik, auch dank Marc Albrechts pulsierendem Dirigat. Das Bühnengeschehen fesselt durch die kunstvollen optischen Effekte, es wird wunderbar gespielt und ziemlich gut gesungen – und doch kann diese "Elegie für Junge Liebende" weder packen, noch irgendeine Frage nach unserem heutigen Umgang mit dem Kunstbegriff aufwerfen. So lassen die Jungen Liebenden in pittoresker Belanglosigkeit ihr Leben auf dem kalten Grat der künstlerischen Freiheit.

"Elegie für junge Liebende"
Oper von Hans Werner Henze
Libretto von Wystan Hugh Auden und Chester Simon Kallman
Regie: Keith Warner
Mit: Laura Aikin, Angelika Kirchschlager, Martin Winkler, Paul Schweinester, u.a.
Weitere Informationen auf der Website des Theaters

Mehr zum Thema